Systemdynamische Modellierung im Wirtschaftsunterricht
Die Modellierung komplexer dynamischer Systeme kann den Unterricht bereichern und die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu vernetztem Denken in komplexen Zusammenhängen nachhaltig fördern.
Um die komplexe wirtschaftliche Wirklichkeit erfassen und untersuchen zu können, werden in den Wirtschaftswissenschaften vielfach vereinfachte formale Modelle verwendet. Der System-Dynamics-Ansatz ist eine Methode zur Erstellung von formalen Modellen, die Vernetztheit und Dynamik besonderen Stellenwert einräumen. Softwaretools unterstützen beim Anfertigen von Modellen und ermöglichen außerdem deren Simulation.
Unvollständiges Verständnis der Wirklichkeit/Lernvoraussetzungen
Kombinatorische Komplexität
Die wirtschaftliche Wirklichkeit ist einem direkten und umfassenden Verständnis nicht zugänglich, da sie dafür zu viele Elemente enthält, zwischen denen wiederum sehr viele Wirkungszusammenhänge bestehen, von denen viele unbekannt sind. Aufgrund der reinen Vielzahl der Elemente und deren Verbindungen entsteht eine nicht zu bewältigende kombinatorische Komplexität.Dynamische Komplexität
Darüber hinaus ergeben sich jedoch vielfach Verständnisschwierigkeiten der Wirklichkeit aufgrund von Phänomen mit dynamischer Komplexität. Diese kann schon in Systemen mit nur wenigen Variablen auftreten und ist relativ schwer erfassbar, da sie erst im Zeitverlauf auftritt und dem Beobachter bei einer punktuellen, statischen Betrachtungsweise entgeht. So wird bei statischer Analyse beispielsweise des Marktgeschehens ein Gleichgewichtspreis ermittelt, der sich am Schnittpunkt der Angebots- und der Nachfragekurve findet. Allerdings gibt es viele Märkte, bei denen die Preise strukturell bedingt periodisch schwanken.Das klassische Beispiel hierfür ist der historische Schweinezyklus, der sich circa alle drei bis vier Jahre wiederholte. So führt beispielsweise ein Nachfrageüberhang zu hohen Preisen, was die Landwirte zu verstärkter Zucht veranlasst. Bis diese Schweine auf dem Markt sind, bleiben die Preise hoch. Dann kommen verstärkt die neu gezüchteten Schweine auf den Markt, woraus sich ein relativ plötzlich auftretendes Überangebot und damit fallende Preise ergeben. Diese niedrigen Preise führen jedoch zu geringeren Schweinezuchtzahlen, so dass es wieder zu einer Phase des Nachfrageüberhangs folgt.
Formale Modellbildung als Methode
Reduktion von Komplexität
In der Wirtschaftswissenschaft, die gemeinhin als empirische Wissenschaft verstanden wird und somit überprüfbare Aussagen über die Wirklichkeit zu generieren sucht, begegnet man dem Problem der hohen Komplexität mit deren Reduktion in Form von theoretischen oder formalen Modellen. In Modellen werden viele Einzelelemente zu allgemeineren Einheiten aggregiert und zahlreiche Prämissen gesetzt, die Sonderfälle in der Regel aus dem Modell ausgrenzen. Abhängig von der jeweiligen Fragestellung entstehen so vereinfachte Abbildungen der Wirklichkeit. Ihre Komplexität wird reduziert und damit beherrschbar. Eine solche Konzentration auf das Wesentliche erlaubt dann ein verbessertes Verständnis der untersuchten Zusammenhänge.Modelle als Forschungs- und Unterrichtsgegenstand
Diese Zusammenhänge machen Modelle zu einem zentralen Forschungs- und Unterrichtsgegenstand in den Wirtschaftswissenschaften. Beispiele für Modelle der Betriebswirtschaftslehre sind die Porter'sche Wertschöpfungskette, das SCOR-Modell, der Produktlebenszyklus oder das Modell der optimalen Losgröße. Klassische volkswirtschaftliche Modelle sind unter anderen Wirtschaftsmodelle von Keynes oder neoklassischer Ökonomen, der Wirtschaftskreislauf und Modelle der Preisbildung in unterschiedlichen Marktformen.Zum Weiterlesen
- Probleme des Lernens anhand komplexer Modelle
Es ist nicht einfach, ein mentales Modell aufgrund von Erfahrungen auszudifferenzieren.
- Softwaregestützte Modellbildung und Simulation
Den beschriebenen Lernbarrieren lässt sich erfolgreich mithilfe der System-Dynamics-Methode begegnen.
- Einsatzmöglichkeiten im Unterricht
Systemdynamische Modellierungsarbeit im Unterricht lässt unterschiedliche Freiheitsgrade zu.
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