• Schulstufe
  • Klassenstufe
  • Schulform
  • Fach
  • Materialtyp
  • Quelle 1
    zurücksetzen
Sortierung nach Datum / Relevanz
Kacheln     Liste

Schiller: Kabale und Liebe

Unterrichtseinheit

Kabale und Liebe gehört zum Kanon der klassischen Schullektüren für die Oberstufe des Gymnasiums. Der Plot des Dramas ist den Lernenden unseres postmodernen Zeitalters zwar fremd, die Problematik einer Liebesbeziehung, die an Hindernisse stößt und tragisch endet, ist jedoch auch heute durchaus nachvollziehbar.Kabale und Liebe im Deutschunterricht zu behandeln, erfordert zunächst einmal, die Horizonte von Text und Leser oder Leserin aufeinander zu beziehen. Dieser Unterrichtsvorschlag bietet kein festes Programm für eine komplette Unterrichtseinheit an, sondern zeigt Möglichkeiten auf, heutige Lernende zu einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Drama zu bringen. Dabei wird ein Textverarbeitungsprogramm für die Arbeit in Teams genutzt und den Lernenden so näher gebracht.In dieser Einheit wird die zuweilen trockene Textarbeit durch den Einsatz des Computers und des Internets unterstützt. Der Computer wird dabei nicht nur als Instrument der Motivation eingesetzt, sondern auch in seinen Möglichkeiten als Medium der Informationsbeschaffung und -verarbeitung genutzt. Die Möglichkeit einer Veröffentlichung eigener Produkte hat dabei eine sowohl motivierende als auch disziplinierende Wirkung. Die drei Umsetzungsvarianten, die nach dem Einstieg folgen, können nacheinander oder modular in Ihren Unterricht einfließen. Einstieg: Annäherung an den Text Allgemeine Anmerkungen zum Medieneinsatz und zum Einstieg Ablauf der Einheit - Handeln am Text Bei der Arbeit an Szene I,1 solle die Klasse handelnd mit dem Text umgehen. Ablauf der Einheit - Interpretationsarbeit Nach Abschluss des Leseprozesses beginnt die eigentliche Interpretationsarbeit. Ablauf der Einheit - zurück zur Bühne Die letzte Phase führt zum Text als Partitur für eine Bühnenaufführung zurück. Fachlich-inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler sollen handelnd mit dem Text umgehen und ihn dadurch besser verstehen. zentrale Begriffe der Dramenanalyse und der Sprechakttheorie kennen lernen. das selektive Lesen von Recherchequellen üben und Inhaltsangaben zu diesen erstellen. einen Zugang zu dramatischen Texten finden. erkennen, dass der dramatische Text erst durch Eingriffe von Regie und Dramaturgie zu einem Theaterstück wird. Ziele aus dem Bereich der Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen Optionen eines Textverarbeitungsprogramms kennen und für ihre Zwecke nutzen. das Internet als Recherchequelle nutzen. über das Internet Zugang zur selbstständigen Arbeit im Tandem finden. Internetrecherche, im Unterricht oder zu Hause Der Textlektüre vorgeschaltet wird eine erste Informationsphase, in der recherchiert werden soll, wann und wo Schillers Kabale und Liebe auf dem Theaterprogramm steht. Die Ergebnisse der Recherche, die selbstverständlich auch andere Medien als das Internet mit einbeziehen sollte (regionale und überregionale Zeitungen, Theaterzeitschriften), werden von den Schülerinnen und Schülern in der Klasse oder im Kurs präsentiert. Dies kann durch kurze Referate, durch eine Wandzeitung oder direkt am Computer mittels Beamer geschehen. Kabale und Liebe auf der Theaterbühne In dieser ersten Phase des Unterrichts, noch vor der Begegnung mit dem Dramentext, werden die Schülerinnen und Schüler in eine Rezipientenhaltung gebracht, die dem Drama angemessen ist: Sie nehmen Kabale und Liebe als Theaterstück wahr, das man auf der Bühne sehen kann, in dem Personen in Raum und Zeit agieren und damit eine eigene Wirklichkeit schaffen, die die Wirklichkeit der Zuschauenden für die Zeit des Spiels ersetzt. Wie beim Theaterbesucher und der Theaterbesucherin, die sich vor der Vorstellung ein Programmheft besorgen, werden auch bei den Schülerinnen und Schülern im Lauf ihrer medialen Recherchen Erwartungen geweckt und Vorstellungen geschaffen, die den Rezeptionsprozess des Dramas beeinflussen und steuern werden. Diese Erwartungen und Vorstellungen von dem, was sie beim Theaterbesuch oder eben bei der Dramenlektüre erwarten wird, müssen im Unterricht formuliert und besprochen werden, um als eine Art Folie für die Lektüre des Dramas zu dienen. Gemeinsamer Einstieg Der Einstieg in die Lesephase des Dramas sollte gemeinsam in der Klasse geschehen, um den Schülerinnen und Schülern zu helfen, eine dem dramatischen Text angemessene Lesehaltung einzunehmen. Die methodischen Möglichkeiten sind hier vielfältig: Lektüre mit verteilten Rollen, reihum lesen, spielen. Abgleich Text / Theater Im ersten Gespräch über den Text werden nicht nur inhaltliche und sprachliche Fragen geklärt, wichtiger ist es, hier die Eigenart dramatischer Texte zu erfassen: Während das Szenenfoto aus dem Programmheft, die Porträtaufnahme von Schauspielern, die Zeichnung der Bühne schon erste konkrete Vorstellungen vom Bühnengeschehen vermitteln, bleibt der gedruckte Text zunächst abstrakt. Er ist angewiesen auf die Vorstellungen seiner Leser und Leserinnen, auf ihre Inszenierungen im Kopf. Die drei Umsetzungsvarianten, die im Folgenden vorgestellt werden, können nacheinander oder modular in Ihren Unterricht einfließen. Die Lernenden machen den Text spielbar Der erste Arbeitsauftrag zielt darauf ab, bewusst zu machen, dass jedes Drama immer nur Ausschnitte aus der Realität der Figuren und ihrer Welt zeigt. Deshalb sollen die Schülerinnen und Schüler den Dramen-Haupttext, also das, was die Personen auf der Bühne sagen und was im Textheft steht, um weitere Szenen und um Neben- und Untertext ergänzen (die Unterscheidung verwendet Frommer in seinem Buch Lesen und Inszenieren (Stuttgart 1995)): Das Geschehen auf der Bühne besteht ja nicht nur aus den Redebeiträgen der Figuren, sondern auch aus deren Handlungen, Gesten, Bewegungen im Raum (= Nebentext, der zum Teil im Dramentext als Regieanweisung vorgegeben ist) und aus ihren Gedanken, Gefühlen und Redeabsichten, die aus der Figur erst eine leibhaftige Person machen (= Untertext). Der Dramentext ist also prinzipiell unfertig, er ist Partitur für eine erst zu entwerfende Aufführung. Von dieser Prämisse ausgehend erhalten die Schülerinnen und Schüler folgende Arbeitsaufträge: Lesen Sie die Szene I, 1 noch einmal aufmerksam durch. Welches Gespräch zwischen den beiden könnte der Szene vorausgehen? Was sagen sie, was tun sie, wo stehen oder bewegen sie sich auf der Bühne? Entwerfen Sie dieses Gespräch und die dazugehörigen Regieanweisungen in einer Schreibkonferenz. Dazu schreibt jedes Zweierteam zwei Redebeiträge am eigenen PC für Miller und seine Frau und rückt dann zum nächsten Arbeitsplatz weiter, um das Gespräch wiederum um zwei Redebeiträge pro Person fortzusetzen. Schreibkonferenz Bei der Methode der Schreibkonferenz werden die Schülerinnen und Schüler gezwungen, sich auf die Ideen der Vorgänger einzulassen. Die Gefahr, dass die Einfälle für das Gespräch schon nach wenigen Redebeiträgen versiegen, wird durch die jeweils neuen Impulse verringert. Hier wäre auch eine kritische Auseinandersetzung mit den fremden Beiträgen möglich, und zwar mit der Word-Funktion "Einfügen/Kommentar". Im Tandem: Sprechen über den Text Bei der zweiten Aufgabe bietet sich ebenfalls Partnerarbeit an. Die Schülerinnen und Schüler müssen dann ihre individuellen Konkretisierungen gleich mit dem Partner oder der Partnerin diskutieren und werden automatisch auf den Haupttext zurückverwiesen. Das Sprechen über den Text bekommt einen argumentativen Charakter - ein erster Ansatz zum Interpretieren. Unterrichtsgespräch Die Ergebnisse der Tandems werden anschließend gespeichert. Einige Vorschläge sollten - mittels Beamer - dem Plenum vorgestellt und miteinander verglichen werden. Dabei können im Unterrichtsgespräch die Formel "Drama = gesprochene Handlung" und der Begriff "Sprechakt" eingeführt werden. Wie bei allen produktionsorientierten Verfahren des Deutschunterrichts ist es wichtig, dass die Arbeit am Text reflektiert und in ihrer Bedeutung für das Textverstehen hinterfragt wird. Dies kann im Unterrichtsgespräch geschehen, aber auch in einem komplexen Schreibauftrag. Fassen Sie das Geschehen der Szene I, 1 für ein Theaterprogrammheft knapp zusammen. Berücksichtigen Sie dabei vor allem, dass das Drama "gesprochene Handlung" ist, das heißt, dass hinter der Rede der Figuren bestimmte Sprechabsichten stehen. Fügen Sie in Ihrer Textdatei zwischen den Szenen I, 1 und I, 2 einen farblich hervorgehobenen Monolog der Frau Miller ein, in dem diese laut über das vorangegangene Gespräch nachdenkt. Schreiben Sie aus der Rolle eines Theaterregisseurs eine genaue Rollenbeschreibung für die Figuren aus I, 1, die den Spielenden helfen soll, sich in ihre Rolle hineinzufinden. "Du bist jetzt Musikus Miller. Du führst mit deiner Frau ein Streitgespräch, in dem …" oder "Du bist jetzt Frau Miller. Dein Mann führt mit dir ein Gespräch über eure Tochter, in dem …" Nach diesem Einstieg in die Textarbeit haben die Schülerinnen und Schüler schon einige Umgangsformen mit dramatischen Texten kennen gelernt, die sie im weiteren Verlauf der Dramenlektüre selbstständig oder angeleitet wieder aufgreifen können. Interpretationsarbeit Nach Abschluss des Leseprozesses kann die eigentliche Interpretationsarbeit beginnen. Zurück zur Bühne Die letzte Phase der Unterrichtseinheit sollte wieder zum Text als Partitur für eine Bühnenaufführung zurückführen. Die Lernenden stellen Fragen... Die Schülerinnen und Schüler formulieren ihre Fragen an den Text. Daraus wird gemeinsam ein Programm für den Unterricht entwickelt. Auch die Lehrkraft kann hier ihre Fragen und Themen einbringen, um die fachwissenschaftliche Relevanz des Arbeitsprogramms zu sichern. ...und finden Antworten In der anschließenden Arbeitsphase dient der Computer zunächst vor allem als Medium der Recherche. Eine vorgegebene Linkliste kann die Arbeit erleichtern. Die Schüler und Schülerinnen erhalten - eventuell arbeitsteilig - den folgenden Untersuchungsauftrag. Die Beschreibungen zu den Links können Sie nach Belieben aus der RFT-Datei entfernen. Nach der ersten Sichtung, die ein überfliegendes, orientierendes Lesen trainiert, sollen die Schülerinnen und Schüler sich mit einer besonders interessanten Quelle intensiver auseinandersetzen. Je nach dargebotenem Material bieten sich folgende methodische Möglichkeiten an: Text der Website zusammenfassen. Text der Website mit der Programmfunktion "Autozusammenfassen" zusammenfassen, das Ergebnis dann kritisch reflektieren und den Nutzen dieser Funktion deuten. Fließtexte in tabellarische Texte oder Diagramme umformen (und umgekehrt), auch als Grundlage für ein Referat. Bilder kommentieren, als Anregung für eigene Gestaltungsversuche nutzen. eine Präsentation erstellen Durch die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Materialien bekommen die Schülerinnen und Schüler inhaltliche Interpretationsansätze für das Drama und schulen gleichzeitig ihre Methoden- und Medienkompetenz. Die Vielfalt der angebotenen Aufgaben ermöglicht Differenzierung und Individualisierung im Unterricht. Zusatzmotivation: Websiteproduktion Daraus ableiten lässt sich die Motivation, auch eigene Arbeiten ins Netz zu stellen. Alles, was im Laufe der Einheit von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet wurde, sowie Materialien, die bei der Recherche gefunden wurden, können in einem Internetprojekt gebündelt und über die Schulhomepage veröffentlicht werden. Zur einfachen Erstellung solcher Seiten bietet sich der Homepage-Generator von lo-net an. Diese Öffnung für die Öffentlichkeit zwingt zu genauem, korrektem und adressatengerechtem Arbeiten. Zusätzliches Schülerwissen nutzen Die umfangreichere technische Realisierung des Projekts erfordert technisches Know-how und vor allem Zeit außerhalb des Unterrichts - beides bringen aller Erfahrung nach einige besonders motivierte Schülerinnen und Schüler mit. Ein eigenes Theaterstück Die Schülerinnen und Schüler erhalten folgende Aufgabe: Erstellen Sie für eine Schüleraufführung eine Streichfassung von "Kabale und Liebe", indem Sie Textstellen streichen, die Ihrer Ansicht nach für die Inszenierung nicht wesentlich sind. Offline streichen, online sichern Bei dieser Aufgabe wird zunächst mit Textheft und Bleistift gearbeitet, bevor am Bildschirm die verkürzte Bühnenfassung erstellt wird. Dies geschieht (in Word) am besten mit der Funktion "hervorheben" oder durch Löschen der entsprechenden Textpassagen und "Extras: Änderungen verfolgen". Ziel des Arbeitsauftrags ist es, dass die Schülerinnen und Schüler sich bewusst machen, welche Funktion einzelne Szenen oder Szenenteile im direkten Kontext und im Gesamtzusammenhang der dramatischen Handlung haben. Lesekompetenz in der Gruppe fördern Auch hier bietet sich Gruppenarbeit an: Im Vergleich der verschiedenen Lösungsvorschläge entsteht ein echtes Interpretationsgespräch im Sinne einer Verständigung über das Verstehen von Literatur. Nach dem Lesekompetenz-Konzept von PISA wird hier das Reflektieren und Bewerten (Stufe V) gefordert, das auch deutschen Gymnasiasten schwer fällt. Parallelhandlung abstrahieren Alternativ oder erweiternd kann folgende Aufgabe vergeben werden: Stellen Sie die Szenen am Hof und die Szenen der bürgerlichen Welt zusammen. Entwerfen Sie jeweils eine knappe Parallelhandlung: Was passiert während der Hofszenen in der bürgerlichen Welt und umgekehrt? Bei dieser Aufgabe wird den Schülerinnen und Schülern die besondere Zeitstruktur von Bühnenhandlungen klar: Szenen, die auf der Bühne (und im Textheft) zwangsläufig nacheinander kommen müssen, laufen in der Realität zum Teil simultan ab. Die Reflexion dieser Einsicht kann wiederum zu interessanten Inszenierungsvorschlägen führen. Arbeit am Computer Auch hier kann am Computer gearbeitet werden: Für die Szenen der beiden Schauplätze wird eine zweispaltige Tabelle angelegt, in welche die entsprechenden Textpassagen eingefügt werden. In die jeweils frei bleibende Spalte wird die Parallelhandlung stichpunktartig eingetragen.

  • Deutsch / Kommunikation / Lesen & Schreiben
  • Sekundarstufe I

Digitale Textanalyse mittels ChatGPT und Voyant – Erkundung

Kopiervorlage / Video

„Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe.“ (Schiller, Kabale und Liebe, 1. Akt, 4. Szene) – „Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt. Gerettet alle. Nur einer fehlt!“ (Fontane, John Maynard) – „Was ich tat, das tat ich!“ (Lessing, Nathan der Weise, 5. Akt, 5. Szene). In diesem Material erfahren Sie, wie Sie die zitatzugehörigen und verwandte Werke digital basiert via ChatGPT und Voyant analysieren, visualisieren und damit als alternatives Format in Unterrichtseinheiten zur Textanalyse einbauen können. Das Material thematisiert digitale Textanalyse mit unterschiedlichen Herangehensweisen. Dazu wird zunächst eingeführt und die Anwendung ChatGPT und dessen Ausgaben hinsichtlich textanalytischer Fragen reflektiert. Dabei sollen die Möglichkeiten und die Risiken des Algorithmus' in diesem Anwendungsfeld aufgezeigt werden. Wo ChatGPT an seine Grenzen stößt, lassen sich aber andere Tools nutzen. Im Video wird exemplarisch auf die Anwendung Voyant eingegangen, ein ursprünglich in der Korpuslinguistik entwickeltes Instrument. Schritt für Schritt wird deshalb gezeigt, wie Textdateien zur Analyse genutzt werden können. Am Beispiel des Deutschen Textarchivs und des Werkes "Kabale und Liebe" wird sodann die Implementierung in Voyant demonstriert. Die wichtigsten Funktionen und Optionen im Tool werden weiterhin gezeigt, Visualisierungen des Textes, Frequenzmodelle und Netzwerke werden vorgestellt. Die Anwendung ersetzt nicht das Lesen von Texten, kann aber einen digital basierten, statistischen und visuellen Überblick über Werke geben. Vor- und Nachteile können anschließend direkt mit Schülerinnen und Schülern diskutiert werden. In einem Arbeitsmaterial werden mögliche Schritte für die Durchführung einer oder mehrerer Unterrichtseinheiten zum Thema gegeben. Zudem finden sich hier weiterführende Verlinkungen zu Informationsmaterialien. Ein Vordruck für ein Arbeitsblatt für Schülerinnen und Schüler ist beigelegt. Dieser kann an den entsprechenden Leerstellen mit einem oder mehreren konkreten Werken gefüllt werden. Die übergeordneten Ziele sind: digitale Kompetenzen zu erwerben und mit fachbezogenem Wissen zu verknüpfen, individuelle und themenrelevante Lernumgebungen für Schülerinnen und Schüler zu schaffen, innovative und digital angereicherte Lehrkonzepte umzusetzen. Im Arbeitsmaterial befinden sich: ein Video, welches die Anwendung ChatGPT, das Deutsche Textarchiv und Voyant Tools thematisiert und in deren Nutzbarkeit demonstriert. Schritt für Schritt wird die Interaktion mit den Programmen dargestellt, ein Arbeitsmaterial, das zur Strukturierung für Unterrichtseinheiten mit dieser Thematik genutzt werden kann, ein individualisierbares Arbeitsblatt für Lernende, die die Tools anwenden und ausprobieren sollen. Das Material ist in erster Linie für Lehrende gedacht, die die Anwendungen kennen- und nutzen lernen wollen. Werden sie in die Lehre eingebettet, lassen sich die folgenden Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern evozieren. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erlernen ein fachliches Thema auf kreative und künstlerische Art und Weise. verknüpfen Theorie und Praxis miteinander und schaffen so eigene Relevanzen für Wissen. verbinden Lese- und Interpretationskompetenzen mit digitalen, analytischen Werkzeugen. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können digitale Anwendungen nutzen und einsetzen. lernen digitale Tools zu reflektieren. entwickeln digital basierte Herangehensweisen und erproben individuelle Lösungsstrategien. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten allein oder im Team Aufgabenstellungen, präsentieren Lösungen und können diese in der Gruppe wertschätzend reflektieren. testen Strategien zur Erkundung von digitalem Wissen, können diese aber auch in einem Diskurs kritisch hinterfragen. Digitale Textanalyse mittels ChatGPT und Voyant – Erkundung

  • Deutsch / Kommunikation / Lesen & Schreiben
  • Sekundarstufe II

Wortwolken im Unterricht einsetzen

Fachartikel

In diesem Artikel stellen wir diverse kostenfreie Tools vor, mit denen sich Wort-Wolken erstellen lassen. Anlehnend an die aus Weblogs bekannten Tag-Wolken sind sie in der Lage, eine eigenständig zu erstellende Sammlung von Worten grafisch aufzubereiten und optisch ansprechend darzustellen. Mithilfe von Wort-Wolken lassen sich in einem ansprechenden Format schnell Ideen zu jedem beliebigen Thema sammeln. Je nach Anzahl der Nennungen bilden die Wort-Wolken-Tools die gesammelten Begriffe größer oder weniger groß ab. So kann man schnell erkennen, welche Begriffe häufig genannt wurden und dementsprechend von besonderer Bedeutung sind. Wort-Wolken-Tools im Unterricht Die Tools mentimeter , AnswerGarden , der Wortwolkengenerator von kits.blog oder wortwolken.com können sehr gut im Unterricht eingesetzt werden. Sie sind alle kostenfrei, lediglich bei der Nutzung von mentimeter muss sich die Erstellerin oder der Ersteller der Wort-Wolke anmelden. Dafür sieht die erstellte Wort-Wolke allerdings nicht nur besonders schön aus, die Teilnehmenden können sich auch mit einem Zahlen- oder QR-Code eigenständig an der Erstellung der Wort-Wolke beteiligen. Ganz ähnlich funktioniert auch AnswerGarden. Alle, die etwas zur Wort-Sammlung beitragen wollen, können über einen Link oder einen QR-Code darauf zugreifen. Beide Tools zeichnen sich dadurch aus, dass sie intuitiv und einfach zu gebrauchen sind, keinerlei Vorkenntnisse oder technische Fertigkeiten erfordern. Ein wenig anders ist die Website wortwolken.com aufgebaut. Ohne Anmeldung kann man auch hier schnell eine Wort-Wolke erstellen. Dabei ist es sowohl möglich, einzelne Begriffe und deren Häufigkeit einzutragen, als auch einen ganzen Text einzugeben und ihn nach am häufigsten vorkommenden Begriffen durchsuchen zu lassen. Im Gegensatz zu den anderen beiden Programmen bietet dieses nicht die Möglichkeit, die Wort-Wolke kollaborativ zu erstellen. Hier muss eine Person alle gewünschten Begriffe eintragen. Dies kann sowohl Vorteil als auch Nachteil sein. Natürlich dauert es ein wenig länger, die Lernenden zunächst Begriffe sammeln zu lassen und diese dann allein in die Wort-Wolke einzutragen, allerdings können Sie hier auch kontrollieren, dass in der Wort-Wolke keine Schimpfwörter oder Beleidigungen abgebildet werden. Auf wortwolken.com können Sie die Wort-Wolke darüber hinaus noch an ihre ästhetischen Vorlieben anpassen. Sowohl die Farben, als auch die Schriftart und der Umriss der Wort-Wolke kann individuell gewählt werden. Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht Fremdsprachen-Unterricht Ein Sonderfall sind sicher die (Fremd-)Sprachen, die von Natur aus viel mit Worten umgehen. Beispielsweise kann man den Schülerinnen und Schülern auftragen, im laufenden Unterricht Vokabeln zu sammeln, die sie nicht verstanden haben. Ähnliches lässt sich für eine Lektüre vorstellen: Die Lernenden lesen einen Text und sammeln online die Vokabeln, die ihnen das Textverständnis erschweren. Häufige Nennungen werden in den Wort-Wolken hervorgehoben. Deutsch-Unterricht Im Deutsch-Unterricht ließe sich ein Szenario zur Sammlung von Reimworten ermitteln. Unter der Vorgabe eines Ausgangswortes können die Schülerinnen und Schüler Reime sammeln, die zum einen hübsch aufbereitet werden und zum anderen nach Häufigkeit ihrer Nennung dargestellt werden. Diese Wort-Wolke kann dann wieder als Ausgangspunkt für eigene Gedicht-Produktionen dienen. Ein weiteres Beispiel ist die Charakterisierung einer Dramenfigur. Die Schülerinnen und Schüler können zum Beispiel Eigenschaften von Luise aus "Kabale und Liebe" sammeln und dann in einer gemeinsamen Wortwolken-Auswertung nach auffälligen Häufungen oder aber treffenden Einzeläußerungen schauen. Feedback-Werkzeug Im Gegensatz zur klassischen Abfrage "Was habt ihr nicht verstanden?" verschwinden einzelne Lernende bei der Nutzung von Wort-Wolken-Tools in der Gruppe und müssen sich nicht "outen". Zugleich bekommen sie unmittelbar eine Rückmeldung, ob die nicht gewussten Begriffe auch den Mitschülerinnen und Mitschülern unbekannt sind. Wenn die eigenen Worte eher klein geschrieben sind, ist dies ein Hinweis darauf, dass es nur wenige Mitschülerinnen und Mitschüler gibt, denen die Vokabel ebenfalls unbekannt ist. Dies kann eigenverantwortliches Lernen unterstützen, indem Lernende selbst erkennen, wo ihre Schwächen liegen und wie diese im Vergleich mit ihren Klassenkameradinnen und Klassenkameraden einzuordnen sind. Darüber hinaus lassen sich die Tools auch in anderen Brainstorming-Situationen einsetzen: das Ziel der nächsten Klassenfahrt oder die Auswahl des nächsten Jugendbuches für die Klassenlektüre. Überall dort, wo es darum geht, freie Assoziationen oder Ideensammlungen mehrerer Personen zu bündeln und nicht nach dem üblichen Reihum-Vorstellen von Vorschlägen vorzugehen, können Wortwolken-Tools eine einfache und schnelle Unterstützung sein. Letztlich können sie eine ansprechende Alternative zur klassischen MindMap darstellen.

  • Informatik / Wirtschaftsinformatik / Computer, Internet & Co. / Informationstechnik / Pädagogik
  • Primarstufe, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Berufliche Bildung, Spezieller Förderbedarf

Lessings "Emilia Galotti" genau lesen

Unterrichtseinheit

Dieses Unterrichtsmaterial zeigt, wie bei der Lektüre von "Emilia Galotti" zunächst von den Irritationen, Fragen und Deutungen der Schülerinnen und Schüler ausgegangen werden kann, bevor der Lese- und Deutungsprozess durch didaktische Entscheidungen beeinflusst wird. Im Zentrum der Unterrichtseinheit steht die in "Literarischen Gesprächen" immer wieder von den Lesenden formulierte Frage: "Warum muss Emilia sterben?".Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit zu Lessings Drama "Emilia Galotti" konkretisiert ein literaturdidaktisches Modell , das darauf abzielt, literarische Texte "genau" und auf die Reaktionen der Leserinnen und Leser hörend zu lesen. Anmerkungen zur Unterrichtseinheit "Lessings 'Emilia Galotti' genau lesen" Hier finden Sie ausführliche Anmerkungen zur Didaktik und den ausgewählten Arbeitsmethoden in der Unterrichtseinheit. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler nutzen die Einsicht in die Vorläufigkeit ihrer Verstehensentwürfe zur kontinuierlichen Überarbeitung ihrer Hypothesen, indem sie im Einstieg die Uneindeutigkeit oder Fragwürdigkeit ihrer Hypothesen erkennen und dabei Verstehensbarrieren identifizieren und sie zum Anlass eines textnahen Lesens nehmen. entwickeln eigenständig ein Textverständnis, in das sie persönliche Lese-Erfahrungen und alternative Lesarten des Textes einbeziehen und auf der Basis eigener Analyse-Ergebnisse begründen, indem sie Schlussfolgerungen aus der Analyse herleiten, darstellen und begründen. beziehen in ihre Erörterung der in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitserfahrungen geistes-, kultur- und sozialgeschichtliche Entwicklungen ein. ermitteln diachrone und synchrone Zusammenhänge zwischen literarischen Texten und stellen Bezüge zu weiteren Kontexten her. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können Kenntnisse wissenschaftlicher Sekundärtexte, philosophischer Schriften und historischer Abhandlungen in die Kontextualisierung literarischer Werke einbeziehen. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler können die in literarischen Werken enthaltenen Herausforderungen und Fremdheitserfahrungen kritisch zu eigenen Wertvorstellungen, Welt- und Selbstkonzepten in Beziehung setzen, indem sie in der Auseinandersetzung mit den Ergebnissen die Diskrepanz zwischen fiktionaler Realität und eigener Erwartung sowie eines eigenen moralischen Maßstabs als Kluft erkennen, was ihnen Aufschluss sowohl über eine fremde als auch die eigene Welt gibt und beide so in ihrem Wahrheitsanspruch relativieren kann. Konkretisierung eines literaturdidaktischen Modells Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit zu Lessings Drama "Emilia Galotti" veranschaulicht ein literaturdidaktisches Modell , das darauf abzielt, literarische Texte "genau" und auf die Reaktionen der Leserinnen und Leser hörend zu lesen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auch darauf gelegt, mit Fachbegriffen eine literaturdidaktische "Fachsprache" und damit eine fundierte Fachlichkeit des Unterrichts zu entwickeln. "Genaues Lesen" bedeutet, einen "befremdlichen Text" zu lesen, um Fragen zu sammeln Unter "genauem Lesen" wird verstanden, zunächst die Fragen, Deutungen und Reaktionen zu sammeln, die der literarische Text beim Lesen aufwirft, bevor der Lese- und Deutungsprozess durch didaktische Entscheidungen beeinflusst wird. Es sollen sich zunächst keine didaktischen Vorentscheidungen zwischen den Text und die Lesenden stellen. Stattdessen soll der Text zunächst unbefangen gelesen werden können. Das Ziel des genauen Lesens ist es, einen als schwer verstehbar und als irritierend betrachteten Text zu untersuchen, um das Nicht-Verstandene (Lösener und Siebauer 2011, 53), Rätselhafte (Adorno), Befremdliche und Fragliche zu artikulieren, zu sammeln und zu strukturieren. Das Fragliche und Irritierende am literarischen Text soll anschließend in drei Schritten durch ein genaues Lesen des Textes bearbeitet werden. Das Lernen am literarischen Text aus der Sicht der Lernenden gestalten Damit ist in dem Modell realisiert, was auch Hattie sinnvollerweise fordert: Das Lernen - hier das Lernen an literarischen Texten - wird aus der Sicht der Lernenden betrachtet (Hattie 2014, 84). So gerät der Lernprozess in den Fokus und die Schülerinnen und Schüler erfahren in einem solchen Unterrichtssetting durch die Lehrkraft eine entwicklungsorientierte Anerkennung als zur Mitsprache berechtigte Laien: "Das, was als 'Sache' im Unterricht zur Geltung kommt, steht nicht schon im Voraus fest, sondern entsteht im Zusammenspiel von Schüler- und Lehrer-Beiträgen; die Vorgehensweise ist problemorientiert und individualisierend" (Hericks 2007, 11). Die Lernenden werden so als Laien "anerkannt", die fachlich partizipations- und entwicklungsfähig sind. Hericks spricht hier von einer "entwicklungsorientierten Anerkennung" und geht davon aus, "dass die Schülerinnen und Schüler gerade aus der Position und Perspektive des Laien heraus wesentliche Beiträge in die fachbezogene Unterrichtskommunikation einbringen, die Bedeutung der Sache mit konstituieren und in diesem Sinne am Fach partizipieren" (Hericks 2007, 11f.). Eine "Krise des Verstehens" und das "Staunen über das bislang Unbegriffene" (Gruschka 2015, 11) wird so zum Ausgangspunkt der Arbeit am literarischen Text. Durch die Abfolge von "textimmanenter", "kontextbezogener" und "rezeptionsbezogener" Lektüre (die Dreigliedrigkeit sollte den Schülerinnen und Schülern als Modell erläutert werden), wird die Textinterpretation in einem wissenschaftspropädeutischem Vorgehen in drei Schritten fundiert. Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit skizziert dabei ein Vorgehen, durch das ein Mindestniveau an Text-Verstehen erreicht werden kann. Bei Bedarf können weitere Aspekte hinzugefügt und so ausführlicher erarbeitet werden. Exemplarisches Arbeiten an einer Kernfrage Die auf eine befremdliche Lese-Erfahrung bezogene Frage, die in der vorliegenden Unterrichtseinheit die Kernfrage bildet, lautet "Warum muss Emilia sterben?". Demnach handelt es sich um eine Einheit, die nicht beansprucht, Emilia Galotti umfassend behandelt zu haben. Da dies mit kanonisierten Texten allerdings ohnehin kaum möglich ist, versteht die Einheit sich auch als Modell eines Vorgehens, das sich bewusst für das exemplarische Arbeiten entscheidet und dabei eher in die Tiefe als in die Breite geht. Die textimmanente Analyse Eine auf diese Frage bezogene textimmanente Analyse verdeutlicht zunächst, dass Odoardo als Vater an der Unschuld seiner Tochter zweifelt und ihren (Selbst-)Wert an ihrer Unschuld misst. Aus der Analyse des fünften Aktes, speziell der Szenen 5 bis 7, ergibt sich, dass Emilia sterben muss, weil sie sich ihrer Verführbarkeit und ihres Begehrens bewusst wird, was sie als Gewalterfahrung empfindet: "Verführung", so erkennt sie, ist für sie "die wahre Gewalt". In ihren Augen ist sie nunmehr "für nichts gut" und will deshalb lieber sterben als die "Gewalt" ihrer Verführbarkeit hinzunehmen. Ihr Todeswunsch ergibt sich aus Werten, die Emilia verinnerlicht hat. Verführbar ist sie sich und ihrem Vater nichts mehr wert. Insofern muss sie sterben, weil sie in ihren und seinen Augen als Tochter versagt, weil sie es letztlich "nicht wert ist, was ich (Odoardo) für sie tun will": Emilias Tötung ergibt sich für Odoardo als Notwendigkeit, die er aus ihrer Verführbarkeit herleitet. Nur wenn sie sich als unschuldig erweist, scheint sie ihm (und sich) etwas wert zu sein. Sie selbst hat dies so sehr verinnerlicht, dass sie in dem Moment, in dem sie erkennt, dass sie verführbar ist, zugleich erkennt, dass sie deshalb nicht wert ist, weiter zu leben. Die Frage "Warum muss Emilia sterben?" wird somit durch die immanente Textanalyse, die sich bei der Beantwortung der Frage an nichts anderem als an der "Textstruktur" und damit an der "Text-Intention" orientiert, wie folgt beantwortet: Emilia muss sterben, weil sie sich als verführbar erkennt, sie ist es "nicht wert", sie verwundet so als Tochter ihren Vater "am tödlichsten" (II,5) und dafür will und muss sie sterben. Die kontextbezogene Analyse In der kontextbezogenen Analysearbeit wird deutlich, dass der Zweifel des Vaters der Zweifel eines bürgerlichen Vaters ist. Der Todeswunsch der Tochter wiederum ist Ausdruck einer Verzweiflung angesichts der extrem eingeengten Lebensperspektive für Emilia als bürgerliche Frau der Aufklärungsepoche: Für ihr Begehren ist in der bürgerlichen Gesellschaft, die auf die feudale folgt, kein Platz mehr. Literatur, so zeigt sich hier, lässt Sachverhalte erahnen, die so von ihren Zeitgenossen noch nicht klar gedacht werden können. Sie hat ein "besonderes Erkenntnispotential". Dies zeigt sich, wenn der literarische Text im Kontext neuerer sozialwissenschaftlicher Forschung über das Geschlechterverhältnis im 18. Jahrhundert gelesen wird: Tugend wird identisch mit weiblicher Unschuld. Inge Stephan geht von einer "Verschiebung bzw. Verengung des Tugendbegriffs" innerhalb der Aufklärung aus: "Tugend wird immer stärker identisch gedacht mit weiblicher Unschuld" (Stephan 1987, 361), nachdem sie, so Stephan, in der Frühaufklärung vor allem als Eigenschaft galt, "die vor allem durch Vernunft definiert war und auf Wissen zielte und ohne ein Mindestmaß an Bildung nicht auskommen konnte" (ebenda). Stephan sieht in dieser Entwicklung die ideologische Brechung der Selbstständigkeit der Frau und die Begründung der Herrschaft des Mannes, beides notwendig geworden dadurch, dass die "Macht des Vaters ... in den Triebfedern der stürmisch vorandrängenden gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung zerrieben zu werden drohte ... (und) neu begründet und legitimiert" werden musste. "Ökonomisch und gesellschaftlich gesehen wurde der Bürger zusehends ein kleines Rädchen in einer großen Maschinerie ... Als Oberhaupt in der Familie erhielt er eine Entschädigung für die reale Einbuße an Bedeutung" (362). In diesem Zusammenhang wird dann auch der Wert der Tugend für Odoardo und alle anderen bürgerlichen Väter der Aufklärung deutlich: "Während sie in der Frühaufklärung eine gesellschaftlich gefasste Eigenschaft war, die für Männer und Frauen gleichermaßen gefordert wurde, wird sie nun zunehmend verengt zu einer moralischen Kategorie" (363). Stephan weist nach, dass sich in den bürgerlichen Trauerspielen im Tod der Töchter das manifestiert, was Adorno als Dialektik der Aufklärung und sie als "Gespenstischwerden der Tugend" bezeichnet: "Es tritt jene Dialektik zutage, die Horkheimer und Adorno in anderem Zusammenhang als Wesen der Aufklärung beschrieben haben. Die Tugend-Vorstellung ist lebensnotwendig als ideologische Basis, auf der sich die Emanzipation des Bürgertums vollziehen konnte und sie ist - konsequent angewendet - ein terroristisches Instrument, das Angst und Schrecken verbreitet und die Körper von ihren Sinnen trennt" (Stephan 1986, 373). Emilia Galotti zeigt auf, was geschieht, wenn das "Andere", das "Unvernünftige" und "Irrationale" und die menschlichen Regungen verdrängt werden: Sie verdichten sich "gerade durch ihre Verdrängung zu einem bedrohlichen Bereich" (Slessarev 1986, 347). Das Befremden angesichts dieser inneren Text-Struktur oder Text-Intention, die "Rätselhaftigkeit" (Adorno) des Textes, wird in einer kontextbezogenen Textanalyse insofern aufgelöst, als dass Emilias Lebensperspektive historisch und soziologisch im Kontext des zeitgenössischen Frauenbildes verstehbar wird. Im Konflikt zwischen einem rigide tugendhaften Vater und einer nicht unschuldigen, weil verführbaren Tochter können die Schülerinnen und Schüler durch die Kontextualisierung einen anderen Konflikt erkennen: Der zwischen einem Vater und Tochter, die beide die typischen Züge ihrer Zeit tragen. Emilias Schicksal wird so sozial-historisch präzise bestimmbar: Odoardos Haltung wird verstehbar als die eines "Sozialcharakters" des "modernen" Bürgertums des 18. Jahrhunderts. Hier vollzieht sich eine Trennung von Familienleben und öffentlichem Leben, was auch "zu dem heute beklagten Mangel an politischem Engagement" (Slessarev 1986, 347) führte. Es sind vor allem die der Deutungslogik einer feministischen Literaturwissenschaft verpflichteten Studien, die auf diesen Aspekt hinweisen: Inge Stephan zeigt, dass die töchterliche Tugend in der bürgerlichen Familie im 18. Jahrhundert vor allem deshalb so wertvoll ist, weil sie "ein materielles Gut ist. Tatsächlich bemessen sich die Heiratschancen der Töchter danach, ob sie noch virgo intacta ist oder nicht. Von daher hat der Vater natürlich ein existentielles Interesse daran, die Unschuld der Töchter gegen Verführung abzuschirmen" (Stephan 1986, 368). Die ideologische Basis der Emanzipation einer gesellschaftlichen Gruppe oder Klasse, des Bürgertums, ist paradoxerweise die Unterdrückung einer anderen Gruppe: der bürgerlichen Frau, oder genauer deren Töchter. Die töchterliche Unversehrtheit wird in Widersprüchlichkeit zum bürgerlichen Emanzipationsdiskurs zu einem "terroristischen Instrument, das die Körper von ihren Sinnen trennt" (Stephan 1986, 373). Stephan zeigt auch, welches Frauenbild die Konsequenz einer solchen Ideologie ist: "Hinter der Tugend lauert jene Sinnlichkeit, die in dem Diskurs ... gebannt werden soll. In der bangen Frage 'Wenn sie nicht mehr rein ist?', die Ferdinand sich in 'Kabale und Liebe' stellt, steckt ein tiefes Mißtrauen" (364) gegen alle Frauen. Ladj-Teichmann (1986) zeigt, wie sich das Weiblichkeitsbild im Verlauf des 18. Jahrhunderts "so stark (verengt), dass zu Beginn des 19.Jahrhunderts eine von der 'weiblichen Bestimmung' abweichende Frau - etwa eine wissenschaftlich oder künstlerisch tätige - kaum noch tolerierbar war" (341). Es gibt für Emilia, einmal mit dem Erkennen ihrer Verführbarkeit konfrontiert, keine Lebensperspektive mehr. Ihr Tod erscheint so als Konsequenz der für bürgerliche Frauen ihrer Zeit typischen, entrechteten Lebenslage. Die rezeptionsbezogene Deutung Eine rezeptionsbezogene Deutung bricht diese gewonnenen Gewissheiten wieder auf und rekonstruiert den Rätselcharakter des literarischen Kunstwerkes, wenn die Lesenden neue Fragen stellen oder auffinden und diesen anhand von unterschiedlichen Text-Deutungen nachgehen. Die Frage "Was wollte Lessing?" eröffnet die Möglichkeit, den Unterschied zwischen einer "Textintention" (Eco, zititiert nach Kammler 2010, 227), die sich aus der "Textstruktur" ergibt und in die beim Schreiben des Textes kulturelle und unbewusste Einflüsse - hier die frauenfeindlichen Aspekte der bürgerlichen Aufklärung - bedeutungsstiftend eingegangen sind, und einer als möglich oder wahrscheinlich anzunehmenden und imaginativ rekonstruierbaren Aussageabsicht des Autors als Subjekt (Hirsch 1972, 298), der "Autorintention", zu erarbeiten. Neue Fragen werden nun aufgeworfen: Wollte Lessing auf die Entrechtung der Frau hinweisen? Ober gibt es einen Unterschied zwischen "Autorintention" und "Textintention"? Wenn ja, wie kann man diesen Unterschied erklären? Was dachte Lessing über die soziale Stellung der Frau? Was war seine Haltung gegenüber dem Absolutismus, der offenkundig kritisiert wird? Wie genau lautet seine politische Kritik am Absolutismus? Wieso lesen unterschiedliche Literaturwissenschaftler den gleichen Text anders? Mit den Interpretationen von Otto Mann und Horst Steinmetz werden Deutungen vorgelegt, an denen zu problematisierende Deutungslogiken gezeigt werden können. Diese Logik besteht darin, über die innere Struktur des Textes und seines Kontextes hinweg scheinbar überzeitlich gültige Wahrheiten zu postulieren, die dieser dann in einem projektiv-aneignenden (Tepe, Rauter und Semlow 2017, 5) Umgang mit dem Text übergestülpt werden. Der Text und seine Lektüre werden benutzt, um Thesen, die vor dem Lesen des Textes schon feststehen, zu untermauern. Einer politischen (sei es nun demokratischen oder sozialistischen) Deutung widerspricht Lange (1983) in einer letztlich rätselhaft bleibenden Analyse. Für ihn zeigt sich in Emilia Galotti ausdrücklich kein Protest gegen den Missbrauch von Macht, sondern eine Anerkennung eines "paternalistischen Ordnungssystems", das sich in moralischem Handeln ausdrücke. Offen bleibt die Frage, wieso Lange die Immoralität des Mordes an Appiani und Emilia und die Immoralität ihrer Unterdrückung übersieht. Otto Mann (1948) glaubt im Drama vor allem menschliche Eigenschaften wiederzuerkennen: "die Anmut der Frau", "die weibliche Schwäche", eine "menschliche Kraft", die darin bestände, "unserer Schwäche" zwar nicht entfliehen zu können, aber sie doch in uns zu entdecken. Wenn er von Emilias "weiblicher Schwäche" spricht, so kann hier die Kontinuität der bürgerlichen Abwertung der Frau als das schwache Geschlecht erkannt werden. Es ist diese angebliche Schwäche der Frauen, die Emilia für Mann offenbar wieder bewundernswert macht. Eine solche Schwäche der Frauen und des Menschen an sich vermag eine genaue Lektüre des Textes jedoch nicht zu bestätigen. Emilia erweist sich als schwach und stark zugleich. Auch ihre Mutter zeigt Stärke, wenn sie dem Tugend-Wahn ihres Mannes widersteht und weiter in der Stadt in der Nähe des Hofes lebt. Odoardo ist in seiner rigorosen Tugendhaftigkeit stark und schwach zugleich, Appiani stark in seiner konsequenten Absage an die höfische Lebenswelt. In der Interpretation von Steinmetz zeigt sich die problematische Konsequenz einer Deutungslogik, die sowohl von einer genauen Lektüre als auch von einer kontextbezogenen Lektüre absieht und stattdessen ewige Gesetzmäßigkeiten annimmt, denen der Mensch zu allen Zeiten unterworfen sei. Steinmetz geht davon aus, dass "alle Vorhaben und Taten aller Gestalten" misslängen und zieht hieraus den Schluss, dass ein "Gefängnis der Kausalität von Fehlhandlungen" zum Tod Emilias führte. Er weist eine einseitig negative Deutung von Emilias Tod zurück und verweist darauf, dass ihr Tod "das Gefängnis der Kausalität" aufbreche. Diese These ist in höchstem Maße problematisch. Steinmetz übersieht, dass es Orsina nur misslingt, die Gunst des Prinzen zurückzugewinnen. Ihr gelingt es aber durchaus, Odoardo für ihre Zwecke zu radikalisieren, um den Prinzen anzugreifen. Auch kann über den Prinzen von Guastalla kaum gesagt werden, dass sein Handeln misslingt. Er kann Emilia zwar nicht verführen, aber er verstrickt sich nicht in ein "unentwirrbares Kausalitätsgeflecht", sondern in das Geflecht eines unmoralischen Machtmissbrauchs. Auch kann nicht von einem ausweglosen Kreis deterministischer Verstrickungen gesprochen werden. Es ist Odoardos Misstrauen gegen seine Frau und seine Tochter, es ist die rigoristische Tugend-Moral, die die beiden Frauen daran hindert, den Männern von der Begegnung zwischen dem Prinzen und Emilia zu erzählen. Und es ist Odoardos Ohnmacht gegenüber dem Prinzen, der ihn dazu veranlasst, seine Tochter zu töten und nicht den Prinzen, was ja prinzipiell möglich gewesen wäre. Steinmetz interpretiert Emilias Tod als ein positives Ende, "das das Gefängnis der Kausalität aufbricht und menschliche Würde und Unabhängigkeit wiederherstellt". Emilia gewinne mit der Einsicht, dass auch sie verführbar sei, "Freiheit, Tugend und Würde". Ein Selbstmord aus Angst vor natürlichen Trieb-Regungen, die in Widerspruch zu lust- und frauenfeindlichen gesellschaftlichen Normen geraten, wird hier zu einem Akt der Befreiung verklärt. Wie kann aber, so muss gefragt werden, "Freiheit, Tugend und Würde" bewahrt werden, wenn das Subjekt diese Befreiung nicht mehr lebt? Die Ordnung, für die Emilia stirbt, wird bei Steinmetz zum Selbstzweck, ebenso Selbstzweck wie der absolutistische Despotismus, der sich in der Figur des Prinzen verkörpert. Heinrich Mann (1931) wirft keinen kritischen Blick auf die bürgerliche Familie und ihre Ideale, sondern charakterisiert die Tat Odoardos als verzweifelte, aber - in der Zeit - realistische und notwendig erscheinende Darstellung der Machtlosigkeit des deutschen Bürgertums gegenüber den mächtigen Fürsten. Löwenthal (1955/56) steht mit Werner (1984), Mehring (1894) und Rilla (1954) für jene, die in Lessings Stück eine demokratische politische Botschaft erkennen. Ihnen zufolge weckt Emilia Galotti in den Zuschauern das Gefühl für die "Unmöglichkeit des despotischen Systems". Sie lesen Emilia Galotti als demokratisches und/oder sozialistisches Drama, als Vorschein einer Befreiung der Menschen aus Herrschaft und Unmündigkeit. Rilla stellt fest, dass die bürgerliche Entwicklung über dieses Gefühl hinaus der despotischen Herrschaft nicht genug entgegengesetzt habe. Dies ist bei ihm ein Appell, diesen Fehler nicht mehr zu wiederholen und sich mit Entschlusskraft für eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft zu engagieren. Damit drückt er das Selbstverständnis der DDR-Literaturwissenschaft aus, die durch Textanalysen versuchte, in der deutschen Literatur eine demokratisch-sozialistische Tradition zu entdecken, welche aus seiner Perspektive nur in der DDR zu einem erfolgreichen Ende geführt werden konnte. Rilla wiederum zitiert den preußischen König, der einem Ohrenzeugen zufolge Emilias "Beschränktheit" (und weitere die Protagonisten auszeichnende menschliche Schwächen) als Erklärung für ihren Tod sieht - sicher eine provozierende, aber möglicherweise auch in den Augen heutiger junger Leser und Leserinnen keine ganz abwegige Deutung, wenn man klärt, wie "Beschränktheit" beispielsweise zu verstehen ist - und woher sie kommt. Deutlich wird hier aber auch, wie die Perspektive des Hochadels die Analyse beeinflusst: An dem ihm unterworfenen und abhängigen Bürgertum kann dieser aus Interesse am Fortbestand der eigenen Macht folgerichtig nur das Schwache und Lächerliche erkennen. Literatur, so wird durch die Analyse der unterschiedlichen Rezeptionen deutlich, wird äußerst unterschiedlich gelesen und interpretiert. Sie ist bis zu einem gewissen Punkt bedeutungsoffen, das heißt sie hat für unterschiedliche Leserinnen und Leser unterschiedliche Bedeutungen. Die Art und Weise der Bedeutungskonstruktion hängt von der Weltsicht und den Interessen der Leserinnen und Leser ab. Männliche Literaturwissenschaftler, die der politischen Linken nahestehen und sich wie Löwenthal für die Demokratisierung einer pluralistischen offenen Gesellschaft oder wie Rilla und Werner für den Sozialismus in der DDR engagieren, deuten literarische Texte anders als Literaturwissenschaftlerinnen, die von feministischen Fragestellungen ausgehen und nach Spuren der Unterdrückung der Frau in der Geschichte forschen. Die Schülerinnen und Schüler erkennen auch, dass die Bedeutungsoffenheit Grenzen hat. Es gibt Deutungen, die durch das genaue Lesen eines Textes nachweisbar als falsch und textfern bezeichnet werden können. Welche Erkenntnis ermöglicht Literatur als Kunstform? Durch die rezeptionsbezogene und im Anschluss daran durch eine literaturtheoretisch fundierte abschließende Auseinandersetzung mit der Frage, welche Erkenntnis gerade Literatur ermöglicht, erkennen die Schülerinnen und Schüler ein Merkmal der Logik literaturwissenschaftlicher Bedeutungsbildung (Fingerhut 1994): Die Suche nach der Bedeutung eines Textes ist abhängig von Epochenzugehörigkeit, Interessen und sozialen Perspektiven der Leserinnen und Leser und kann deshalb nie als abgeschlossen gelten. Dies wäre wohl eine von mehreren möglichen Antworten auf die Frage, die nach Gruschka als Mindestniveau im Kunst- und Literaturunterricht zu stellen und zu beantworten wäre: "Welche Erkenntnis ermöglicht Literatur als Kunstform?" (Gruschka 2015, 44).

  • Deutsch / Kommunikation / Lesen & Schreiben
  • Sekundarstufe II
ANZEIGE
Premium-Banner