Die rechtliche Gleichstellung der deutschen Jüdinnen und Juden

Unterrichtseinheit

Das Unterrichtsmaterial beschreibt den unvollendeten Prozess der Emanzipation der Jüdinnen und Juden in den deutschen Staaten des 19. Jahrhunderts. Im Fokus stehen exemplarisch die Biografien des Dichters Heinrich Heine (1797–1856) und des Juristen und Politikers Gabriel Riesser (1806–1863).

  • Geschichte / Früher & Heute / Politik / WiSo / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II
  • 2 Unterrichtsstunden
  • Arbeitsblatt, Arbeitsblatt interaktiv, Internetressource
  • 2 Arbeitsmaterialien

Beschreibung der Unterrichtseinheit

Der Prozess der Emanzipation der Jüdinnen und Juden in den deutschen Staaten des 19. Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch diverse Rückschläge und eine Ambivalenz, die durch die rechtliche Gleichstellung der Religionsangehörigen auf der einen Seite und durch die nicht vollzogene Gleichbehandlung auf der anderen Seite deutlich wird.

Der wechselvolle Prozess der jüdischen Emanzipation wird in Raum 1 der virtuellen Ausstellung "Gemeinsame Geschichte(n) – deutsch-jüdische Lebenswege" anhand zentraler Daten in den Materialien veranschaulicht und strukturiert. Ausgehend von der Französischen Revolution, der Ausrufung der allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte und dem 1804 durch Napoleon erlassenen Code civil wird die rechtliche Emanzipation der Jüdinnen und Juden in die deutschen Lande gebracht. Nach dem Sturz Napoleons und mit der Gründung des Deutschen Bundes wird sie jedoch vielfach wieder zurückgenommen. Die Revolution von 1848/49 hatte einerseits die rechtliche Gleichstellung der Jüdinnen und Juden auf der Tagesordnung, andererseits wird eine judenfeindliche, durchaus schon als antisemitisch zu bezeichnende Einstellung im Parlament der Frankfurter Paulskirche offen ausgesprochen. Beispielhaft hierfür ist der parlamentarische Schlagabtausch zwischen Gabriel Riesser und Moritz Mohl, der in Auszügen in der Ausstellung präsentiert wird. Erst mit der Reichsgründung 1871 wird die Gleichstellung der Jüdinnen und Juden in der Verfassung festgeschrieben, ohne dass sie indes im Alltag vollständig umgesetzt wird.

Heine und Riesser als Beispiele jüdischen Lebens in Deutschland

Welchen Hindernissen Jüdinnen und Juden in Deutschland ausgesetzt waren, wird am Beispiel von Heinriche Heine und Gabriel Riesser exemplarisch dargestellt. So gelingt es Heine trotz Taufe nicht, als Jurist Fuß zu fassen. Als politisch liberaler und erfolgreicher Schriftsteller erfährt er sowohl Anerkennung als auch Hass. Seine Schriften werden zensiert. In der Konsequenz emigriert Heine nach Paris, wo er weiter als politischer Korrespondent arbeitet.

Im Gegensatz zu Heine hält der Politiker und Jurist Gabriel Riesser an seinem jüdischen Glauben fest und weigert sich um der Karriere willen, sich taufen zu lassen. Seine Hartnäckigkeit wird belohnt: Nach jahrzehntelangem Kampf für die Emanzipation gelingt es ihm 1860, zum ersten Richter jüdischen Glaubens in einem deutschen Staat ernannt zu werden. Seine Ernennung stellt aber eine absolute Ausnahme dar. 

Die Unterrichtseinheit ist Bestandteil der virtuellen Ausstellung "Gemeinsame Geschichte(n) – deutsch-jüdische Lebenswege".

Unterrichtsablauf

Inhalt
Sozial- / Aktionsform

Didaktisch-methodischer Kommentar

Das Thema "Gleichstellung von deutschen Jüdinnen und Juden" im Unterricht

Die Relevanz des Themas "Die rechtliche Gleichstellung der deutschen Jüdinnen und Juden – ein langer und steiniger Weg" ergibt sich aus verschiedenen Bereichen. Die gegenwärtige politische Bedeutung ist hoch, da man am Umgang mit Minderheiten erkennen kann, wie es um die Umsetzung und Durchsetzung der Menschen- und Freiheitsrechte in einem Land bestellt ist. Da eine freiheitlich-rechtliche Gleichstellung von Minderheiten mit der politischen Emanzipation aller Bürgerinnen und Bürger korreliert, leistet das Thema auf diese Weise in der Urteilsbildung einen Beitrag zur Bildung und Förderung der Demokratie.

Des Weiteren bedeutsam ist die Darstellung des wechselvollen Prozesses der rechtlichen Gleichstellung der Jüdinnen und Juden als gewichtiger Beitrag zum Verständnis der jüdischen Geschichte in Deutschland. Diese Ambivalenz kommt durch die Untersuchung von Positionen der Gegnerinnen und Gegner einer jüdischen Emanzipation einerseits und der Biografien von Heine und Riesser andererseits zum Tragen. Besonders Heine und Riesser repräsentieren mit ihren Lebensläufen, Haltungen und Aussagen exemplarisch die politische und gesellschaftlicher Stellung und auch das Selbstverständnis bürgerlicher Menschen jüdischer Herkunft in Deutschland im "langen" 19. Jahrhundert.

Vorkenntnisse

Als Vorkenntnisse für die Bearbeitung der Materialien in Raum 1 sollten die Schülerinnen und Schüler über wesentliche Kenntnisse zur politischen Geschichte der Französischen Revolution 1789, der Revolution von 1848/49 und der Reichsgründung 1871 verfügen.

Methodische Hinweise

Für die Durchführung des Unterrichts wird vorgeschlagen, dass die Schülerinnen und Schüler die Informationen in Raum 1 größtenteils selbstständig im "Flipped Classroom" erarbeiten. Bei dieser Unterrichtsmethode eignen sich die Lernenden die Inhalte zunächst in Einzelarbeit an und diskutieren anschließend ihre Ergebnisse im Plenum. Sowohl der geringe Schwierigkeitsgrad der Darstellungstexte als auch die Konzeption des Arbeitsblattes 1 und der beiden digitalen Lernbausteine ermöglichen dieses Verfahren, sodass ein digitaler Unterricht oder Distanzunterricht zu diesen Materialien durchgeführt werden kann. Die Komplexität der Sprache und der Inhalte der Reden von Mohl und Riesser erfordern allerdings, dass eine Unterstützung durch die Lehrkraft zur Klärung der Inhalte und bei Nachfragen gegeben ist. Daher bietet sich zur Bearbeitung der Quellen ein synchrones Unterrichtsverfahren an.

Unterrichtsmaterial "Die rechtliche Gleichstellung der deutschen Jüdinnen und Juden" zum Download (PDF)

Unterrichtsmaterial "Die rechtliche Gleichstellung der deutschen Jüdinnen und Juden" zum Download (Word)

Vermittelte Kompetenzen

Fachkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • erläutern zum Thema "rechtliche Gleichstellung der Jüdinnen und Juden im 19. Jahrhundert" Verläufe, Interessen und Handlungsspielräume.
  • beurteilen das Handeln Heinrich Heines im Hinblick auf Interessenbezogenheit und Möglichkeiten.
  • bewerten unter Offenlegung gegenwärtiger Normen die Reden Mohls und Riessers.

Medienkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • recherchieren in digitalen Medienangeboten zielgerichtet Informationen und Daten zum Thema "rechtliche Gleichstellung der Jüdinnen und Juden im 19. Jahrhundert".
  • fassen Informationen und Daten zusammen.
  • analysieren, interpretieren und bewerten kritisch historische Quellen.

Sozialkompetenz

Die Schülerinnen und Schüler

  • erkennen die Bedeutung der rechtlichen Gleichstellung von Minderheiten als wichtiges Fundament einer freiheitlichen Grundordnung.
  • erkennen, dass ein Schutz der jüdischen Bevölkerung und eine politische Unterstützung des Zentralrates der Jüdinnen und Juden in Deutschland zugleich ein Schutz der Demokratie, Freiheit und Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger ist.
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Autor

Portrait von Dr. Jelko Peters
Dr. Jelko Peters

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Frei nutzbares Material
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In Kooperation mit

Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e. V.

Dieses Arbeitsmaterial wurde von der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e. V. herausgegeben.

Gefördert von

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Gefördert durch #2021 JLID – Jüdisches Leben in Deutschland e. V. aus Mitteln des Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.


1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Der Verein 321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e. V. koordiniert und gestaltet 2021 bundesweit das deutsch-jüdische Festjahr "#2021 JLID-Jüdisches Leben in Deutschland e. V." (#2021 JLID).

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