Dass 1945 mit dem Ende des Dritten Reiches etwas Neues begonnen hat, leuchtet den Lernenden sicherlich schnell ein. 1960 ist als Jahr der Abgrenzung nicht von gleicher Evidenz. Für die DDR-Literatur aber kann man die Grenze deutlich ziehen: 1959 wurde der ?Bitterfelder Weg? als Weg zu einer Nationalliteratur der DDR beschlossen, 1961 wurde die Mauer in Berlin gebaut.
Deutsche Lyrik 1945–1960
Diese Übersicht möglicher Schwerpunkte und passender Links zum Thema „Deutsche Lyrik 1945–1960“ hilft bei der Vorbereitung und der Durchführung einer entsprechenden Sequenz.
- Deutsch / Kommunikation / Lesen & Schreiben / Geschichte / Früher & Heute
- Sekundarstufe II
- variabel
- Ablaufplan, Primärmaterial, Didaktik/Methodik
Beschreibung der Unterrichtseinheit
Didaktisch-methodischer Kommentar
Der Begriff Nachkriegsliteratur - Gedichte vor und nach dem Krieg
Jahreszahlen als Grenzmarken täuschen darüber hinweg, dass Menschen sich nicht gleichzeitig an einem bestimmten Datum oder in einem Jahr verändern.
- Günter Eich und Elisabeth Langgässer hatten schon vor 1933 Gedichte veröffentlicht.
- Brechts "Hauspostille" war 1927 erschienen.
- Gottfried Benn hatte vor 1920 expressionistisch gedichtet.
Anderseits haben Autoren wie Enzensberger und Heißenbüttel, Celan und Bachmann auch nach 1960 in ihrer Art weiter geschrieben. Mit dieser ersten Einschränkung kann man die Jahre von 1945 bis 1960 als Zeit der Nachkriegsliteratur bestimmen (der Schülerduden Literatur, 4. Aufl. 2005, sieht diese Epoche 1970 enden).
Der inhaltliche Rahmen
Mit dem Stichwort "Nachkriegsliteratur" ist auch der engste Rahmen genannt, in dem die Lyrik dieser Jahre gesehen und verstanden werden muss. Größere Rahmen sind die deutsche Geschichte und die deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts - für eine Unterrichtsreihe wird man sich eher mit dem engen Rahmen begnügen müssen.
Aspekte der Nachkriegslyrik
Die Nachkriegslyrik wird nicht systematisch in verschiedene "Richtungen" eingeteilt. Vielmehr überschneiden sich in der Regel drei Aspekte:
Politische oder geografische Einteilung
Politisch (oder geografisch) wird die Lyrik nach Ost und West, nach DDR und BRD eingeteilt. Diese Einteilung entspricht der Einteilung der Vorkriegslyrik nach "Exilliteratur" und "Literatur der Inneren Emigration", wozu dann noch "die dem Nationalsozialismus angepasste Literatur" hinzukäme (die es in ihrer Art auch nach 1945 gegeben hat). Wichtige Dichter der DDR waren Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Peter Huchel, Stephan Hermlin, Kurt Bartel (Kuba), Erich Arendt, Georg Maurer und Johannes Bobrowski.Traditionelle versus neue Dichtungsweisen
Nach der Schreibweise kann man die traditionelle von neuen Dichtungsweisen unterscheiden. Nach dem Ende des Expressionismus waren Versuche der Erneuerung lyrischen Sprechens 1933 abrupt beendet worden. Zuvor hatte es seit 1929 um die Zeitschrift "Die Kolonne" eine Restauration der Naturlyrik gegeben. Für die Versuche eines neuen Dichtens nach 1945 stehen die Begriffe Trümmerliteratur, hermetische Dichtung (Ingeborg Bachmann, Paul Celan, teilweise Gottfried Benn und andere - zu Beginn des 20. Jh. bereits Stefan George und Georg Trakl), Sprachmagie, konkrete Poesie. Für die Bemühungen zum Beispiel von Bobrowski, Brecht, Eich und Enzensberger in den 50er Jahren gibt es dagegen keinen passenden Begriff. Etwa 1960 hat die deutsche Dichtung wieder den Anschluss an die europäische Moderne gefunden.Thematische Unterscheidungen
Thematisch kann man poetologische Gedichte von der Naturlyrik, der politischen Lyrik und der Erinnerungslyrik jüdischer Autoren (Paul Celan, Nelly Sachs) unterscheiden.
Nachkriegslyrik im Unterricht
Wenn man für die Lyrik von 1945 bis 1960 etwa sechs bis acht Wochen Zeit hat, muss man sich bei den intensiven Analysen und Interpretationen stärker einschränken. Man wird also einige Aspekte nur streifen können, darunter die Lyrik unmittelbar vor 1945. In der Auswahl der zu besprechenden Gedichte wird man sich praktisch auch danach richten, welche Texte zur Verfügung stehen und auf welche Analysen man zurückgreifen kann. Dieser Vorschlag berücksichtigt leicht zugängliche und breit rezipierte Gedichte.
- Überlegungen zur Konzeption der Lyrik-Reihe
Fragestellungen für die unterrichtliche Arbeit sowie Überlegungen und Linktipps hinsichtlich der zu behandelnden Gedichte finden Sie hier.
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Externe Links
Literaturhinweise
Textsammlungen
- Lesebuch A 11. Lyrik, Klett 1969; erweiterte Neuauflage 1985: Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart.
- Conrady, Karl Otto: Das Buch der Gedichte, Hirschgraben 1987.
- Echtermeyer: Deutsche Gedichte, hrsg. von Elisabeth K. Paefgen und Peter Geist. Cornelsen 2005.
- Epochen der deutschen Lyrik. Hrsg. von Walther Lilly, Bd. 9: 1900-1960 (bearbeitet von Gisela Lindemann), dtv 4023 (1974).
- Der Neue Conrady: Das große deutsche Gedichtbuch, Artemis & Winkler 2000.
Sekundärliteratur
- Knörrich, Otto: Die deutsche Lyrik seit 1945. Kröner 1978 (2. Aufl.).
- Korte, Hermann: Geschichte der deutschsprachigen Lyrik seit 1945. Metzler 2004.
- Pabisch, Peter: luslustigtig. Phänomene deutschsprachiger Lyrik 1945-1980. Böhlau (Wien) 1992.
Die Geschichte der deutschen Literatur seit 1945 ist unter anderem von Volker Bohn (1995), Heinz Forster (1995), Ralf Schnell (2003) und Wilfried Barner (2006) dargestellt worden.
Arbeitsbücher
- Eckermann, Karin: Moderne Lyrik und Realität. Schwann 1976.
- Hoffmann, Dieter: Arbeitsbuch Deutschsprachige Lyrik seit 1945. Franke 2004 (2. Aufl.).
- Petruschke, Adelheid: Lyrik nach 1945. Klett 1987.
- Petruschke, Adelheid: Lyrik der Nachkriegszeit 1945- 1960. Klett 2006.
Die beiden Bücher Adelheid Petruschkes können auch zu den Interpretationen gezählt werden.
Sammlungen von Interpretationen
- Doppelinterpretationen. Das zeitgenössische deutsche Gedicht zwischen Autor und Leser. Hrsg. von Hilde Domin (1966). Fischer-Tb 1060 (ab 1976).
- begegnung mit gedichten. 66 interpretationen vom mittelalter bis zur gegenwart, zusammengestellt und hrsg. von walter urbanek. Buchner 1977 (3. Aufl.).
- Geschichte im Gedicht. Texte und Interpretationen. Hrsg. von Walter Hinck. es 721 (1979).
- Gedichte und Interpretationen. Hrsg. von Walter Hinck. Gegenwart I. RUB 7895 (1982).
- van Rinsum, Annemarie und Wolfgang: Interpretationen Lyrik, bsv 1986.
- Freund, Winfried: Deutsche Lyrik. Interpretationen vom Barock bis zur Gegenwart. Fink 1990.
- Gedichte für die Schule interpretiert. Hrsg. von Karl Hotz und Gerhard C. Krischker. Buchner 1993.
- Interpretationen. Gedichte von Gottfried Benn. Hrsg. von Harald Steinhagen. RUB 17501 (1997).
- Korte, Hermann: Lyrik von 1945 bis zur Gegenwart. Interpretation. Oldenbourg 2000 (2. korr. Aufl.).
- Hinck, Walter: Stationen der deutschen Lyrik. Von Luther bis in die Gegenwart - 100 Gedichte mit Interpretationen. Vandenhoeck & Ruprecht 2000.
- 50 Klassiker Lyrik. Bedeutende deutsche Gedichte dargestellt von Barbara Sichtermann und Joachim Scholl unter Mitarbeit von Klaus Binder. Gerstenberg 2004.
Wenn man die Interpretationen als Maßstab der Rezeption nimmt, muss man Bachmann, Benn, Bobrowski, Brecht, Celan, Eich, Enzensberger, Gomringer, Huchel und Kaschnitz, vielleicht auch Heißenbüttel, Krolow, Langgässer (?), Lehmann, Nelly Sachs und einige andere zu den Klassikern der deutschen Lyrik zwischen 1945 und 1960 zählen. Das heißt aber nicht, dass nicht auch andere Dichter bedeutende und lesenswerte Gedichte geschrieben hätten.