Schulschließungen: digitaler Unterricht in einer Grundschule

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Nina W. ist Grundschullehrerin aus Mackenbach (Rheinland-Pfalz). Im zweiten Beitrag unseres Blogs "Digitale Schule" berichtet sie, wie zu Zeiten von coronabedingten Schulschließungen der Alltag an ihrer kleinen Schule läuft und vor welchen Hürden momentan besonders Grundschullehrkräfte stehen.

Seit über einer Woche sind bundesweit alle Schulen geschlossen. Doch wie sieht nun der Unterrichtsalltag aus? Um ehrlich zu sein: Bisher gibt es diesen noch nicht wirklich.

Ich arbeite an einer relativ kleinen Schule: Insgesamt werden an meiner Schule etwa 100 Lernende von 10 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. Unsere Schule hat spontan eine Notfallbetreuung eingerichtet, die jedoch bisher nicht in Anspruch genommen wurde. Diese würde, sobald erste Anmeldungen kämen, schichtweise in Dreier-Teams betreut. Die anderen Kolleginnen und Kollegen vor Ort bringen derweil das Lehrerzimmer und den Materialraum auf Vordermann, überarbeiten und erneuern Arbeitspläne und natürlich werden viele Absprachen im Kollegium getroffen und Ideen für verschiedene Projekte gesammelt. Natürlich arbeiten wir auch mit Hochdruck an Konzepten für das Homeschooling: Wir richten Apps für die Lernenden ein, halten nach passenden Lern-Plattformen Ausschau und versuchen irgendwie das Beste aus der Situation zu machen.

Homeoffice als Lehrkraft?

Zu Hause ist der "Alltag" sehr ungewohnt. Ich fahre eben nicht täglich wie gewohnt zur Arbeit in die Schule. Stattdessen checke ich meine E-Mails am heimischen PC und warte auf Nachrichten und Fragen der Lernenden. Ich erarbeite Wochenpläne, Selbstkontrollen, korrigiere Schülerlösungen, und die zuletzt geschriebene Mathe-Arbeit liegt auch noch auf dem Schreibtisch. Dabei telefoniere ich fast täglich mit Kolleginnen und Kollegen, um möglichst viel mit ihnen im Austausch zu bleiben. Immer dabei habe ich nun das Smartphone. Wir Lehrkräfte kommunizieren über die Messenger-App schul.cloud.

Ansonsten drehen sich die Gedanken fast rund um die Uhr darum, wie man diese ungewohnte Art des "Unterrichts" verbessern könnte. Google ist also unser bester Freund. Feste Arbeitszeiten gibt es nicht mehr. Einen festen Tagesablauf gibt es kaum noch: Manchmal habe ich morgens fast nichts zu tun und dafür dann umso mehr am Nachmittag und Abend. An anderen Tagen ist es hingegen auch wieder komplett umgekehrt.

Fragen über Fragen

Montag, 16.03.2020, 7:30 Uhr: Da saßen wir also zur Dienstbesprechung im Lehrerzimmer, zu zehnt auf engstem Raum. Und nach und nach begann es uns zu dämmern: Das wird eine Herausforderung für uns alle! Wir waren alle ein wenig ratlos und stellten uns auch im Wesentlichen die gleichen Fragen:

  • Was können wir von den Lernenden erwarten? Nur Wiederholung oder auch neue Themen einführen?
  • Wie lange sollten Lernenden täglich zu tun haben?
  • Können wir davon ausgehen, dass Eltern ihre Kinder unterstützen?
  • Wie kann eine angemessene Differenzierung aussehen?
  • Wie kommunizieren wir mit Eltern und Lernenden?
  • Wie stellen wir Materialien bereit? Schulhomepage, E-Mails, sonstige Alternativen?
  • Wie bekommen wir Rückmeldung von den Lernenden?
  • Wie korrigieren wir Lösungen der Schülerinnen und Schüler?
  • Hat jeder und jede einen Laptop, Drucker und einen Internet-Anschluss zu Hause?

Diese und viele andere Fragen standen im Raum. Für einige wurde bereits eine Lösung gefunden.

Die eierlegende Wollmilchsau

Das größte Problem ist an meiner Schule die fehlende digitale Plattform: Eine Plattform, die es uns Lehrkräften ermöglicht, einfach und schnell Lerninhalte hochzuladen und mit den Schülerinnen und Schülern zu teilen. Zudem sollte sie auch die Möglichkeit bieten, bearbeitete Materialien von den Lernenden wieder an uns Lehrkräfte zur Korrektur zu schicken und selbstverständlich sollte es auch ein Forum zum Austausch mit den Eltern geben. Dies und möglichst noch viel mehr, aber bitte so unkompliziert, dass selbst die Jüngsten diese selbst bedienen können. Doch wo gibt es so etwas?

Status quo

Dass nicht all unsere Wünsche bisher erfüllt werden konnten, war natürlich abzusehen. Dennoch haben wir bis heute schon viele Vorhaben in die Tat umsetzen können:

Wir haben unsere Schul-Homepage erweitert – hier werden Wochenpläne und Materialien zum Download bereitgestellt. Die Kommunikation mit den Eltern erfolgt hauptsächlich über E-Mails. Diese nutzen wir auch, um einzelnen Schülerinnen und Schülern gezielt Rückmeldungen geben zu können. Außerdem haben wir Lern-App Anton eingerichtet. Nun haben alle Schülerinnen und Schüler einen eigenen Code, mit dem sie gezielt auf die für sie relevanten und interessanten Lerninhalte zugreifen können. Zugeteilt werden diese Inhalte von der jeweiligen Lehrkraft. Auch der Austausch zwischen uns Lehrkräften wurde verbessert: Dienstbesprechungen werden vermutlich in nächster Zeit online abgehalten. Was jedoch bleibt, ist die stetige Suche nach neuen, guten Ideen, um die Situation für alle Beteiligten zu verbessern.

Bisher funktioniert das sogar besser als erwartet. Das größte Problem bleibt jedoch weiterhin der direkte Kontakt und Austausch zwischen den Lehrkräften und den Lernenden. Da wir eine Grundschule sind, ist die große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler beim Schreiben und Beantworten von E-Mails auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Können oder wollen diese aus verschiedenen Gründen diese Hilfe nicht leisten, gestaltet sich die Kontaktaufnahme äußerst schwierig. Zudem ist das Kontrollieren der Aufgaben ein Problem: Wie und in welcher Form gebe ich Rückmeldung? Auf diese Frage haben wir bisher leider immer noch keine Antwort gefunden.

Stimmung und Ausblick

Hand in Hand: Eltern und Lehrkräfte

Bisher haben wir nichts Negatives von den Eltern gehört, und auch wir als Kollegium sind wirklich stolz auf die Eltern: Von heute auf morgen haben sie es geschafft, eine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder zu organisieren. Die meisten geben uns positive Rückmeldung und lassen sich auf die neue, aber dennoch schwierige Situation ein.

Auch innerhalb des Kollegiums läuft es prima: Schon vor der Schulschließung haben wir uns alle super verstanden. Zudem haben wir eine Chefin, die mit viel Herz und Verstand handelt, individuelle Lösungen sucht und uns als Team auch einfach mal lobt. Die Stimmung ist also gut. Wir lachen gemeinsam, haben Spaß, wenn wir uns morgens sehen, und nehmen dennoch unsere Aufgabe sehr ernst. Nicht ohne Grund lautet das Motto unserer Schule: Schule mit Herz!

Wie geht es weiter?

Wie es weitergeht, kann natürlich niemand mit Gewissheit sagen. Unser bisher erstelltes Konzept ist bis zu den Osterferien definitiv durchführbar. Was danach passiert? Ich weiß es nicht. Auf Dauer ist auch diese Herangehensweise nicht praktikabel. Daher arbeiten wir weiterhin täglich daran, neue Lösungsansätze zu finden, um vor allem den Austausch mit den Lernenden zu verbessern.

Wie sieht es bei Euch aus? Wie läuft die Kommunikation mit Lernenden? Wie handhaben vor allem anderen Grundschulen die aktuelle Situation? Über eure Erfahrungen und Rückmeldungen in den Kommentaren freue ich mich. Haltet durch und bleibt alle gesund!

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