Der Fall Opel: Deal mit Magna geplatzt

Auch wenn sich die Konjunkturaussichten für 2010 in Deutschland und Europa aufhellen, bei den Opel-Angestellten herrscht gedrückte Stimmung.

General Motors behält die europäische Tochter

GM will Europageschäft restrukturieren

Am 4. November 2009 platzte die Bombe: Das Management von General Motors (GM) gab bekannt, dass man sich nicht von der europäischen Tochter trennen werde. Vielmehr werde man eine "ernsthafte Restrukturierung" des europäischen Geschäfts einleiten, heißt es in einer Pressemitteilung. Angesichts der Verbesserung des Geschäftsumfeldes für GM in den vergangenen Monaten und der Bedeutung von Opel/Vauxhall für die globale Strategie von GM habe der GM-Verwaltungsrat beschlossen, Opel zu behalten.

Plan soll "bald" vorgelegt werden

"GM wird seinen Restrukturierungsplan bald Deutschland und anderen Regierungen vorlegen und hofft dabei auf eine wohlwollende Prüfung", sagte Präsident und Konzernchef Fritz Henderson. Obwohl die Lage angespannt bleibe, habe sich das Geschäftsumfeld in Europa aufgehellt. "Gleichzeitig haben sich die Finanzkraft und Stabilität von GM in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Das macht uns zuversichtlich, das Europageschäft erfolgreich restrukturieren zu können", so Henderson.

Reaktionen auf die Nachricht

Kritik von Regierung und Opposition

Die Entscheidung von GM wurde von allen politischen Parteien, mal mehr, mal weniger deutlich, kritisiert. Jürgen Rüttgers (CDU), der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, sagte, das Verhalten von General Motors zeige "das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus." Der frischgebackene Wirtschaftsminister, Rainer Brüderle (FDP), bezeichnete es als "inakzeptabel", die Entwicklung habe allein General Motors zu verantworten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte: "An dem Tag, an dem Angela Merkel in Washington die deutsch-amerikanische Freundschaft beschwört, stellt der GM-Verwaltungsrat die Zukunft der Standorte und Arbeitsplätze in Deutschland grundlegend infrage."

Zehntausende Opel-Angestellte demonstrieren

Ihren Unmut über die GM-Entscheidung brachten rund 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der deutschen Opel-Werke am 5. November im Rahmen von Demonstrationen in Rüsselsheim, Eisenach, Bochum und Kaiserslautern zum Ausdruck. Allein an der Auftakt-Kundgebung am Opel-Stammwerk in Rüsselsheim nahmen 10.000 Menschen teil. Betriebsratschef Klaus Franz rief die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum gemeinsamen Widerstand gegen Stellenabbau und Werksschließungen auf: "Wir werden gemeinsam für unsere Zukunft streiten. Wir geben uns nicht geschlagen, wir sind selbstbewusst, denn wir sind Opel!"

IG Metall: GM gefährdet die Marke Opel

Armin Schild, IG Metall-Bezirksleiter für Frankfurt und Aufsichtsrat bei Opel, sieht die Marke Opel in Gefahr. GM nutze weder das Ingenieurs-Know-how, noch das technologische Potential von Opel, sagte Schild in einem Interview mit Spiegel Online. Er findet gegenüber GM deutliche Worte: "Die Erfahrung der letzten 20 Jahre hat gezeigt, dass die GM-Manager vorwiegend auf Renditezahlen und weniger auf Stückzahlen achten und sich entsprechend wenig um die Konzeption neuer innovativer wettbewerbsfähiger Produkte kümmern."

Wie geht es weiter?

GM-Europa-Chef räumt Posten

Am 6. November 2009 wurde bekannt, dass der Europa-Chef von General Motors, Carl-Peter Forster, den Konzern verlassen wird. Er konnte den plötzlichen Schwenk des GM-Verwaltungsrats, Opel nun doch nicht zu verkaufen, nicht nachvollziehen. Verschiedene Medien berichteten, Forster solle zum Jahresende neuer Chef des indischen Autoherstellers Tata Motors werden. Nach der Erklärung aus Detroit, dem GM-Stammsitz, hüllte sich Opel zunächst in Schweigen.

GM-Chef besucht Rüsselsheim

Am 9. November traf sich GM-Chef Fritz Henderson mit dem Opel-Management in Rüsselsheim und führte "interne Gespräche", so ein Sprecher. In diesem Rahmen stellte er die erste Vorlage eines Zukunftskonzepts vor, demnach soll Opel künftig mehr Eigenständigkeit erhalten. Zudem solle der vakante Chefposten in Europa möglichst von einem Europäer besetzt werden. Nur einen Tag später gab die GM-Konzernführung bekannt, dass Nick Reilly, bislang der Auslandschef von General Motors, ab sofort die Verantwortung für das Opel-Geschäft in Europa übernimmt. Er wird dieses Aufgabe allerdings nur vorübergehend ausführen, die externe Suche nach einem neuen Opel-Chef hat bereits begonnen.

Henderson entschuldigt sich im Fernsehen

Am 10. November wurde GM-Chef Henderson von ARD und ZDF interviewt. Im ZDF entschuldigte er sich: "Die plötzliche Entscheidung war unbeabsichtigt. Wir wollten damit keineswegs jemanden vor den Kopf stoßen." Außerdem bestätigte er, dass ein Plan für die Opel-Sanierung bereits vorliege. Allerdings müsse er noch mit der Belegschaft und den Betriebsräten der verschiedenen Standorte abgestimmt werden.

Treffen mit der Bundesregierung

Einen Tag später empfing Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) den neuen Opel-Europachef Nick Reilly und GM-Verhandlungsführer John Smith. Bei diesem Treffen machte Brüderle deutlich, dass GM vorerst nicht mit finanziellen Hilfen für die Restrukturierung von Opel rechne könne. "Ich habe meine Erwartung ausgedrückt, dass General Motors grundsätzlich die Finanzierung selbst ausübt", sagte der Wirtschaftsminister nach dem Treffen.

Sanierungsplan bis Ende Dezember

Bislang wird nur spekuliert, wie GM Opel sanieren will. Angeblich sollen 10.000 der insgesamt 50.000 Arbeitsplätze in Europa gestrichen und ein Werk in Antwerpen geschlossen werden. In den nächsten Wochen wird GM weiter an dem Sanierungskonzept arbeiten und dieses dann bis Ende Dezember den betroffenen Ländern in Europa präsentieren.

Anregungen für Arbeitsaufträge

Die folgenden Arbeitsaufträge können als Anregungen für die unterrichtliche Weiterarbeit genutzt werden.

  • Erläutern Sie mit eigenen Worten, warum Opel nun doch nicht an Magna verkauft werden soll. Formulieren Sie einen entsprechenden Eintrag in Ihrem Blog bei lo-net² oder lo-kompakt.
  • Überlegen Sie, warum die GM-Entscheidung sowohl von vielen Politikern als auch von Opel-Angestellten und der Gewerkschaft IG Metall kritisiert wird.
  • Suchen Sie im Internet nach positiven Reaktionen/Stimmen und vergleichen Sie ihre Aussagegen mit denen der Kritiker. Stellen Sie die besten Zitate in einer Präsentation (alternativ: Webseite oder Blog) zusammen.
  • Erstellen Sie eine Online-Presseschau und zeichnen Sie mithilfe ausgewählter Zeitungsberichte den Ablauf der Ereignisse vom 4. November bis zum 12. November 2009 nach.
  • Recherchieren Sie weitergehend über die GM-Entscheidung. Wie stehen Sie dazu? Begründen Sie Ihre eigene Position und diskutieren Sie Pro und Kontra im Forum Ihrer Klasse bei lo-net² oder lo-kompakt.

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