Neues Schulfach Digitalkunde? – Chancen und Herausforderungen
Dieses Experten-Interview beantwortet Fragen zur derzeit vielfach geforderten Einführung des Schulfachs Digitalkunde. Doktor Frederik Weinert hat kürzlich ein Buch zum Thema veröffentlicht, in dem er ein Konzept zur Etablierung des Fachs vorstellt.
Braucht es wirklich ein eigenes Schulfach Digitalkunde? Welche Methoden und Inhalte sollten bei einem solchen Schulfach im Vordergrund stehen? Und was benötigen Schulen und Lehrkräfte, um Digitalkunde als Schulfach erfolgreich zu etablieren? Diese und weitere Fragen hat uns Doktor Frederik Weinert beantwortet, unter anderem Autor der Bücher "Digitalkunde als Schulfach" und "Hilfe, mein Kind ist ein Smombie. Unsere Kids im digitalen Rausch". Herr Doktor Weinert ist Medienwissenschaftler und als Medienexperte für Digitalisierung und Medienbildung tätig.
Sie halten öffentlich ein Plädoyer dafür, Digitalkunde als Schulfach einzuführen. Warum?
Viele Kinder und Jugendliche lernen bereits jetzt effizient mit YouTube, Learning-Apps und ihren Smartphones. Von Verblödung oder gar digitaler Demenz kann keine Rede sein. Das Potenzial ist gigantisch, doch es gibt ein Problem. Die meisten Kids kennen sich in den digitalen Welten zwar extrem gut aus, was die Bedienung von Apps, Social Media und Spielen angeht, allerdings sind sie dabei sehr unachtsam. Die Kids verbringen zu viel Zeit mit ihren Smartphones, werden süchtig nach Likes oder machen sich in den Sozialen Medien angreifbar. Aus diesem Grund plädiere ich für eine professionelle Medienerziehung, die allumfassend sein muss. Die meisten Eltern können diese Aufgabe nicht übernehmen, also muss das Schulsystem ran. Mit dieser Meinung stehe ich ja auch nicht alleine da, denn die CSU um Staatsministerin Dorothee Bär hat exakt das gleiche Ziel. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Schulfach Digitalkunde kommen wird.
Aber braucht es wirklich ein eigenes Schulfach oder ist es nicht sinnvoller, digitale Bildung in die bestehende Fächerstruktur zu integrieren?
Ich wünsche mir ganz klar das neue Schulfach Digitalkunde. Die Forderung eines eigenen Schulfachs hat auch damit zu tun, dass wir Lehrpersonal brauchen, das entsprechend ausgebildet ist. Ich kann dem 60-jährigen Deutschlehrer nicht zumuten, zig Fortbildungen zu besuchen und sich mit Urheberrecht auf YouTube auseinanderzusetzen. Oder doch? Das würde dann aber einen Aufschrei geben. Der Plan ist, dass die Lehrerausbildung an den Hochschulen revolutioniert wird. Nichtsdestotrotz sollten möglichst auch in die aktuellen Fächer innovative Lehrinhalte integriert werden.
Welche Inhalte sollte das Schulfach Digitalkunde haben beziehungsweise welche Kompetenzen sollten vermittelt werden?
Für das Schulfach Digitalkunde habe ich ein innovatives Vier-Säulen-Modell entwickelt. Ganz wichtig ist die medienpädagogische Säule, also Medienerziehung und Medienbildung sowie Methodik und die Ausbildung von Medienkompetenz. Da geht es dann beispielsweise um den Umgang mit digitalen Wortgefechten und Shitstorms in den Sozialen Medien, Medienproduktion und Online-Recherche.
Die fachspezifische Säule orientiert sich an den klassischen Schulfächern wie Deutsch, Englisch, Geschichte, Sozialkunde, Musik und Kunst. Neu ist, dass sich die Inhalte des Digitalkunde-Unterrichts nicht...