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Sexting und Cybergrooming als Thema in Schule und Unterricht

Fachartikel

Dieser Fachartikel beantwortet Fragen rund um die Themen Sexting und Cybergrooming und gibt Lehrkräften Tipps, wie sie Jugendliche in Schule und Unterricht über diese beiden Internet-Phänomene aufklären können. Was versteht man unter "Sexting" und "Cybergrooming"? Was kann ich als Lehrkraft tun, wenn ein Sexting-Fall in meiner Klasse auftritt, und wie können Schulen generell aufklären? Diese und weitere Fragen hat uns Lea Römer von JUUUPORT beantwortet. JUUUPORT ist eine bundesweite Beratungsplattform, auf der Jugendliche Hilfe zu Internet-Themen wie Cybermobbing, Abzocke und Datensicherheit finden. Sexting und Cybergrooming sind zwei Begriffe, die man heutzutage immer wieder hört, wenn es um die Internetnutzung von Jugendlichen geht. Was versteht man unter diesen beiden Begriffen? Sexting ist eine Wortbildung aus "Sex" und "Texting" und beschreibt das freiwillige Versenden und Empfangen selbstproduzierter, freizügiger Aufnahmen via Computer oder Smartphone. Es ist eine sexuelle Handlung, die online stattfindet. Somit meint dieser Begriff erst einmal nichts Negatives. Problematisch wird es erst, wenn das verschickte intime Bild von der Empfängerin oder dem Empfänger zum Beispiel unerlaubt weiterverbreitet oder die Absendenden mit dem Bild unter Druck gesetzt werden. Cybergrooming meint dagegen die sexuelle Anmache im Internet. Meist sind es Erwachsene mit sexuellem Interesse an Kindern oder Jugendlichen, die versuchen, in Chats oder sozialen Netzwerken das Vertrauen zu diesen aufzubauen, um sie anschließend in sexuelle Gespräche oder sogar Handlungen zu verwickeln. Letztendlich geht es bei Cybergrooming also um sexuelle Belästigung von Minderjährigen durch Pädokriminelle. Welche Folgen hat es für Jugendliche, wenn sie intime Fotos oder Videos von sich verschicken? Das Verschicken von intimen Bildern oder Videos muss nicht zwangsläufig negative Folgen nach sich ziehen. Allerdings machen sich Jugendliche dadurch leicht angreifbar. Es kann sein, dass die Person, mit der ich gerade chatte, derzeit meine Vertrauensperson ist und ich mir absolut sicher bin, dass sie diese Bilder oder Videos nicht weiter verschicken wird. Aber: Viele Fälle zeigen, dass man sich da leider irren kann. Außerdem können sich Freundschaften, zum Beispiel durch einen heftigen Streit, plötzlich verändern oder Liebesbeziehungen zerbrechen. Dann dreht sich die Situation sehr schnell. Die ehemals beste Freundin oder der feste Freund haben durch die intimen Aufnahmen dann "Material" auf dem Smartphone, das zum Beispiel für einen Rache-Akt oder Ähnliches genutzt werden könnte. Ein Beispiel ist, dass ein intimes Bild über WhatsApp an die gesamte Klasse geschickt wird. Mit nur wenigen Klicks wird eine Situation zwischen zwei Menschen auf einmal zum Klassen- oder sogar Schulthema. Neben dem Schamgefühl kann auch (Cyber-)Mobbing eine ernstzunehmende Folge von Sexting für die Person auf dem Foto werden.

  • Fächerübergreifend
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Online-Gaming als Thema in Schule und Unterricht

Fachartikel

Dieses Experten-Interview beantwortet Fragen rund um die Themen Online-Gaming und Online-Sucht. Es informiert über positive Lerneffekte und Risiken von Online-Games und gibt Tipps, wie das Thema in Schule und Unterricht behandelt werden kann.Welche Online-Games sind bei Jugendlichen aktuell am beliebtesten? Wie können Jugendliche für Risiken des Online-Gamings sensibilisiert werden? Und welchen Beitrag können Schule und Unterricht leisten? Diese und weitere Fragen hat uns Susanne Rödiger von JUUUPORT beantwortet. Susanne Rödiger ist medienpädagogische Projektmanagerin bei der Online-Beratungsplattform JUUUPORT und koordiniert dort die Abläufe in der JUUUPORT-Beratung, dem Team und der Vereinsarbeit. Welche Online-Games sind bei Jugendlichen aktuell am beliebtesten? Zu den bei Jugendlichen aktuell beliebtesten Spielen gehören neben den Online-Shootern wie Fortnite oder Call of Duty auch Open World-Spiele und Action-Spiele wie The Legend of Zelda, Assassin‘s Creed, Grand Theft Auto oder Read Dead Redemption 2. Ebenso beliebt sind sogenannte MMORPG's (Massively Multiplayer Online Role Playing-Games), bei denen sich mehrere tausend Spielerinnen und Spieler gemeinsam in einer digitalen Welt bewegen und miteinander über Chats interagieren können. Welche Risiken birgt das Spielen von Online-Games? Online-Games sind so angelegt, dass sie die Spielenden permanent im Spiel halten wollen. Es findet ein ständiger Wechsel zwischen Anspannung und Belohnung statt. Level, die erreicht wurden, werden beispielsweise mit Upgrades für Ausrüstung oder besseren Fertigkeiten belohnt. Das spornt die Spielenden an, weiter voranzukommen. Das "Flow"-Erlebnis, das Mihály Csikszentmihalyi erstmalig beschrieben hat, wird im Zusammenhang mit dem Spielen dann zum Problem, wenn das Verlangen danach übermäßig wird und andere Freizeitaktivitäten keine oder nur noch eine stark untergeordnete Rolle spielen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2018 die daraus folgende Online-Spielsucht offiziell in ihren Katalog der Krankheiten aufgenommen. Ein weiteres Risiko stellen In-App-Käufe dar, insbesondere in Free-to-Play-Games. Zunächst kostenfrei angebotene Spiele laden über zusätzliche kostenpflichtige Spielinhalte (In-App-Käufe) dazu ein, beispielsweise im Spiel schneller voran zu kommen oder andere Vorteile gegenüber nicht zahlenden Spielerinnen und Spielern zu erhalten. Online zu spielen gehört für die meisten Jugendlichen heute zur Freizeitbeschäftigung einfach dazu. Hierbei mit den Freundinnen und Freunden mithalten zu wollen ist ähnlich wichtig wie beim Sportunterricht nicht als Letzer aufgerufen zu werden. Immer mithalten zu wollen, kann aber auch dazu verführen, übermäßig viel zu spielen oder im Spiel jeden Preis zahlen zu wollen. Zuletzt darf man auch die Gefahr, die von so genannten Cybergroomern ausgeht, nicht vergessen. Erwachsene legen sich im Spiel eine (oft falsche) Identität zu, mit der sie zunächst anonym mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt treten können. Mit der Zeit wird Vertrauen aufgebaut, oft nutzen die "Groomer" dabei fehlende freundschaftliche oder familiäre Bindungen aus. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem sexuellen Missbrauch der oder des Heranwachsenden. Wie können Jugendliche für diese Risiken sensibilisiert werden? Eine besonders wichtige Rolle spielen die Eltern . Der beste Schutz ist ein gutes Verhältnis und eine enge Bindung zu den eigenen Kindern. Besteht diese, ist es im besten Fall so, dass Kinder und Jugendliche vor ihren Eltern keine Geheimnisse darüber haben, was sie wie oft und lange spielen. Computerspiel-Zeiten zu vereinbaren, kann vor allem bei Kindern und jüngeren Jugendlichen sehr hilfreich sein. Eltern sollten ihren Kindern außerdem beibringen, welche Informationen sie im Netz auf keinen Fall von sich preisgeben sollten, wie den realen Namen, die Adresse oder die Telefonnummer. Vor allem jedoch sollte das Kind immer das Gefühl haben, dass es, egal was passiert ist, zu den Eltern gehen und sich Hilfe holen kann. Um Jugendliche zu sensibilisieren, sollten die Eltern ihnen - ähnlich wie im Straßenverkehr - alle wichtigen Regeln beibringen. Das bedeutet auch, dass Eltern sich in die (Online-Spiel)-Welt ihres Kindes einarbeiten müssen. Hilfsangebote wie der Spielerratgeber NRW können einen guten ersten Überblick geben, wie geeignet Spiele für welche Altersgruppe sind. Außerdem schafft der gesetzliche Jugendschutz eine wichtige Grundlage für die Medienerziehung. Dazu gehören die Alterskennzeichen der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), die, wie die Kennzeichen der FSK bei Filmen, eine Auskunft über eine mögliche Entwicklungsbeeinträchtigung der Spiele geben. Die Kennzeichen gibt es nicht nur für Spiele im Handel, sondern mittlerweile auch für Apps und Online-Spiele. Eltern können technische Schutzsysteme nutzen, um den Zugang zu Spielen einzuschränken. Damit kann man zum Beispiel bestimmte Altersstufen sperren, aber auch Zeitbudgets festlegen, Chat-Funktionen ein- oder Ausgaben beschränken. Bei auffälligen Online-Inhalten können sich Jugendliche und ihre Eltern außerdem an die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPJM), an die FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia), an jugendschutz.net oder an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) wenden. Insbesondere die KJM verfolgt in Zusammenarbeit mit jugendschutz.net Verstöße konsequent. Hierfür sind sowohl im Jugendschutzgesetz als auch im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder Bußgelder festgelegt. Welchen Beitrag können Schulen leisten? Computerspiele oder Online-Games sind bislang in vielen Schulen kein Thema. Das liegt an der häufig fehlenden technischen Ausstattung in den Schulen und viele Lehrkräfte haben selbst auch keinen Bezug zu diesem Thema. Ich denke aber, Online-Games können ein guter Muntermacher innerhalb des Unterrichts sein. Beispielsweise die "Assassin's Creed"-Reihe kann Lust darauf machen, die im Spiel erlebten historischen Figuren besser kennenzulernen und tiefer in ihre Geschichte einzusteigen. Grundsätzlich gibt es eine große Bandbreite an Spielen zum Einsatz in Schulfächern und Experten raten nicht immer nur zu so genannten "Serious Games", die direkt für das Lernen konzipiert wurden. Indem Lehrkräfte zeigen, dass sie sich für die Lebenswelt ihrer Schülerinnen und Schüler interessieren, kann das Verhältnis enger und der Unterricht interessanter werden. Wer dabei als Lehrkraft nicht extra ins Computer-Kabinett umziehen und alle technischen Herausforderungen, die damit an vielen Schulen heute noch verbunden sind, bewältigen möchte, kann auch kurze Einblicke über "Let's Plays" nutzen, bei denen Gamerinnen und Gamer ihr eigenes Spiel als Video festgehalten haben. Zusätzlich können Lehrkräfte die Erziehungsaufgaben der Eltern unterstützen und über die Gefahren im Netz und in Online-Games aufklären. Dies kann im Fachunterricht, aber auch durch medienpädagogische Projekte an Schulen geschehen, bei denen auch Hilfsangebote wie unsere JUUUPORT-Beratung vorgestellt werden. Bei JUUUPORT können sich Jugendliche, die Fragen rund um das Thema Gaming haben, melden und erhalten Hilfe von Gleichaltrigen, die sich in Online-Games häufig viel besser auskennen als Erwachsene. Welche Netzwerkpartner und Materialien rund um den Themenkomplex Online-Gaming können Schulen zu Rate ziehen? Die USK bietet einen Leitfaden für Lehrkräfte zum Einsatz von Computerspielen im Unterricht an. Ebenfalls auf dieser Seite findet man auch den Elternratgeber, der praktische Tipps aus dem Erziehungsalltag gibt und bestimmt auch für Lehrkräfte interessant ist. Der bereits erwähnte Spieleratgeber NRW kann Anregungen vermitteln, welche Spiele für den Einsatz im Unterricht geeignet sind. Auch die Initiative Gutes Aufwachsen mit Medien informiert über aktuelle Trends im Bereich Online-Games. Sie haben ja schon das Thema Computerspiel-Sucht angesprochen. Wann ist ein Kind oder Jugendlicher gefährdet? Ein Kind oder Jugendlicher ist dann gefährdet, an Computerspiel-Sucht zu erkranken, wenn das eigene Leben fast ausschließlich aus Computerspielen besteht. Die Alarmglocken sollten läuten, wenn Betroffene über einen längeren Zeitraum hinweg Termine vernachlässigen und das Spielen über alle anderen Aktivitäten stellen. Das kann bei Kindern und Jugendlichen beispielsweise auch bedeuten, der Schule fernzubleiben und nach der Schule ausschließlich Zeit mit Computerspielen zu verbringen, statt die Hausaufgaben zu erledigen oder anderen Freizeitaktivitäten nachzugehen. Auch Übergewicht zu entwickeln und die eigenen körperlichen Bedürfnisse (schlafen, essen, Körperpflege) zu vernachlässigen, können in diesem Zusammenhang Anzeichen einer Sucht sein. Unter spielsucht-therapie.de findet man eine Beschreibung der Anzeichen, die auf eine Computerspiel-Sucht hindeuten und entsprechende Hilfsangebote. Was kann ich als Lehrkraft konkret tun, wenn ein Sucht-Fall in meiner Klasse bekannt wird? Wenn Lehrkräfte den Eindruck haben, dass jemand in der eigenen Klasse betroffen ist, ist ein wichtiger Schritt zunächst, die Eltern zu informieren und gemeinsam mit der oder dem Betroffenen und den Eltern Strategien aus der Abhängigkeit heraus zu entwickeln. Dazu gehört vor allem, die Ursachen der Sucht herauszufinden – ist die Computerspiel-Sucht eine Kompensation von anderen Dingen im Leben der oder des Betroffenen, die gerade schief laufen? Im zweiten Schritt ist es wichtig, das Leben umzustellen und neue Aktivitäten anstelle des Computer-Spielens zu setzen. Das kann beispielsweise ein neues Hobby sein, über welches der oder die Betroffene häufig dann auch den Kontakt zu anderen Jugendlichen wieder aufbaut. Wenn Betroffene, Lehrkräfte und Eltern an der Stelle überfordert sind, gibt es Anlaufstellen wie den Fachverband Medienabhängigkeit oder Erste Hilfe Internetsucht , die unterstützen können. Lehrkräfte können das Thema Computerspiel-Sucht auch im Unterricht oder in der Elternarbeit aufgreifen. Beispielsweise bietet die Initiative klicksafe.de eine Handreichung für einen Elternabend an, bei dem auf Internetangebote für pädagogische Fachkräfte eingegangen wird.

  • Fächerübergreifend

Social Media-Stress als Thema in Schule und Unterricht

Fachartikel

Dieses Experten-Interview widmet sich der Frage, inwiefern soziale Medien Stress verursachen, wie sich dieser Stress in Schule und Unterricht bemerkbar machen kann und was Lehrkräfte zur Aufklärung ihrer Schülerinnen und Schüler beitragen können.Kann der Konsum sozialer Medien wirklich krank machen? Sind Jugendliche anfälliger für dieses Problem als andere? Und welche konkreten Tipps zur Stressreduktion durch soziale Medien können Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben? Diese und weitere Fragen hat uns Saskia Eilers von WERTE LEBEN – ONLINE beantwortet. WERTE LEBEN – ONLINE ist ein bundesweites Online-Projekt, bei dem sich Jugendliche für mehr Mitgefühl und Toleranz im Netz stark machen und ihre Werte an andere Jugendliche weitervermitteln. Inwiefern können soziale Medien Stress verursachen? Dank WhatsApp, Instagram, Facebook und Co. sind wir heutzutage immer up-to-date und erreichbar. Wer allerdings rund um die Uhr online verfügbar ist und selten abschaltet, der kommt schnell an seine Grenzen. Die Prämisse der ständigen Erreichbarkeit bedeutet im Umkehrschluss, dass wir uns kaum mehr Ruhepausen und Schutzräume vor dem digitalen Miteinander zugestehen. Das betrifft nicht nur Jugendliche, sondern auch uns Erwachsene. Eine unreflektierte Nutzung sozialer Medien kann auf unterschiedlichen Ebenen ein erhöhtes Stress-Empfinden hervorrufen: Wir schreiben beispielsweise mit mehreren Menschen zeitgleich in unterschiedlichen Chats. Nebenbei checken wir noch unsere aktuelle Followerzahl auf Instagram. Die Angebotsfülle und Dynamik sozialer Medien führt oftmals zu einer regelrechten Reizüberflutung . Wir konzentrieren uns nicht mehr nur auf eine Sache, sondern versuchen an mehreren digitalen Schauplätzen gleichzeitig zu agieren und so viel wie möglich mitzubekommen. Unsere Kommunikation über WhatsApp gleicht nicht selten einer unaufhaltsamen Nachrichtenflut, die mit einem gewissen Antwort-Druck verbunden ist. "Wieso schreibst du mir nicht? Ich hab doch gesehen, dass du online warst!" Auch soziale Dynamiken im Gruppenchat , wie zum Beispiel Beleidigungen, Ausgrenzung, Missverständnisse oder Spam-Nachrichten, können Stress verursachen. Ebenso rufen negative Netzphänomene wie Cybermobbing oder Hate Speech verstärkt emotionalen Stress hervor, welcher nicht selten zu ernsthaften psychischen Belastungen führen kann. Auch die Themen Selbstdarstellung und soziales Feedback sind eng mit Stressfaktoren verknüpft. Eine Vielzahl bekannter Influencerinnen und Influencer präsentieren uns fragwürdige Schönheitsideale und materielle Werte, die im realen Leben fast unerreichbar wirken. Vor allem junge Nutzerinnen und Nutzer eifern diesen Vorbildern gerne nach und messen ihren eigenen Selbstwert an der Anzahl an Likes und Followern, die sie zum Beispiel auf Instagram für das "perfekte Bild" erhalten. Der Wunsch nach positivem Feedback und Bestätigung in den sozialen Medien geht daher oftmals mit einem regelrechten Druck zur Selbstoptimierung einher. In den Medien kursieren häufiger Berichte über die Social Media-Krankheit oder das Social Media-Burnout. Was hat es damit auf sich? Diese Begriffe sind heutzutage in aller Munde. Manche Menschen stehen dieser "Modediagnose" eher kritisch gegenüber, andere sehen darin ein alarmierendes Symptom unseres digitalen Zeitalters. An dieser Stelle sollten keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Meines Wissens nach gibt es bisher keine fundierten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Themenbereich. Das Phänomen ist schließlich noch recht neu. Allerdings zeigt sich hierdurch, dass der gesellschaftliche Blick zunehmend auf die Schattenseiten und problematischen Aspekte einer unreflektierten und übermäßigen Social-Media-Nutzung trifft, die definitiv nicht zu unterschätzen sind und durchaus psychische wie physische Gesundheitsfolgen beeinflussen können. Es gibt durchaus Annahmen, dass die sogenannte "Fear of Missing out" zu einem erhöhten Stressempfinden, Schlafproblemen, innerer Unruhe, Angstzuständen oder auch Depressionen führen kann. Hier müssen allerdings stets die jeweiligen Hintergründe und psychischen Faktoren der Einzelperson mit einbezogen werden. Sind Jugendliche anfälliger für dieses Problem als andere? Für Jugendliche sind soziale Medien ganz natürliche Austausch- und Artikulationsplattformen. Plattformen wie Instagram, YouTube, Snapchat & Co. treffen mit ihren interaktiven Nutzungsmöglichkeiten wie maßgeschneidert auf den Wunsch nach Zugehörigkeit, Orientierung und Identitätsarbeit im Jugendalter. Daher nehmen soziale Medien in der jugendlichen Lebenswelt eine meist größere Bedeutung ein. Stressfaktoren und negative Phänomene, die in diesem Rahmen auftreten, können Jugendliche daher stärker beeinflussen als uns Erwachsene. Ebenso wirken sich ein unausgereiftes Reflexionsvermögen sowie fehlende Abgrenzungskompetenzen auf die Stressbelastung durch Social-Media-Nutzung aus. Ein zeitweiliges Handyverbot löst das Problem daher nicht, sondern kann eine ganz andere Form von Stress bedingen: Die Angst etwas zu verpassen und von den eigenen Peers abgekoppelt zu sein. Vielmehr ist die Vermittlung von Handlungsstrategien und Kompetenzen an Jugendliche gefragt, um negativen (Stress-) Phänomenen im eigenen Online-Alltag kritisch und selbstbewusst begegnen zu können. Wie kann sich der durch soziale Medien ausgelöste Stress auch in Schule und Unterricht bemerkbar machen? Wenn zum Beispiel bis spät in die Nacht noch auf WhatsApp geantwortet oder die eigene Instagram-Story erstellt werden muss, kann das zu Müdigkeit und Konzentrationsschwäche im Unterricht führen. Bei langanhaltenden kurzen Nächten oder viel digitaler Ablenkung bei den Hausaufgaben können gegebenenfalls nachlassende schulische Leistungen die Folge sein. Anhaltender emotionaler Stress durch Cybermobbing und Hasskommentare kann sich außerdem dadurch zeigen, dass die Schülerin oder der Schüler oft krank ist, sich generell zurückzieht oder die Schule schwänzt. Mobbing via Smartphone und Mobbing im realen Leben gehen oft Hand in Hand. So können sich zum Beispiel Lästereien oder Ausgrenzung aus dem WhatsApp-Klassenchat auch auf dem Schulhof bemerkbar machen. Ist der Stress, den soziale Medien verursachen, für Jugendliche ein anderer als beispielsweise Klausuren-Stress? Sowohl bei Klausuren als auch bei sozialen Medien entsteht ein gewisser Leistungsdruck. Die Bewertungsmechanismen und der Trend zur Selbstoptimierung auf Instagram & Co. können hier als Beispiele genannt werden. Im Unterschied zur täglichen Social-Media-Nutzung ist das Stress-Empfinden in Klausuren-Phasen jedoch meist zeitlich begrenzt. Mit dem Smartphone als Alltagsbegleiter wirkt sich der Stress vielmehr rund um die Uhr auf junge Menschen aus. Hier spielt zudem die soziale Komponente eine weitaus größere Rolle. Welche konkreten Tipps zur Stressreduktion durch soziale Medien können Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben? Gemeinsam können die verschiedenen (Privatsphäre-) Einstellungen von WhatsApp, Instagram & Co. besprochen werden. Diese technischen Kompetenzen ermöglichen es Jugendlichen, die Kontrolle über ihre Social-Media-Profile zu behalten und zum Beispiel selbst zu entscheiden, wer ihre Bilder sehen darf, ihnen eine Nachricht schreiben kann oder ob der Sender eine Lesebestätigung erhält. Auch die Deaktivierung des "Zuletzt online"-Status auf WhatsApp kann helfen, um dem Antwortdruck zu entgehen. Für ein entspanntes Miteinander im Klassenchat sind Regeln wichtig . Gemeinsam kann im Klassenkontext festgelegt werden, welche Themen und Verhaltensweisen in den Gruppenchat gehören und was nicht erlaubt ist. Ein Admin sollte festgelegt werden, der Verantwortung für den Chatverlauf übernimmt und auf Fairness und die Einhaltung dieser Regeln achtet. Handyfreie Zeiten und Zonen , zum Beispiel bei den Hausaufgaben oder abends im Bett, ermöglichen es Jugendlichen, sich kleine Ruhepausen zu gönnen und bewusst wahrzunehmen, wie es sich anfühlt, einmal nicht erreichbar zu sein. Wichtig ist an dieser Stelle, dass sich Jugendliche den Ort oder Zeitpunkt selbst auswählen und die Social-Media-Pause selbstbestimmt in ihren Alltag einbauen. Wichtig ist außerdem, jungen Menschen nahezulegen, sich an Vertrauenspersonen wie Freunde, Eltern oder Lehrkräfte zu wenden, wenn der Social-Media-Stress zu einer echten Belastung wird. Bei der Online-Beratung www.juuuport.de helfen Jugendliche anderen Jugendlichen beispielsweise anonym und kostenlos bei Problemen im Netz. Welche Materialien und Netzwerkpartner zum Thema Social Media-Stress empfehlen Sie Lehrkräften? Unser Kooperationspartner, die EU-Initiative klicksafe.de , bietet medienpädagogische Materialien für den Schulunterricht an. Das Heft "Always ON" der Reihe Mobile Medien – Neue Herausforderungen enthält zum Beispiel kurze Unterrichtseinheiten zur Nutzung mobiler Medien vor dem Hintergrund der Omnipräsenz von Smartphones und Internetzugang. Das jugendaffine Informationsportal handysektor.de hat 10 goldene Regeln für den Gruppenchat erstellt, die vor allem im Hinblick auf den eigenen Klassenchat besprochen werden können. Hier gibt es außerdem eine "Real Life Challenge", die auf spielerische Weise zur Reflektion der eigenen Smartphone-Nutzung anregt. Zudem bietet unser Projekt WERTE LEBEN – ONLINE ein Webinar zum Thema Kein Stress auf WhatsApp – Messenger respekt- und sinnvoll nutzen an, welches jungen Menschen Tipps für eine entspannte WhatsApp-Nutzung und für ein faires Miteinander im Gruppenchat vermittelt. Per Webcam schalten sich unsere Scouts live ins Klassenzimmer und informieren über das Thema. Das online-basierte Seminar kann kostenlos von Schulklassen (5. bis 9. Klassenstufe) gebucht werden. Ihr Projekt WERTE LEBEN – ONLINE bildet ja auch jugendliche Scouts aus, die Gleichaltrige beraten. Was sind die Vorteile dieses Ansatzes? Bei WERTE LEBEN – ONLINE bilden wir Jugendliche zu Scouts aus, die ihr Wissen und ihre Werte an andere Jugendliche weitervermitteln. Der Peer-Education-Ansatz bietet viele Vorteile für die medienpädagogische Arbeit. Die Wissensvermittlung erfolgt auf Augenhöhe und ohne erhobenen Zeigefinger. Insbesondere im Hinblick auf die sozialen Medien gibt es durchaus Generationsunterschiede bezüglich Wissen, Perspektive und Nutzung dieser Angebote. Jugendliche wissen selbst am besten, welche Themen und Herausforderungen die junge Netzgeneration gerade umtreibt. Ihre Tipps und Ratschläge sind daher authentisch und zielgruppennah und werden von Gleichaltrigen oftmals leichter angenommen.

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