Dyskalkulie: Definition, Symptome und Fördermöglichkeiten

Fachartikel

Dieser Fachartikel beleuchtet das Phänomen Dyskalkulie, gibt einen Überblick über die Entwicklung numerischer Fertigkeiten, Auswirkungen und Symptome von Dyskalkulie und zeigt Fördermöglichkeiten auf.

 

Die Fähigkeit, mathematische Grundkenntnisse zu verstehen, zu erlernen und anzuwenden, können Kinder mit Dyskalkulie nicht entwickeln. Ohne Therapie geben Betroffene das "zählende Rechnen", ob versteckt oder an den Fingern, meist nie komplett auf. Logisches Denken ist diesen Kindern durchaus möglich - der abstrakte Umgang mit Zahlen nicht.

Obwohl rund 3 bis 7% aller Grundschülerinnen und Grundschüler von einer Dyskalkulie betroffen sind und spezieller Hilfe bedürfen, findet die Rechenstörung nicht in gleichem Maße Beachtung wie die Lese-Rechtschreibstörung.

Definition von Dyskalkulie

Die Rechenstörung ist, ebenso wie die Legasthenie, eine von der WHO anerkannte schulische Entwicklungsstörung. Nach ICD-10 (F81.2) ist diese Störung als Beeinträchtigung definiert, die nicht durch Intelligenzminderung oder unangemessene Beschulung zu erklären ist, und die grundlegenden Rechenfertigkeiten (Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division) betrifft. Entsprechend den Kriterien des ICD-10 liegt eine Rechenstörung nur dann vor, wenn sie früh beginnt und nicht vorübergehend ist beziehungsweise durch andere psychosoziale Faktoren zu erklären ist.

Entwicklung der numerischen und rechnerischen Fertigkeiten

Neurowissenschaftlich ist die Entwicklung zahlenverarbeitender Hirnfunktionen ein neuroplastischer Reifungsprozess, der im Verlauf von Kindheit und Jugend zu einem komplexen, spezialisierten neuronalen Netzwerk führt. Die Entwicklung zahlenverarbeitender Hirnfunktionen verläuft grob umschrieben in vier Stufen.

(1) Die Mengenerfassung wird als genetisch disponierte basisnumerische Grundkompetenz eines Menschen angenommen. Schon Kleinstkinder sind in der Lage, konkrete Mengengrößen zu unterscheiden, das heißt kleinere Mengen exakt zu erfassen und größere Mengen ungefähr einzuschätzen.

(2) Mit der Sprachentwicklung beginnt die Fähigkeit, Anzahlen durch Zahlworte/ Zahlwortreihen zu benennen.

(3) Das Kennenlernen der arabischen Zahlenschreibweise und des Stellenwertsystems (visuell-arabisches Zahlensystem) ermöglicht eine ökonomische schriftliche Symbolisierung von Zahlen sowie das rechnerische Operieren mit diesen Zahlen.

(4) Im fortlaufenden Verstehen und Automatisieren entwickelt sich schließlich das kognitive Werkzeug einer abstrakten Zahlenraumvorstellung (mentaler Zahlenstrahl). Sie befähigt zum Schätzen, Überschlagen und Vergleichen von Mengen und Zahlen.

Bildgebende Verfahren in der Hirnforschung zeigen auf, dass sich mit wachsender Übung und Anwendung ein neuronales Netzwerk in verschiedenen Hirnregionen bildet, das entsprechend den Erfordernissen gestellter Aufgaben aktiviert wird. Für die Verarbeitung von Rechen- und Zahlenverarbeitungsaufgaben sind unterschiedliche Hirnareale zuständig.

Zahlenverarbeitung bei Dyskalkulie

Bei Kindern mit Dyskalkulie liegen verminderte oder veränderte Aktivitäten vor, wenn sie rechnen. Forscher vermuten, dass sich das für die Zahlenverarbeitung notwendige neuronale Netzwerk weniger gut ausgebildet hat....

 

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Marie-Louise Lützenkirchen

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