Beziehungspflege und Kommunikation in digitalen Lernumgebungen
Dieser Fachartikel zeigt, wie sich auf der Grundlage pädagogischer Basiskompetenzen auch im Distanz- und Wechselunterricht Beziehungen pflegen, intensivieren und sogar neu knüpfen lassen.
Der Beruf der Lehrkräfte ist ein Beziehungsberuf. Kontakt und Kommunikation, bisweilen auch ein paar (mentale) "Kuschel"-Einheiten – das fehle während Phasen von Distanz-Unterricht am meisten, berichten viele Lehrerinnen und Lehrer. Sie haben diesen Beruf gewählt, weil sie grundsätzlich gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammen sind, ihnen etwas beibringen, nahebringen wollen, sie ein Stück Lebensweg begleiten möchten. Und jetzt gelten AHA-Regeln, Kontakt-Beschränkungen und social distancing. Fallen Kontakt, Kommunikation und zwischenmenschliche Nähe bis auf Weiteres dem Lockdown zum Opfer? Die vielfältigen realen Begegnungen mit und zwischen Kindern in der Schule kann man wohl durch kein digitales Klassenzimmer und kein Zoom-Meeting ersetzen. Allerdings sollte man sich bewusst machen, dass gelingende Beziehungen auch im normalen Schulbetrieb nicht selbstverständlich sind, sondern in jeder Schul- und Unterrichtsform gestaltet und gepflegt werden müssen. Lehrpersonen greifen hierfür auf überfachliche Basiskompetenzen zurück. (vergleiche Karl-Oswald Bauer (2005): Pädagogische Basiskompetenzen. Theorie und Training. Weinheim und München: Juventa.)
Dimensionen pädagogischer Basiskompetenzen
Die Dimensionen pädagogischer Basiskompetenzen können theoretisch unterschieden werden, praktisch jedoch greifen sie ineinander – auch wenn sie erfahrenen Lehrerinnen und Lehrern im Alltag oft nicht mehr bewusst sind. Lehrkräfte nutzen tagtäglich die Fähigkeit, soziale Strukturen zu bilden: Sie handeln nach Prinzipien des Classroom Managements, leiten und führen die Schülerinnen und Schüler beim Lernen in unterschiedlichen Sozialformen, fördern gleichzeitig ihre Selbstständigkeit. Das Steuern von Interaktion zwischen allen Beteiligten ist eine weitere Basiskompetenz von Lehrpersonen: Sie gestalten nicht nur ihre Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen, sondern steuern auch die Interaktionen der Lernenden untereinander, pflegen vielfältige Kontakte zu Eltern, Kolleginnen und Kollegen, Schulleitung und Schulaufsicht, außerschulischen Partnerinnen und Partnern. Mit Wertschätzung und Humor gelingt dies am besten.
Auch das Kommunizieren verlangt eine solche Haltung: Lehrkräfte stellen nicht nur Fragen und reagieren auf Antworten. Sie müssen aktiv zuhören, etwas im Vortrag erklären oder abstrakte Sachverhalte visualisieren können. Um Feedback zu geben und zu nehmen, schwierige Beratungsgespräche zu führen oder Diskussionen zu leiten, müssen sie über ein breites Repertoire an Strategien verfügen.
Eine hohe Bedeutung für erfolgreiches Lehren und Lernen hat auch die Lernumgebung. Ob Schülerinnen und Schüler, wie früher so oft, ihren Schultag in nüchternen Sälen mit engen Bankreihen absitzen oder sich in einem anregenden "Lernatelier" bewegen, macht einen großen Unterschied. Der italienische Erziehungswissenschaftler Loris Malaguzzi spricht sogar vom Raum als "dritten Pädagogen" – nach den Mitschülerinnen und Mitschülern sowie der Lehrkraft (vergleiche Schulbau: ...