Geschichte und Struktur der EU: Von der Gemeinschaft zur Union

Der freie europäische Binnenverkehr und die Einführung einer gemeinsamen Währung waren in den 1990er Jahren die wichtigsten Schritte auf dem Weg von der Wirtschaftsgemeinschaft zur Europäischen Union.

Der Weg zum europäischen Binnenmarkt

Die Einheitliche Europäische Akte (EEA)

Die Gemeinschaft wuchs in den 80er Jahren immer weiter: 1981 trat Griechenland bei, 1986 kamen Portugal und Spanien dazu. Kurz darauf wurde mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) ein wichtiger Vertrag auf dem Weg zur heutigen Europäischen Union unterzeichnet, deren Kernpunkt der Binnenmarkt war. Bis 1992 sollten Waren, Kapital, Dienstleistungen und Menschen völlig frei zwischen den europäischen Staaten verkehren können.

Mehr Zuständigkeiten - mehr Abstimmungsprobleme

Brüssel erhielt die Verantwortung für weitere Politikbereiche, doch je mehr Zuständigkeiten die europäischen Behörden bekamen, desto schwieriger wurde die Abstimmung mit den nationalen Regierungen. Insbesondere bei den Treffen der Ministerräte zogen sich die Verhandlungen oft lange hin, da bereits ein Staat mit seinem Veto alles blockieren konnte. Auch das Parlament sollte mehr Rechte erhalten, um die Entscheidungen von Kommission und Europäischem Rat besser kontrollieren und so die demokratische Legitimation der Europäischen Union stärken zu können.

Europa ohne Grenzen

Öffnung nach Osten

Zu Beginn der neunziger Jahre zeichnete sich der Beitritt weiterer Staaten ab: Finnland, Österreich und Schweden wurden 1995 EU-Mitglieder. Anschließend nahm die nächste Herausforderung bereits Formen an, denn nach dem Ende des Kalten Krieges und der deutschen Wiedervereinigung 1990 konnte Westeuropa nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass die osteuropäischen Staaten ihren Weg nach Europa gehen wollten.

Maastricht, Amsterdam und Nizza

Die Mitgliedsstaaten versuchten in mehreren Anläufen die Struktur der Europäischen Gemeinschaft zu verbessern. Auf dem Gipfeltreffen von Maastricht Ende 1991 beschlossen die Regierungschefs, neben der Umsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion, eine Stärkung des Parlaments. Gleichzeitig weiteten sie die Kompetenzen der Union in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Innen- und Justizpolitik aus. Zudem wurde die Unionsbürgerschaft eingeführt und 1992 verschwanden dank des "Schengener Abkommens" an vielen Grenzen innerhalb Europas die Zollkontrollen. Ähnliche Reformpakete wie in Maastricht wurden bei Treffen in Amsterdam (1997) und Nizza (2000) beschlossen. Neben dem Umbau der Institutionen und der Osterweiterung bildete die Einführung der gemeinschaftlichen Währung einen Schwerpunkt dieser Reformen.

Der Euro

Anfang 2002 war es dann soweit: Fast fünfzig Jahre nach der Gründung der Montanunion hielten die Europäer die ersten gemeinsamen Münzen und Scheine in der Hand. Die wirtschaftliche Einigung Europas war nach einem halben Jahrhundert mit dem Euro für alle Bürger sichtbar vollendet. Gleichzeitig war die Europäische Union allerdings zu einem undurchschaubaren bürokratischen Dschungel geworden.

Verfassung und Finanzen

Europa wieder mal in der Krise

2004 stand die Erweiterung um zehn ost- und mitteleuropäische Staaten an, weshalb die EU einen neuen EU-Vertrag, die "EU-Verfassung", verabschieden wollte. Nach einer langwierigen Kompromisssuche konnten sich die damaligen 25 Staats- und Regierungschefs auf einen gemeinsamen Text verständigen, allerdings hatten sie nicht damit gerechnet, dass einige EU-Länder den Text ablehnen werden. Als zunächst die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs und kurze Zeit später der Niederlande in Referenden dagegen stimmten, war die Ratlosigkeit groß und niemand wusste so recht, wie es nun weitergehen sollte. Immerhin waren sich alle einig, dass die erweiterte EU mit 27 oder mehr Mitgliedern neue und einfachere Regeln braucht.

Finanzhaushalt für die Zukunft

Aus diesem Grund beschloss der Brüsseler EU-Gipfel im Juni 2005, den Ratifizierungsprozess zu verlängern. Der bisherige Zeitplan, eigentlich hätten die 25 Mitgliedstaaten bis zum November 2006 zustimmen sollen, war ohnehin geplatzt. Die EU steckte in einer ihrer tiefsten Krisen und ein weiteres wichtiges Thema drängte immer stärker auf die Tagesordnung: die Debatte um die EU-Finanzen für die Jahre 2007 bis 2013. Bereits unter der luxemburgischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2005 stritt man sich heftig. Insbesondere Großbritannien legte sich quer, denn Tony Blair wollte den so genannten Brittenrabatt nicht antasten und setzte sich für eine grundlegende Änderung der Haushaltsstruktur ein. Er wollte die Agrarsubventionen massiv kürzen und das Geld in For-schung und Entwicklung investieren, doch dagegen stellte sich Frankreich, der größte Empfänger im Bereich Landwirtschaft.

Kanzlerin Merkel profitiert vom Finanzstreit

Als Ratspräsident im zweiten Halbjahr 2005 sollte Tony Blair dann federführend einen Kompromiss erarbeiten, allerdings stießen seine Vorschläge weiterhin auf wenig Gegenliebe. So wurde schließlich die frisch gewählte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Gewinnerin des Finanzstreits: Sie schlüpfte bei ihrem ersten EU-Gipfel im Dezember 2005 in die Vermittlerrolle und brachte den Kompromiss zu Stande.

EU-Kommission zückt Plan D

In Sachen Verfassung war die EU damit zwar keinen Schritt weiter, doch eine andere EU-Institution, die Kommission, hatte sich zwischenzeitlich einige Gedanken gemacht. Schon am 20. Juli 2005 verabschiedete sie den "Aktionsplan zur Verbesserung der Kommunikationsarbeit der Kommission zu Europa" - kurz: der Plan D für Demokratie, Dialog und Diskussion. Die Kommission will damit die Öffentlichkeitsanstrengungen der EU moderner machen und Europa den Bürgern wieder "näher bringen". "Bei Plan D geht es um Diskussion, Dialog und aufmerksames Zuhören", erklärte Margot Wallström, Kommissions-Vizepräsidentin und zuständig für institutionelle Fragen und Kommunikation.

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Michael Bornkessel

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