Maßnahmen zur Stärkung der Energiebildung

Die Befragungsergebnisse zeigen große Unterschiede in den Bildungsangeboten der Schulstufen auf und liefern Impulse für Verbesserungen in der Praxis.

Wie kann schulische Energiebildung gestärkt werden?

Einigkeit zwischen Lehrkräften aller Schulstufen

Um Ansätze für eine wirksame Verbesserung der Energiebildung zu identifizieren, wurde eine Reihe von Fragen vorgegeben, die sich auf inhaltliche und methodische Aspekte des Unterrichts, auf die Lehrpläne sowie auf die eigene Ausbildung der Lehrkräfte beziehen. Abbildung 6 (Platzhalter zum Vergrößern bitte anklicken) zeigt die Mittelwerte für verschiedene Lehrergruppen. Es ist bemerkenswert, dass sich Lehrkräfte aller Schulstufen über eine Reihe unterrichtsmethodischer Aspekte einig sind und deren Stärkung als vordringlich erachten.

Stärkung besonderer Lernformen

Es besteht Einigkeit darüber, dass die Vermittlung der komplexen Natur der Energiethematik besondere erfahrungsbasierte Lernformen erfordert wie beispielsweise Projekte, praktische Aktivitäten oder Experimente. Ihre Umsetzung und Stärkung wird am vordringlichsten eingestuft, nahezu gleichauf mit einer Stärkung der naturwissenschaftlichen Grundlagen. Danach folgt die Stärkung technischer und gesellschaftlicher Bezüge. Die Forderung nach kleineren Klassen und nach mehr Zeit im Unterricht rangiert im gleichen Bereich, allerdings mit einer größeren Variationsbreite in den Schulformen. Es besteht hingegen Übereinstimmung hinsichtlich der Notwendigkeit einer Verbesserung der Lehrpläne. Am vordringlichsten wird der Bedarf einer besseren fächerübergreifenden Vernetzung der Energie in den Lehrplänen formuliert. Fast gleichauf folgen die Erwartungen in Bezug auf eine Vereinheitlichung und Abstimmung der Lehrpläne über Schulstufen hinweg sowie der Wunsch nach einer besseren Sichtbarkeit der Energiebildung in den Lehrplänen. Der ebenfalls mit hohem Zustimmungsgrad deutlich artikulierte Wunsch nach einer Vereinheitlichung und Abstimmung der Lehrpläne über die Bundesländer hinweg dürfte angesichts des Bildungsföderalismus dasjenige Desiderat mit der geringsten Aussicht auf Umsetzung sein.

Differenzierte Bewertung der Ausbildungsqualität

Der Fragenkomplex nach der Rolle der Ausbildungsqualität der Lehrkräfte für eine Verbesserung der Energiebildung zeigt erwartungsgemäß die größten Unterschiede in Abhängigkeit von der Schulform der Befragten. Die Notwendigkeit einer besseren fachlichen sowie fachdidaktischen Ausbildung für den Energiebereich sehen vor allem Lehrkräfte an Grundschulen gefolgt von Mittelstufenlehrkräften. Gymnasiallehrkräfte sind hier geteilter Meinung. Alle Gruppen sehen eine Verbesserung der pädagogischen Ausbildung als weniger vordringlich an.

Aus- und Fortbildung von Lehrkräften: Energiebezüge stärken

Fortbildungswünsche von Lehrkräften

Die je nach Schulstufe teilweise sehr deutlich artikulierte Forderung nach fachlich und fachdidaktisch besser qualifizierten Lehrkräften wirft die Frage auf, inwieweit das bestehende Ausbildungssystem sowie die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten ausreichend für den Bereich der Energiebildung qualifizieren. Im Rahmen der erwünschten Ausrichtung von Fortbildungsmaßnahmen (Abbildung 7) werden fast alle genannten Themen als wichtig bis sehr wichtig eingestuft. Für Lehrkräfte im weiterführenden Bereich ergibt sich ein hoher Deckungsgrad im Meinungsbild; hier sind die Fortbildungswünsche nahezu identisch. Angebote zur Energieeffizienz und zum Energiesparen sind die Spitzenreiter, dicht gefolgt von ökologischen, technologischen und naturwissenschaftlichen Schwerpunkten, die als nahezu gleich bedeutsam für die Fortbildung eingestuft werden. Angebote mit gesellschaftlichen Bezügen wie zum Beispiel die Akzeptanz oder die Umsetzung von neuen Energietechnologien sowie Fortbildungsangebote mit wirtschaftlichen Aspekten der Energiethematik rangieren dahinter.

Grundschullehrkräfte zeigen signifikant anderes Profil

Grundschullehrkräfte bewerten Fortbildungen zur Energieeffizienz und zum Energiesparen sowie zu ökologischen und gesellschaftlichen Kontexten der Energiethematik wichtiger als die Lehrkräfte an weiterführenden Schulen. Fortbildungen zu naturwissenschaftlich-technischen Aspekten der Energie werden dagegen als etwas weniger bedeutsam angesehen, obwohl Grundschullehrkräfte im Bereich fachlicher Grundlagen ein geringeres Vertrauen in die eigenen Kompetenzen besitzen. Sie gewichten Veranstaltungen zur Unterrichtsmethodik sowie Angebote zu fächerübergreifenden Themen oder Projekten stärker als die Lehrkräfte in den weiterführenden Schulstufen.

Verbesserung der Energiebildungspraxis: Potenziale intelligent nutzen

Energie als Querschnittsthema verankern

Die Befragungsergebnisse vertiefen die Befunde aus der Lehrplananalyse zum Ist-Zustand der Energiebildung in den Lehr- und Bildungsplänen. Sie offenbaren eine große Heterogenität sowie eine geringe Kohärenz und Anschlussfähigkeit in den Bildungsangeboten über die Schulstufen hinweg. Die Energiethematik stellt für die Mehrzahl der Curricula keine durchgängige konzeptuelle Leitlinie dar. Die vorliegenden Daten bestätigen dies aus der unmittelbaren Perspektive der betroffenen Lehrkräfte und machen den bildungspolitischen Handlungsbedarf zur Implementation einer umfassenden und nachhaltigen Energiebildung deutlich.

Aussichtsreiche Handlungsfelder für die Bildungspraxis

Die Bestandsaufnahmen der Unterrichtspraxis identifizieren aussichtsreiche Handlungsfelder für die Bildungspraxis. Die Lehrkräfte sehen die verschiedenen fachlichen und überfachlichen Aspekte der Energiebildung in ihrer Gesamtheit und in ihren Bedeutungszusammenhängen. Sie sind nicht auf einzelne Bereiche wie naturwissenschaftliche Grundlagen oder technische, ökologische und gesellschaftliche Schwerpunkte festgelegt. Somit sind die Bedingungen für eine Implementation umfassender und fächerverbindender Energiebildungsangebote unter aktiver Einbindung der Lehrkräfte sehr günstig. Die Notwendigkeit ihrer Umsetzung wird von der überwiegenden Mehrheit geteilt.

Schulstufenübergreifende Bildungskonzepte entwickeln

Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere in der Grundschule einiges in Bewegung kommt. Lehrkräfte engagieren sich zunehmend im Bereich der frühen Energiebildung. Hier erscheint vor allem die Anschlussfähigkeit an die weiteren Schulstufen problematisch, wie die divergierenden Sichtweisen der jeweiligen Lehrergruppen belegen. Für die erfolgreiche Implementation tragfähiger Angebote in der frühen Bildung und im Übergangsbereich sind aufgrund dieser Sachlage kooperative Modelle der Unterrichtsentwicklung sinnvoll. In einem Austausch mit Lehrkräften weiterführender Schulen ließen sich so beispielhafte Konzepte einer schulstufenübergreifenden Energiebildung entwickeln.

Erfahrungsbasiertes Lernen stärken

Im weiterführenden Bereich fordern die Lehrkräfte auf der fachlich-methodischen Seite vor allem die Stärkung von Formen des erfahrungsbasierten Lernens, welche die traditionellen, vorwiegend vermittelnden Unterrichtsmethoden erweitern. Es ist evident, dass aktivierende Lernformen, die Projekte, praktische Aktivitäten oder Experimente einbeziehen, umfangreichere personelle, zeitliche und materielle Ressourcen erfordern. Letztere sind vielerorts nur unzureichend vorhanden. Eine intelligente Umsetzung geeigneter Maßnahmen ist daher gefragt. Die Schulen sind hier auch auf Unterstützung von außen angewiesen.

Engagement der Lehrkräfte besser nutzen

Auf der positiven Seite unterstreicht die Befragung das Engagement der Lehrkräfte, das sich in vielen Details zeigt und das auch klar artikuliert wird. So erklären 80 Prozent der Lehrkräfte aus der Online-Befragung ihre Bereitschaft, sich aktiv an Energiebildungsprojekten zu beteiligen. Darüber hinaus belegen die positiven Stellungnahmen von Schulen mit einem besonderen Energieprofil, dass sich ein Engagement lohnt.

Diskurs über die Erneuerung der Energiebildung stärken

Die Ergebnisse der vorliegenden Befragung liefern - so ist zu hoffen - ausreichend Zündstoff, um einen umfassenden Diskurs über die Erneuerung der Energiebildung in der Schule zu befeuern. Diese Diskussion sollte nicht nur die naturwissenschaftlich-technischen Fächer erfassen, sondern sie muss auch andere Fächer wie Geografie, Geschichte, Wirtschaft, Politik und Ethik in die Entwicklung innovativer Unterrichtskonzepte und Projekte einbeziehen.

Ausblick

In einem nächsten Arbeitsschritt wird die Befragung von Lehrkräften in einem Delphi-Verfahren wiederholt, also unter Rückspiegeln der Daten aus der vorliegenden Studie an die Befragten, um die Ergebnisse statistisch abzusichern und um weitere detaillierte Analysen zu ermöglichen.

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Prof. Dr. Manfred Euler

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Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der Innogy Stiftung.

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