Genfood: Aus dem Labor frisch auf den Tisch?
Unterrichtseinheit
Wo Genfood drin ist, muss nun auch Genfood draufstehen, denn seit April 2004 gilt eine neue Richtlinie der Europäischen Union. Was Befürworter und Kritiker zum Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft sagen und wie der Handel reagiert, beschreibt dieser Basisartikel.Die neue Richtlinie der Europäischen Union schreibt vor, dass Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Rohstoffen gekennzeichnet werden müssen. Doch was bedeutet es, wenn ein Produkt als gentechnisch verändert gekennzeichnet ist? Was sind die Vorteile dieser Lebensmittel, und was sind ihre Risiken? Nur wenige Themen bringen Umwelt- und Verbraucherschützer so sehr auf die Barrikaden wie die Gentechnik.Die Schülerinnen und Schüler sollen sich über den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion informieren. die Argumente für und wider gentechnisch veränderte Lebensmittel kennen lernen. die Chancen und Risiken der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion diskutieren. ihr Verhalten als Verbraucher reflektieren. das Internet als Informations- und Recherchemedium nutzen. Die Gesetzeslage in der EU Mitte Mai 2004 entschied die EU-Kommission, den Anbau von gentechnisch verändertem Mais zuzulassen. Vor allem die USA hatten bei der Welthandelsorganisation (WTO) auf die Zulassung von gentechnisch manipuliertem Mais in Europa gedrängt. Das sei eine übereilte Entscheidung, meinen Kritiker, da sich auch die Experten nicht einig seien, ob der Anbau zu befürworten oder abzulehnen ist. In Europa gibt es noch keine einheitliche Regelung zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Bislang entscheidet jedes Land selbst, ob es den Anbau zulässt oder nicht - und die Regierungen sind eher vorsichtig, solange die Risiken nicht klar erforscht und untersucht sind. Verbraucherministerium: Grüne Gentechnik Die neue Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel kurz und bündig erklärt. transgen.de: Was tut die EU zur Erkennung von Genfood? Seit dem 18. April gilt eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel. Durcheinander in Deutschland In Deutschland ist die Lage besonders unübersichtlich: Es gibt keine bundesweite Regelung und so ist der Anbau von gentechnisch verändertem Mais in einigen Bundesländern versuchsweise und unter Auflagen erlaubt - etwa in Bayern, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. Ein einheitliches Gentechnik-Gesetz der Landwirtschaftsministerin Renate Künast scheiterte bisher an den Protesten verschiedener Bundesländer im Bundesrat. Harte Fronten zwischen Kritikern und Befürwortern Nur wenige Themen bringen Umwelt- und Verbraucherschützer so sehr auf die Barrikaden wie die Gentechnik. Sie sehen in der gentechnischen Veränderung von Organismen unwägbare Gefahren. Wo immer ein Forschungsinstitut oder eine Gentechnik-Firma gentechnisch verändertes Saatgut auf Feldern ausbringen, ist mit Protesten der Umweltschützer zu rechnen - oft müssen die Felder sogar unter Polizeischutz gestellt werden, damit die Gegner die Versuchspflanzen nicht gleich wieder ausgraben. Die Befürworter der neuen Technologie werfen den Verbraucherschützern Panikmache und Fortschrittsfeindlichkeit vor. Sie sehen vor allem positive Aspekte wie etwa den Einsatz genveränderter Produkte gegen Hunger und Krankheiten. Das Dilemma: Die Argumente der Kritiker sind bislang nicht erwiesen - aber auch nicht widerlegt. Grüne Gentechnik Übersicht über neue Entwicklungen und Gesetzesvorhaben zur Gentechnik in der Landwirtschaft. Beispiel Mais: resistent gegen Raupen Ein bekanntes Beispiel für den Einsatz der Gentechnik bei Lebensmitteln liefert der Mais. Große Teile der Anbauflächen in Süddeutschland werden regelmäßig von einer Schmetterlingsraupe befallen, dem Maiszünsler. Bislang gingen die Landwirte gegen den Schädling vor, indem sie ihre Felder mit einem Giftstoff besprühten, der die Raupen tötet. Mittlerweile ist es möglich, den Mais gentechnisch so zu verändern, dass die Pflanze selbst die Giftstoffe entwickelt, die die Larven töten. Der Vorteil für die Landwirte: Der Erfolg ist großflächiger als beim Spritzen der Felder und zudem entfällt die Arbeit des Spritzens. Beispiel Unkrautvernichtung: Nutzpflanzen bleiben unbeschadet Ein anderes Beispiel illustriert den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln, so genannten Herbiziden. Eine Anbaupflanze wird gentechnisch so verändert, dass sie gegen ein Pflanzengift resistent ist. Besprüht ein Landwirt nun sein Feld mit dem Herbizid, gehen alle Pflanzen ein - außer natürlich der gentechnisch veränderten Pflanze, die er gesät hat. So lässt sich vermeiden, dass Unkraut zwischen den ausgesäten Pflanzen wächst und ihnen Licht und Nährstoffe streitig macht. www.transgen.de: Erprobungsanbau (pdf) Berichte zum Erprobungsanbau von gentechnisch verändertem Mais und zur Koexistenz von gentechnisch unveränderten und veränderten Pflanzungen. www.transgen.de: Ist da Gentechnik drin? Hinweise zum Gentechnikeinsatz in der Futtermittelproduktion. Ökologisches Gleichgewicht in Gefahr Zu den Kritikern von genetisch veränderten Lebensmitteln gehören beispielsweise Verbraucherschützer oder Umweltverbände wie Greenpeace. Sie warnen davor, dass die genetische Veränderung von Pflanzen bislang unerforschte Nebenwirkungen haben könnte. Sie halten es auch für einen gefährlichen Eingriff in das ökologische System, dass bestimmte Pflanzen oder Tiere nun mit stärkeren Abwehrkräften ausgestattet sind: So bestehe etwa die Gefahr, dass die natürlichen Feinde dieser Arten aussterben, was eine Kettenreaktion mit gefährlichen Konsequenzen für das ökologische Gleichgewicht auslösen könne. Unerforschte Nebenwirkungen Bislang wenig erforscht seien außerdem die möglichen Nebenwirkungen bei Allergikern oder kranken Personen. Kritiker befürchten beispielsweise, dass der Verzehr gentechnisch veränderter Pflanzen den Menschen gegen Antibiotika resistent machen könnte. Weitere Wirkungen auf den menschlichen Körper sind ebenfalls noch nicht erschöpfend erforscht. Monopole, Macht und Missbrauch Zudem stören sich die Kritiker daran, dass die Industrie Patente auf bestimmte, gentechnisch veränderte Arten anmeldet. Dadurch bekämen Firmen Monopole auf den Anbau bestimmter Pflanzen. Bauern seien dann gezwungen, das Saatgut nur noch von den Firmen zu beziehen, wodurch beispielsweise Bauern in Entwicklungsländern noch stärker vom Wohlwollen der Industrienationen abhingen. DW-World – Gen-Food: Gefährlich oder völlig harmlos? Gentechnik im Essen - was ist dran an den Befürchtungen? Geringere Kosten für die Züchtung Auf der Seite der Befürworter finden sich die Nahrungsmittelindustrie und viele Forscher, die an der Entwicklung weiterer gentechnischer Veränderungen arbeiten. Die Industrie sieht eine Chance, zu günstigeren Bedingungen produzieren zu können. Eine Pflanze mit bestimmten Eigenschaften - etwa einer bestimmten Blütenfarbe - auf herkömmlichem Weg zu züchten, dauert viele Jahre. Mithilfe der Gentechnik geht das wesentlich schneller. Chancen für Entwicklungsländer Gentechnisch behandelte Pflanzen sind weniger anfällig für Schädlinge, also sinkt die Gefahr von Missernten. Daher sehen die Befürworter in der gentechnischen Manipulation auch eine Chance, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen. Gerade in Entwicklungsländern verursachen Missernten Hungerkatastrophen und stürzen die Bevölkerung ganzer Regionen in Armut. Durch gentechnische Veränderung sei es möglich, resistente Pflanzenarten zu züchten, so dass es seltener zu solchen Missernten komme. Auch könnten Pflanzen gezüchtet werden, die auf nährstoffarmen oder stark salzhaltigen Böden wachsen. Positive Auswirkungen auf Artenvielfalt Den Argumenten vom gefährlichen Eingriff in das Ökosystem begegnen die Befürworter damit, dass auch der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln, der bislang Praxis ist, einen solchen Eingriff darstellt, und sich die Ökosysteme davon durchaus erholen oder sich anpassen. Zudem böten Pflanzen mit entsprechend verändertem Erbgut die Chance, den Einsatz von Pestiziden zu verringern, wodurch die Biodiversität (das heißt die Artenvielfalt) wieder erhöht werden könne. Je mehr Tests, desto weniger Nebenwirkungen Die Gefahr möglicher Nebenwirkungen durch gentechnisch veränderte Pflanzen sehen die Befürworter als weniger groß an. Hinweise darauf sind für sie eher ein Argument, mehr großflächige Tests durchzuführen, was Kritiker bislang ablehnen. Letztere warnen davor, dass sich die veränderten Pflanzen auf Versuchsfeldern unkontrolliert verbreiten; schließlich sorgt schon die natürliche Bestäubung durch Insekten für eine nicht kontrollierbare Weiterverbreitung ihres Erbgutes. DW-World – In Slums wächst kein Salat Gentechnik in der Landwirtschaft – unkalkulierbares Risiko oder einmalige Chance? Unsichere Beweislage Wer immer sich zu Risiken und Nebenwirkungen gentechnisch veränderter Lebensmittel äußert, ob er nun aus den Reihen der Befürworter oder der Kritiker kommt, er kann sich seiner Argumente eigentlich nicht ganz sicher sein. Bislang hat die Forschung keine schweren Schäden nachweisen können; sie hat aber auch nicht ausschließen können, dass solche Schäden möglicherweise in zehn Jahren auftreten. Langzeitwirkungen unbekannt Das International Council of Science (ICSU) gab 2003 zwar Entwarnung für die Lebensmittel, die derzeit auf dem Markt seien. Doch die Wissenschaftler wollen gefährliche Entwicklungen für die Zukunft nicht ausschließen. Langzeitstudien am Menschen können erst in einigen Jahrzehnten Gewissheit über die Auswirkungen der neuen Produkte verschaffen. Daher mahnen Kritiker wie Greenpeace zur Vorsicht und fordern ein Verbot gentechnischer Produkte schon aus Gründen der Vorsorge. Forschungsprojekt Biosicherheit Beim Projekt des Bundesforschungsministeriums gibt es Hinweise zu Forschungsansätzen und Gefährdungspotentialen der Gentechnik im Lebensmittelbereich. Unterschiedliche Haltungen zur Gentechnik Einige große deutsche Supermarktketten haben sich freiwillig verpflichtet, bei ihren Eigenmarken auch künftig keine gentechnisch veränderten Organismen zu verwenden. Auf Fremdprodukte, also auf die Waren anderer Hersteller, trifft dies allerdings nicht zu. Hersteller, Händler und Gastronomen, die ihre Produkte mit dem einheitlichen "Ohne-Gentechnik"-Siegel kennzeichnen dürfen, sind in einer Datenbank der Webseite ohnegentechnik.org gelistet. ohnegentechnik.org: Lebensmittel ohne Gentechnik Die Produktdatenbank der Seite ohnegentechnik.org bietet eine Übersicht, welche Lebensmittel das "Ohne-Gentechnik"-Siegel tragen. Gesetzeslücken: Keine Kennzeichnung von Fleisch Verbraucher- und Umweltverbände kritisieren, dass die EU-Verordnung noch zu viele Lücken lasse. So sei es etwa weiterhin zulässig, Schlachttiere mit genmanipulierten Pflanzen zu füttern, ohne das Endprodukt entsprechend kennzeichnen zu müssen. Der Käufer kann dem Würstchen oder Schnitzel dann nicht ansehen, ob es gentechnisch veränderte Rückstände enthält. Kritiker betonen, man müsse schon zum teureren Biofleisch greifen, wenn man ganz sicher gehen möchte, dass kein gentechnisch manipuliertes Futter verwendet wurde. Zunahme gentechnisch veränderter Produkte wird erwartet Da ein Großteil der Verbraucher gegen Genfood eingestellt ist, würde sich der Hinweis "enthält gentechnisch veränderte Bestandteile" auf der Verpackung als handfestes Verkaufshindernis erweisen. Deshalb finden sich auch rund einen Monat nach Inkrafttreten der Regelung praktisch keine entsprechenden Produkte in den Regalen der Supermärkte. Die Hersteller haben vorgesorgt und zum Teil sogar die Rezepturen ihrer Produkte verändert, um die Kennzeichnung zu umgehen. Die Verbraucherinitiative schätzt auf ihrer Webseite "Transgen" allerdings, dass die gentechnikfreien Rohstoffe im Herbst knapp werden, und der Genfood-Hinweis dann vermehrt auf den Packungen zu finden sein wird. www.transgen.de: Ist da Gentechnik drin? Überblick über gentechnisch veränderte Produkte im Lebensmittelsortiment. Soja und Mais aus den USA Außerhalb Europas ist der Anbau gentechnisch veränderter Produkte bereits Alltag: In den USA wird ein Großteil der Sojaproduktion auf Basis gentechnisch veränderter Pflanzen gewonnen und ein knappes Drittel der Maisernte ist gentechnisch verändert. Da Spuren von Soja und Mais in vielen Lebensmitteln von Süßigkeiten bis zur Kindernahrung enthalten sind, gelangen veränderte Produkte dort in großem Stil in die Supermärkte. Mais dient auch als Futterpflanze für die Landwirtschaft und gelangt somit auch in den Nahrungskreislauf für Fleischprodukte (zum Beispiel für Hamburger). Baumwolle und Raps aus Amerika und Asien In den USA, Kanada, Argentinien und China werden außerdem großflächig bereits Baumwolle und Raps in gentechnisch veränderter Form angebaut. Die dort ausgesäten Pflanzen sind resistent gegen bestimmte Schädlinge oder gegen Unkrautvernichtungsmittel. Weltweit laufen zudem Experimente mit weiteren gen-manipulierten Lebensmitteln. DW-World – Die EU, die USA und die Gentechnik Die USA sind in Sachen Gentechnik den Europäern einen Schritt voraus: Vor allem die Gesetzeslage ermöglicht der Forschung einen größeren Spielraum. Eine Folge unterschiedlicher Rechtskulturen.
-
Politik / WiSo / SoWi
-
Sekundarstufe II