Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich den Lerngegenstand mit einem offenen Schülerexperiment weitgehend eigenständig. Abläufe in einer Tropfsteinhöhle werden in der Folgestunde mithilfe eines Videos veranschaulicht. Die Unterrichtsstunde kann in eine Reihe zum Thema "Bringen wir das Klima aus dem Takt? Der menschliche Eingriff in den natürlichen Kohlenstoffdioxidkreislauf und die Veränderung des Weltklimas" eingebettet werden.
Kalklösung in Gesteinen und Kalkbildung im Trinkwasser
In dieser Unterrichtseinheit zum Thema "Kalk" untersuchen die Lernenden den Einfluss der Kohlenstoffdioxid-Konzentration auf das Calciumcarbonat/Calciumhydrogencarbonat-Gleichgewicht, entwickeln eigenständig ein Experiment und führen es durch.
- Chemie / Natur & Umwelt
- Sekundarstufe II
- 2 Unterrichtsstunden
- Video, Arbeitsblatt, Lehrerhandreichung
- 1 Arbeitsmaterial
Beschreibung der Unterrichtseinheit
Unterrichtsablauf
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Einstieg
Der Einstieg der Stunde basiert auf einer tatsächlichen Begebenheit, einer sogenannten Dolinenbildung als Folge der Auswaschung von Kalk aus dem Untergrund. Den Schülerinnen und Schülern wird zunächst ein Bild eines Zeitungsartikels projiziert, zu dem sie assoziieren. Dann sehen sie einen Ausschnitt eines Films (2:57–4:11) ohne Ton und beschreiben, was sie sehen. Da das passende Bodenprofil dort präsentiert wird, können die Lernenden daraus schließen, dass der Untergrund kalkhaltig war.
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Hypothesenphase
Damit die Schülerinnen und Schüler ihr Vorwissen anwenden können, muss es zunächst reorganisiert werden. Dabei wird bei der Bildung der Hypothesen entsprechend kleinschrittig vorgegangen. Die Lernenden sollen erkennen, dass das Loch erst nach der Bebauung und überraschend entstand und mit dem Auflösen des Kalks in Zusammenhang steht.
Die Lernenden müssen erkennen, dass für die Kalklösung nicht allein Wasser verantwortlich sein kann. Da sich dies für sie möglicherweise nicht von alleine erschließt, kann als unterstützender Impuls auf das Löslichkeitsprodukt von Kalk hingewiesen werden sowie vertiefend auf die Tatsache, dass Regenwasser nicht neutral ist. Basierend auf ihren Vorkenntnissen zur Umwandlung von Natriumcarbonat in Natriumhydrogencarbonat könnten die Schülerinnen und Schüler ähnliches für die Bildung von Calciumhydrogencarbonat vorschlagen. Diese Hypothese könnte von der Lehrperson durch den Vergleich der Löslichkeit beider Stoffe verifiziert werden. Im Sinne eines entdeckenden Lernens wird es als sinnvoll erachtet, dass die Lernenden in der folgenden Erarbeitungsphase ein Experiment planen und durchführen, das zeigt, dass sich Kalk unter Einfluss von Wasser und Kohlenstoffdioxid auflöst.
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Erarbeitung/Experiment
In der eigenständigen Planung und Durchführung des Experiments, was im Kerncurriculum Chemie verbindlich gefordert ist, liegt der methodische Schwerpunkt der Stunde. Um dies gefahrenarm umzusetzen, benutzen wir Geräte aus der Medizintechnik, die neben der Stoffminimierung auch eine hohe Anschaulichkeit garantieren und durch ihre Flexibilität Raum für mehrere Lösungswege und damit für eigenes Planen und Handeln lassen. Diese Technik basiert auf verschiedenen Ansätzen aus der Halbmikrotechnik und wurde vom Autor zusammen mit Andreas Böhm für derartige Anwendungen entwickelt, erprobt und erweitert. Wenn den Schülerinnen und Schülern die Experimentiertechnik aus dem bisherigen Unterricht vertraut ist, zum Beispiel aus der Einführung des Prinzips von Le Chatelier (siehe Unterrichtseinheit <link unterricht sekundarstufen naturwissenschaften chemie unterrichtseinheit ue das-prinzip-von-le-chatelier-einmal-anders internal-link>Das Prinzip von Le Chatelier – einmal anders) oder der Kalkwasserprobe, sollten auch die leistungsschwächeren Lernenden in der Lage sein, selbstständig zu arbeiten.
Damit das Experiment (Paararbeit) im zeitlichen Rahmen einer Unterrichtsstunde erfolgreich verläuft, muss die Lehrperson den Hinweis geben, dass der Kalk feinst verteilt vorliegen soll. Ansonsten kann die Planung und Durchführung in die Hand der Gruppen gegeben werden. Daher erhalten die Lernenden keine schriftliche Versuchsanleitung, sondern nur Anweisungen zur Sicherheit und Entsorgung. Für den Versuch müssen die Lernenden den Kalk eigens herstellen. Den frisch gefällten Kalk lösen sie durch Zugabe von weiterem Kohlenstoffdioxid wieder auf - die entstandene Trübung verschwindet also wieder. Die Lösung wird für den weiteren Versuch aufbewahrt.
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Sicherung und Auswertung
Die Vorgehensweise und die Beobachtungen werden in der anschließenden Sicherungsphase von allen Gruppen kurz vorgestellt.
Die Ergebnisse können die Lernenden in Anlehnung an bekannte Tatsachen dahingehend interpretieren, dass Kalk sich unter Bildung von Calciumhydrogencarbonat löst. Streng genommen zeigt der Versuch dies nicht, da keine Ionen nachgewiesen werden. Im Sinne einer didaktischen Vereinfachung wird dies aber vernachlässigt und nur erläutert (zum Beispiel über Leitfähigkeitsmessung), wenn die Schülerinnen und Schüler dieses Problem erkennen.
Der Wechsel ins Diskontinuum soll in Paar- oder Einzelarbeit erfolgen, in diesem Teil der Stunde sind vor allem die stärkeren Schülerinnen und Schüler gefordert. Möglicherweise brauchen jedoch alle Lernenden Hilfestellungen (Hinweis auf die Ausgangslage und das bisher bekannte Kohlenstoffdioxid/Carbonat-Gleichgewicht), da für sie die Bildung von Hydrogencarbonat durch Protonierung von Carbonationen nicht zwangsläufig folgt. Weil der pKs-Wert erst Stoff der Jahrgangsstufe 12 ist, könnten sie ebenso gut argumentieren, dass die Erhöhung der Hydrogeniumionenkonzentration gleichermaßen den Zerfall von Carbonat wie von Hydrogencarbonat bewirkt. Die Gesamtgleichung wird bei Bedarf gemeinsam aufgestellt, da dieses Vorgehen relativ komplex ist.
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Ringschluss
Eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse unter Rückgriff auf die Einstiegsphase stellt einen Ringschluss zur Eingangsproblematik und Hypothese dar, in dem nun einzelne Schülerinnen und Schüler die im Versuch gewonnenen Erkenntnisse fachsprachlich richtig auf das natürliche Phänomen der Dolinenbildung übertragen sollen. Hier kann man Informationen zur Menge des gelösten Kalks (zum Beispiel 150.000 Tonnen in der schwäbischen Alb pro Jahr) einfließen lassen. Damit könnte die Stunde abgeschlossen werden.
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Vertiefung
Je nach verbliebener Zeit kann ab hier eine flexible Vertiefungsphase folgen. Es wurde ersichtlich, dass bei der Lösung calciumcarbonathaltiges Grundwasser entsteht, das in manchen Gegenden Deutschland als "hartes" Trinkwasser genutzt wird. Zu diesem Problem lässt sich anschaulich mit einem verkalkten Wasserkocher überleiten. Der Hinweis, dass derartige Geräte in Gegenden mit kalkhaltigen Böden beim Gebrauch verkalken, sollte die Schülerinnen und Schüler zu der zweiten Hypothese der Stunde bringen: Durch Austreiben von Kohlenstoffdioxid wird Calciumhydrogencarbonat wieder zu festem Kalk. Hier wird immanent der Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht wiederholt.
Die Hypothese kann je nach Restzeit flexibel entweder in einem zweiten Schülerversuch oder aber in einem Demoversuch verifiziert werden.
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Abschluss und mögliche Klausur
Damit allen Schülerinnen und Schülern der Zusammenhang des Lösens und Ausfällens von Kalk bewusst wird, wird bei der Auswertung die passende Reaktionsgleichung noch einmal, nun aber umgekehrt, an der Tafel festgehalten. Sollte hinterfragt werden, warum der Kalk sich beim Entweichen des Kohlenstoffdioxids nicht vollständig zersetzt, wird darauf verwiesen, dass dies erst bei höheren Temperaturen geschieht (Kalkbrennen).
In der abschließenden Zusammenfassung können einzelne Lernende unter Verwendung der Fachsprache die Ergebnisse der Stunde verbalisieren und beide bearbeiteten Sachverhalte als Teil eines Kreislaufs erkennen. Dies werden alle Schülerinnen und Schüler am Beispiel der Abläufe in einer Tropfsteinhöhle in der anschließenden Stunde üben, um es bei der Bearbeitung der analogen Gleichgewichte im Meerwasser und in der Klausur in weiteren Zusammenhängen einsetzen zu können (zum Beispiel Bildung und Zersetzung von Korallenriffen oder Erklärung der Bildung von Kalk auf der Oberseite von Wasserpestpflanzen in Gartenteichen mit Grundwasserzufluss aus kalkhaltiger Gegend in den Sommermonaten).
Didaktisch-methodischer Kommentar
Die Unterrichtseinheit hat eine Gelenkfunktion zwischen der Behandlung technischer Prozesse (zum Beispiel Haber-Bosch-Verfahren oder Solvay-Verfahren) und der Thematisierung des Eingriffs in ein natürliches Kreislaufgeschehen. Die Lernenden sollen bei der weitergehenden Behandlung des gesamten Kohlenstoffkreislaufs erkennen, dass die Zusammenhänge in Stoffkreisläufen nicht linearer Natur sind und dass der Eingriff des Menschen weitreichende, negative Folgen haben kann, deren Abwendung politisches Handeln erfordert. Die Naturwissenschaften legen für solche Entscheidungen lediglich die Faktenbasis.
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Wenn der Boden plötzlich wegbricht
Faszination Höhle
Unterrichtsmaterial "Kalklösung und Kalkbildung" zum Download
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Hier finden Sie die Arbeitsaufträge zum Kalkkreislauf einer Tropfsteinhöhle, einen möglichen Versuchsaufbau mit Lösungsansätzen und Beobachtungen sowie eine Sachanalyse zur Unterrichtseinheit.
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Vermittelte Kompetenzen
Fachkompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
- erklären den Einfluss der Kohlenstoffdioxid-Konzentration auf den Calciumcarbonat/Calciumhydrogencarbonat-Kreislauf.
- zeigen ausgehend von einem Problem experimentell, dass Kalk sich unter Einwirkung von Kohlenstoffdioxid und Wasser löst.
- erklären den Vorgang mithilfe von Reaktionsgleichungen im Diskontinuum.
- sagen die Verlagerung des Gleichgewichts bei Verringerung der Kohlenstoffdioxid-Konzentration voraus, prüfen und erläutern dies mithilfe des Prinzips von Le Chatelier.
- stellen Zusammenhänge zwischen chemischen Sachverhalten und Alltagserscheinungen her (höherer Energieverbrauch bei der Heißwasserbereitung durch Verkalkung von Heizstäben, Totalverkrustung von Rohrleitungen bei hoher Wasserhärte, Korrosionserscheinungen in Rohren durch zu weiches Wasser).
- verstehen die Abläufe in einer Tropfsteinhöhle.
Medienkompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
- nutzen Online-Ressourcen als Verständnishilfen.
Sozialkompetenz
Die Schülerinnen und Schüler
- arbeiten kooperativ.
- arbeiten zielorientiert und selbstständig.
Externe Links
- seilnacht.com
Hier finden Sie Informationen zum Kalk- und Kohlenstoffkreislauf auf der Webseite von Thomas Seilnacht.
- dvgw.de
Hier finden Sie Informationen zu Härtebereichen für Trinkwasser der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V.