Reflexionsraum als Maßnahme gegen Unterrichtsstörungen – ein Erfahrungsbericht
Dieser Fachartikel ist ein Erfahrungsbericht über die praktische Umsetzung des Trainingsraum-Konzepts an einer weiterführenden Schule unter der Bezeichnung "Reflexionsraum".
Unterrichtsstörungen: "Stop and go" statt "Flow"
Kennen Sie einen Beruf, in dem man während der Ausübung der Arbeit so häufig mit Störungen konfrontiert wird wie im Lehrerberuf? Unterrichtsstörungen und der Umgang damit beschäftigen Lehrerinnen und Lehrer – mehr oder weniger – während des gesamten Berufslebens. Leidtragende sind aber nicht nur Lehrkräfte, sondern vor allem die lernbereiten Schülerinnen und Schüler, deren Recht auf ungestörten Unterricht durch Mitschülerinnen und Mitschüler verletzt wird. Dass eine Schulstunde nicht von einem "Flow", sondern von einem nervenzehrenden "Stop-and-go" geprägt wird, ist leider oft traurige Realität.
Der Reflexionsraum als Instrument zum Umgang mit Unterrichtsstörungen
Seit vielen Jahren versuchen Schulen mit dem sogenannten "Trainingsraum-Konzept", das ich selbst an einer weiterführenden Schule unter dem Namen "Reflexionsraum" kennengelernt habe, dem Problem der Unterrichtsstörungen zu begegnen, die Interessen der Lehrkräfte und der lernwilligen Schülerinnen und Schüler zu wahren und den Störenden nach einer strukturierten Aufarbeitung des Fehlverhaltens eine neue Chance zu geben.
Um die wissenschaftliche Fundierung des "Trainingsraum-Konzepts", das unter anderem von Dr. Stefan Balke (Bielefeld) entwickelt wurde, soll es in meinem Fachartikel nicht gehen. Im Vordergrund steht vielmehr die praktische Umsetzung, die ich persönlich als Lehrer erlebt und mitgestaltet habe. Wichtig ist mir der Hinweis, dass die hier beschriebene Realisierung der Grundidee durchaus von der Praxis an anderen Schulen abweichen kann. Ein Ausdruck der individuellen Umsetzung ist beispielsweise die Verwendung des Begriffs "Reflexionsraum" anstelle von "Trainingsraum".
Der Reflexionsraum lässt sich prägnant als Instrument zur Aufarbeitung von Unterrichtsstörungen bezeichnen. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass es sich beim Reflexionsraum weder um eine "Therapieanstalt", noch um ein "Rausschmeißprogramm" für problematische Schülerinnen und Schüler handelt.
Das Konzept basiert auf drei Prinzipien:
- Jede(r) Lernende hat das Recht, ungestört zu lernen.
- Jede Lehrkraft hat das Recht, ungestört zu unterrichten.
- Es ist eine elementare Aufgabe der Lehrkraft, die Interessen der lernwilligen Schülerinnen und Schüler zu vertreten.
Die praktische Umsetzung lässt sich folgendermaßen beschreiben:
- Wer in einer Unterrichtssituation zum ersten Mal die Rechte anderer (siehe oben) verletzt, wird per Ermahnung daran erinnert und verpflichtet sich zur Einhaltung ("Gelbe Karte").
- Wer seine Selbstverpflichtung nicht befolgt um zum zweiten Mal stört, wird in den Reflexionsraum geschickt ("Rote Karte").
- Mit der Aufarbeitung der Störung im Reflexionsraum wird den Störenden signalisiert, dass dieses Verhalten ernst genommen wird. – Gleichzeitig kann der Unterricht im Sinne der lernwilligen Schülerinnen und Schüler fortgesetzt werden.
- Die schriftliche Reflexion wird der entsprechenden Fachlehrkraft übergeben, welche die Aufzeichnungen mit...