Bildungsgerechtigkeit in den Händen der Lehrkräfte?
Dieser Fachartikel sensibilisiert für die Aufgabe von Lehrkräften, durch ihr pädagogisches Handeln zur Bildungsgerechtigkeit beizutragen.
Chancengleichheit: Bildung für alle
Die Herstellung von Bildungsgerechtigkeit sowie die Bearbeitung von Bildungsungleichheit zählen zu einer der drängendsten Aufgaben des Erziehungs- und Bildungssystems. "Gerechtigkeit und Gleichheit beziehungsweise Ungerechtigkeit und Ungleichheit hängen gerade dann, wenn es um die Verteilung wertvoller gesellschaftlicher Güter wie (Bildung) [...] geht, eng miteinander zusammen" (Sen 1979/2019: 47). In der Thematisierung von Bildungsgerechtigkeit ist die Frage nach sozialen Ungleichheiten und Bildungsdifferenzen zentral und es werden intensiv die unterschiedlichen Ausgangslagen von Schülerinnen und Schülern diskutiert und in den Zusammenhang mit einer gleichen Chancenverteilung für alle gestellt.
Was bedeutet Bildungs(un)gleichheit?
Bildungsgerechtigkeit bedeutet demnach – in verkürzter Weise – Chancengleichheit, Bildungsungerechtigkeit wiederum Chancenungleichheit. Sibylle Schneider führt für die Bildung aus: "Bildungsungleichheiten beziehen sich auf eine Reihe sozialstruktureller Merkmale, die zu einer ungleichen Verteilung von Bildung führen können. Dazu gehören Merkmale wie die soziale Herkunft, der soziale Hintergrund oder sozioökonomische Status, Gender oder das Geschlecht sowie die kulturelle Herkunft im Zusammenhang mit Migrationshintergrund und ethnischer Zugehörigkeit und Sprache" (2019: 9). Die hier aufgezählten Merkmale, und das ist wichtig zu betonen, sind nicht per se mit Benachteiligung oder Chancenungleichheit assoziiert, das heißt sie müssen nicht zwangsläufig zu Benachteiligung führen, sondern wurden in verschiedenen wissenschaftlichen, empirischen Untersuchungen als eine statistische Erklärungsgröße für Ungleichheit nachgewiesen. Ungleichheit entsteht also nicht aufgrund eines Merkmals, sondern wird erst durch strukturelle Bedingungen und soziale Handlungen (re)produziert. Und dieser Zusammenhang bildet sich dann wiederum in wissenschaftlichen Studien ab. Nach Schneider manifestieren sich "Differenzen in Bildungssystemen" unter anderem in Folge von sozial selektiven Beratungs- und Empfehlungsverhalten von Lehrpersonen oder aufgrund des von der sozialen Herkunft geprägten Entscheidungsverhaltens der Eltern und Jugendlichen bei Bildungsübergängen, zum Beispiel im Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schulform (ebd.:15/16). Diese Entscheidungen haben Folgen für die weitere Bildungsbiographie der Schülerinnen und Schüler.
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