Europawahl: Das Europaparlament

Die Befugnisse des Europaparlaments wurden seit seiner ersten Einberufung 1952 ständig ausgebaut. Doch noch immer ist es weit davon entfernt, ein "richtiges" Vollparlament zu sein.

Historische Entwicklung

Erste Wahl 1979

Erstmals bestimmten 1979 die Bürgerinnen und Bürger der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) ihre Vertreter in Straßburg und Brüssel. Kurz zuvor waren ein paar Staaten der Europäischen Gemeinschaft beigetreten, die heute ganz selbstverständlich zur "alten EU" zählen: Großbritannien, Dänemark und Irland.

Die Anfänge des Europäischen Parlaments

Doch schon vor der ersten Europawahl gab es ein Europäisches Parlament: 1952 traten 78 Abgeordnete aus den sechs Mitgliedstaaten der frisch gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) erstmals zusammen. Die nationalen Parlamente hatten die Mitglieder der "Gemeinsamen Versammlung der EGKS" nach Straßburg entsandt. Sie sollten die EGKS beratend unterstützen, hatten daher keine eigenen gesetzgeberischen Befugnisse. Ihre Aufgabe war es lediglich, den Prozess der wirtschaftlichen Harmonisierung in Europa zu begleiten.

Mehr Bedarf an demokratischer Legitimation

In den folgenden Jahrzehnten musste sich das Parlament die meisten seiner Kompetenzen hart erkämpfen. Die Spitzen im Europäischen Rat - der Versammlung der Staats- und Regierungschefs - und in der Europäischen Kommission wollten sich in ihren ohnehin komplizierten Abstimmungsverfahren das Leben nicht auch noch durch die Volksvertreter schwer machen lassen. Doch während die Befugnisse der Europäischen Gemeinschaft im politischen Leben der Mitgliedstaaten immer umfangreicher wurden, wuchs auch das Bedürfnis nach demokratischer Legitimation.

Die Befugnisse des Europaparlaments

Unterschiede im Vergleich zu nationalen Parlamenten

Es gibt einige entscheidende Unterschiede zwischen den verschiedenen nationalen Parlamenten, etwa dem Bundestag, und dem Europa-Parlament. Die nationalen Parlamente spielen in der Regel eine entscheidende Rolle bei der Einsetzung einer neuen Regierung. Eine solche Regierung im klassischen Sinne gibt es in der EU aber nicht. Die Vertreter der Europäischen Kommission, die ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie die Minister in den einzelnen Ländern, werden von den Staats- und Regierungschefs bestimmt. Im Vertrag von Lissabon ist vorgesehen, dass das Parlament den Präsidenten der Kommission wählen soll. Doch solange dieser nicht in Kraft getreten ist, beschränkt sich das Parlament auf seine bisherigen drei Kernkompetenzen: die Gesetzgebung, das Budgetrecht und das Kontrollrecht.

Gesetzgebung

Die Gesetzgebung läuft in der EU normalerweise so: Die Kommission schlägt ein Gesetz vor, und der Europäische Rat - also die Vertreter der nationalen Regierungen - entscheidet dann darüber, nachdem das Parlament eine Stellungnahme abgegeben hat. In den meisten Fällen muss sich der Rat dem Willen der Volksvertreter unterordnen; in einigen Politikbereichen kann er die Parlamentarier aber auch übergehen. Seit seiner Gründung hat das Parlament seine Rechte in einem stetigen Prozess erweitern können.

Genehmigung des Haushalts

Kommission, Rat und Parlament streiten sich jedes Jahr um den EU-Haushalt - im Jahr 2009 umfasste er immerhin rund 116 Milliarden Euro. Das letzte Wort hat dabei der Präsident des Europäischen Parlaments. Erst wenn er den Budgetplan unterzeichnet hat, kann die EU über die finanziellen Mittel für das darauf folgende Jahr verfügen. Die Parlamentarier nehmen dieses Recht sehr ernst - sie haben ihre Zustimmung auch schon verweigert. Die Kommissare, die einen Großteil des Geldes verwalten dürfen, müssen vor dem Parlament auch Rechenschaft über ihre Haushaltsführung ablegen.

Kontrolle der Exekutive

Die Abgeordneten sind die direkt gewählten Vertreter der Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union. Daher haben sie die Aufgabe, sämtliche Tätigkeiten der EU demokratisch zu kontrollieren. Nicht nur die EU-Kommissare müssen sich vor dem Parlament verantworten, auch der Ministerrat, der Europäische Rat und andere EU-Organe stehen unter besonderer Beobachtung der Parlamentarier.

Die Sitze des Europaparlaments

Luxemburg, Straßburg, Brüssel

Eine viel belächelte und immer wieder kritisierte Besonderheit des Europäischen Parlaments sind seine drei Standorte: Straßburg, Brüssel und Luxemburg. Neben den Sitzungsorten Straßburg und Brüssel ist nämlich auch Luxemburg offiziell Sitz des Europäischen Parlaments - auch wenn dort nur die Verwaltung arbeitet. 1952 hatte man das Sekretariat des künftigen Europaparlaments in Luxemburg angesiedelt. Tagungsort wurde das nahe gelegene Straßburg, ein symbolischer Ort deutsch-französischer Freundschaft. Dabei blieb es. Doch später kristallisierte sich Brüssel als Machtzentrum der Europäischen Union heraus. Die Lösung: Ein weiterer Plenarsaal in Brüssel entstand, und regelmäßig tagt das Parlament auch in der belgischen Hauptstadt. Einem vollständigen Umzug nach Brüssel hat sich Frankreich immer widersetzt, und auch die Luxemburger beharren darauf, dass das Sekretariat in ihrem Land bleibt.

Parlament on tour

Je nachdem, in welcher Stadt die Sitzungswochen stattfinden, müssen jedes mal Abgeordnete, Mitarbeiter und Berge von Akten von einer Stadt in die andere umziehen. Mittlerweile ist der Rhythmus zwischen Brüsseler und Straßburger Sitzungswochen sowie der Zeit in den heimischen Wahlkreisen bei den Abgeordneten jedoch eingespielt.

Anregungen für Arbeitsaufträge

  • Fasst die historische Entwicklung des Europäischen Parlaments mit eigenen Worten zusammen.
  • Skizziert weitere Einzelheiten zu den wichtigsten Befugnissen des Europäischen Parlaments und stellt diese in einer Präsentation zusammen.
  • Was hat es mit dem "Parlament on tour" auf sich? Was haltet ihr davon?

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Michael Bornkessel

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