Die wirtschaftlichen Startbedingungen waren in allen Besatzungszonen schwer. Die Wirtschaft war schon vor Kriegsende zusammengebrochen und die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln, Wohnraum und Arbeit konnte nicht mehr sichergestellt werden. In den ersten Nachkriegsjahren spielte daher der Schwarzmarkt eine wichtige Rolle. Dort konnte sich die Bevölkerung mit wichtigen Waren versorgen, die nicht durch Lebensmittelkarten erhältlich waren. Da die Menge an Geld sehr hoch und das Warenangebot knapp war, verlor das Geld auf dem Schwarzmarkt seine Funktion. Häufig nutzen die Menschen Zigaretten anstelle von Geld als Tauschmittel.
In den Westzonen und der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) waren die wirtschaftlichen Startvoraussetzungen unterschiedlich. Beide Gebiete waren ähnlich stark industrialisiert und auch die Zerstörungen durch den Krieg hatten ein ähnlich großes Ausmaß. Ein Nachteil für die Industrie in der SBZ war jedoch der Mangel an Roh- und Grundstoffen, da die Schwerindustrie zum Großteil in den Westzonen angesiedelt war. Hinzu kamen die hohen Reparationen, die von der Sowjetunion beansprucht wurden.
Die Besatzungsmächte versuchten früh die Situation zu stabilisieren und zugleich ihre eigenen Wirtschaftsvorstellungen durchzusetzen. Dabei arbeiteten die Briten und Amerikaner eng zusammen. Beide hatten das Ziel, in ihren Zonen eine freie Marktwirtschaft einzuführen. Dazu setzten sie 1947 einen deutschen Wirtschaftsrat ein, der die Einführung der Marktwirtschaft vorbereiten sollte. Eine freie Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsform, in der der Staat möglichst wenig in die Wirtschaft eingreifen soll. Allein Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise. Arbeit, Land und Kapital sind dabei in privatem Besitz.
Die Sowjetunion fing ebenfalls früh damit an ihre planwirtschaftlichen Vorstellungen in ihrer Besatzungszone umzusetzen. Dazu wurden bis 1948 landwirtschaftliche und industrielle Großbetriebe sowie Banken verstaatlicht. In einer sozialistischen Planwirtschaft regelt nicht der Markt Angebot und Nachfrage, sondern eine zentrale staatliche Behörde. Sie kontrolliert und steuert alle wirtschaftlichen Entwicklungen. Der Staat ist Besitzer der meisten Unternehmen.
Noch vor der doppelten Staatsgründung führten die Besatzungsmächte in ihren Zonen eine Währungsreform durch. Die neue Währung stabilisierte die Wirtschaft und war die Grundlage für alle weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen.
Materialvorschlag:
Zeitzeugeninterview - Fritz Schenk: "Wirtschaftswunder Ost"
Vorsitzender des 1947 von den Amerikanern und Briten einberufenen Wirtschaftsrats war Ludwig Erhard, der spätere Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. Unter ihm wurden die Grundzüge der Sozialen Marktwirtschaft ausgearbeitet. Auch in einer Sozialen Marktwirtschaft sollte der Markt die Produktion und den Handel regulieren, nicht der Staat. Dieser sollte jedoch die Möglichkeit haben, regulierend in die Wirtschaft einzugreifen, um die soziale Sicherheit der Bürger zu garantieren und zu verhindern, dass der freie Wettbewerb behindert wird. Durch die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft sollte sichergestellt werden, dass die soziale Ungleichheit in der deutschen Gesellschaft nicht zu groß wurde. Wichtige Maßnahmen waren in der Bundesrepublik zum Beispiel der Ausbau der Unterstützung für Arbeitslose, das Kindergeld und die Ausbildungsförderung für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten. Ein wichtiger Grund für die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft war die Konkurrenz zur DDR. Mit einer guten sozialen Absicherung und dem Versprechen Wohlstand für alle Bürger zu erreichen, sollte verhindert werden, dass Menschen im sozialistischen System der DDR eine gerechtere Alternative sahen.
Die Wirtschaft der Bundesrepublik entwickelte sich in den fünfziger Jahren schnell. Es kam zu mehreren Konsumwellen. Anfangs hatten die Menschen vor allem das Bedürfnis, sich mit lange nicht verfügbaren Lebens- und Genussmitteln einzudecken. Im Laufe des Jahrzehnts waren es dann vor allem Haushaltsgegenstände und Kleidung, die neu angeschafft oder ersetzt wurden, da vieles im Krieg verloren oder beschädigt worden war. Ab den sechziger Jahren setze dann der Massenkonsum ein. Durch die steigenden Einkommen und die gute soziale Absicherung entstanden neue Konsumwünsche: Fernsehgeräte, Autos und größere Wohnungen rückten stärker in den Mittelpunkt. Das starke Wirtschaftswachstum sorgte dafür, dass der heimische Arbeitsmarkt nicht mehr genügend Arbeitskräfte für die Wirtschaft bereitstellen konnte. Um den Mangel an Arbeitskräften zu vermindern, wurden seit 1955 sogenannte Gastarbeiter angeworben. Dazu schloss die Bundesrepublik Verträge mit Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei und Portugal, in denen die Anwerbung und Vermittlung der Arbeiter geregelt wurden.
Der schnelle wirtschaftliche Aufschwung in den fünfziger Jahren wird häufig als „Wirtschaftswunder“ bezeichnet. Für den Aufschwung gab es verschiedene Gründe: Die Unterstützung durch die USA, die große Nachfrage nach Waren aus der BRD im In- und Ausland, aber auch die zahlreichen Menschen, die aus der DDR in den Westen flohen. Mehr als 4000 Industrieunternehmen zogen aufgrund der Enteignungen durch die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) bis 1953 aus der DDR in den Westen. Das Führungspersonal und die Fachkräfte gingen dabei meist mit in die Bundesrepublik und stärkten die dortige Wirtschaft.
Materialvorschläge:
Zeitzeugeninterview - Karl-August Stark: "Wirtschaftswunder"
Zeitzeugeninterview - Detlef Spahn: "Türkische Kameraden"
Die SED setzte den von der Sowjetunion begonnenen Aufbau der sozialistischen Planwirtschaft fort. Die Enteignungen von Unternehmern gingen weiter. Die verstaatlichten Betriebe wurden in sogenannte „Volkseigenen Betriebe“ (VEB) umgewandelt und auch die Bauern mussten ihre Selbstständigkeit aufgeben und sich zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zusammenschließen (LPG). Diese Umwandlungen geschahen meist nicht freiwillig, sondern unter staatlichem Druck und Repressalien. Die Regierung steuerte die gesamte Wirtschaft nach sowjetischem Vorbild mit Fünfjahresplänen. Die SED legte darin genau fest, welche Betriebe welche Mengen produzieren und welche Preise, Löhne und Arbeitszeiten gelten sollten. Die Pläne regelten auch die Verteilung von Aufträgen, Rohstoffen und Investitionen auf die verschiedenen Wirtschaftszweige und Betriebe.
Die Wirtschaftsleistung in Ost und West entwickelte sich schon früh unterschiedlich. 1950 lag die wirtschaftliche Produktivität in der DDR bereits ein Drittel hinter der der Bundesrepublik. Die Ursachen dafür waren vielfältig: Die hohen Reparationen an die Sowjetunion belasteten die Wirtschaft. Vor allem waren es aber die Folgen der Einführung der Planwirtschaft, die die Wirtschaftsentwicklung beeinträchtigten. Viele Menschen und Unternehmen verließen die DDR Richtung Westen und schwächten damit die Wirtschaftsentwicklung in der DDR. Ein großer Nachteil der Planwirtschaft war, dass sie nur langsam und unzureichend auf Veränderungen und unvorhergesehene Entwicklungen reagieren konnte.
Anfangs stand der Aufbau einer Schwerindustrie im Mittelpunkt der Fünfjahrespläne. Konsumbedürfnisse in der Bevölkerung kamen dadurch lange zu kurz, da der Staat die Rohstoffe hauptsächlich der Schwerindustrie zuteilte. Mit den Konsumwellen im Westen konnte die DDR daher nicht mithalten. Erst Anfang der sechziger Jahre stabilisierte sich die Wirtschaft auch in der DDR. Die Lebensmittelversorgung war nun gesichert und auch die Haushalte konnten sich zunehmend mit Konsumgütern wie Fernsehgeräten und Kühlschränken ausstatten. Allerdings erreichte die DDR nie das Konsumniveau des Westens.
Materialvorschlag:
Zeitzeugeninterview - Dieter Hildebrandt: "Planwirtschaft als gerechtere Alternative"
Zeitzeugeninterview - Eduard Fiedler: "Mangelwaren"
Mangelwirtschaft in der DDR
In den siebziger und achtziger Jahren veränderten sich die weltweiten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Zwei Mal kam es zu einem starken Anstieg des Ölpreises, ausgelöst durch Krisen im Nahen Osten. Die steigenden Rohstoffpreise belastenden systemübergreifend die Wirtschaft aller Staaten. Zugleich kam es aber auch zu einem starken Anstieg der Produktivität in vielen Bereichen der Industrie. Dafür waren neue technische Entwicklungen verantwortlich, die zu einer immer stärkeren Automatisierung der Produktion führten. Infolge dieser Entwicklungen baute die Industrie viele Arbeitsplätze ab. Immer mehr Menschen in der Bundesrepublik verloren ihre Arbeit. Mitte der achtziger Jahre waren mehr als 2 Millionen Menschen arbeitslos.
Auch als sich die Wirtschaft wieder erholte, sank die Zahl der Arbeitslosen nicht. Die Politik versuchte durch Sonderprogramme und Sozialreformen die Arbeitslosigkeit in bestimmten Branchen zu senken und die Arbeitslosen stärker zu unterstützen. Die Gewerkschaften der besonders stark betroffenen Schwerindustrie kämpften für die Einführung der 35-Stundenwoche, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Es kam immer wieder zu wochenlangen Streiks, bevor 1985 die Arbeitszeit in der Stahl-, Metall- und Druckindustrie auf 38,5 Stunden gesenkt wurde. Die Arbeitslosigkeit blieb jedoch ein fortbestehendes Problem.
Als Erich Honecker 1971 Walter Ulbricht als Generalsekretär der SED verdrängte, änderte sich auch die Wirtschaftspolitik in der DDR. Mit einem Ausbau der Konsumwirtschaft und des Wohnungsbaus sollte der Lebensstandard der DDR-Bürger erhöht werden. Honecker hatte das Ziel mit der Bundesrepublik auf diesem Feld gleich zu ziehen. Auch wenn sich der Lebensstandard im Laufe der Siebziger verbesserte, erreichte er nie das Niveau der Bundesrepublik. Der neue Fokus der Planwirtschaft auf Konsumgüter führte allerdings zu problematischen Entwicklungen: die Staatsverschuldung stieg immer weiter an und Investitionen in anderen Industriebereichen blieben aus. Hinzu kamen die Krisen der Weltwirtschaft. Im Zuge der Ölkrise erhielt die DDR ab 1981 weniger Rohöl aus der Sowjetunion und musste das fehlende Öl teuer auf dem Weltmarkt kaufen. Durch fehlende Modernisierungen in der Produktion geriet die DDR-Wirtschaft immer weiter in Rückstand und konnte ihre Produkte auf dem Weltmarkt nur noch zu Billigpreisen verkaufen. Die Planwirtschaft erwies sich als zu unflexibel und eine falsche zentrale Steuerung der Wirtschaft, hatte schwerwiegende Folgen für die Gesamtwirtschaft des Landes. Die Versorgungslage der Bevölkerung verschlechterte sich zunehmend, Gebäude und Industrieanlagen verfielen aufgrund aufgeschobener Investitionen im Laufe der achtziger Jahre immer mehr. 1983 konnte nur ein Milliardenkredit aus der Bundesrepublik die DDR vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren. Der Niedergang der DDR-Wirtschaft konnte dadurch jedoch nicht aufgehalten werden.
Materialvorschlag:
Die Wirtschaftspolitik der DDR
Die Wirtschaftskrise der 1970er Jahre
Arbeitslosigkeit in den 1970er und 1980er Jahren
Die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen besaßen für beide deutsche Staaten ein unterschiedliches Gewicht. Die Soziale Marktwirtschaft ermöglichte der Bundesrepublik einen regen Außenhandel. Der Export von Waren sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung und fehlende Waren konnten problemlos importiert werden. Dagegen hemmte die Planwirtschaft der DDR den Außenhandel von Anfang an, da es das erklärte Ziel war, sich von den Entwicklungen des Weltmarktes unabhängig zu machen. Dadurch blieb die DDR wirtschaftlich stärker auf die Bundesrepublik angewiesen als umgekehrt. Die Bundesrepublik nutzte die wirtschaftlichen Beziehungen zur DDR vor allem politisch und versuchte im Gegenzug für wirtschaftliche Unterstützung Zugeständnisse z. B. bei Besuchsregelungen zu erreichen. Einige Unternehmen im Westen versuchten die DDR als Billiglohnland für die Produktion ihrer Waren zu nutzen. Die Waren mussten sie auch der Bevölkerung in der DDR verfügbar machen. Die Preise waren allerdings so hoch, dass ein Großteil der Bevölkerung davon nicht profitieren konnte.