Was hat Rihanna mit Catull gemein? Interview mit Adeamus!-Autorin Melanie Schölzel

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veröffentlicht am 21.09.2016

Für die Latein- und Deutschlehrerin Melanie Schölzel stellt der Lateinunterricht eine Brücke dar, die Schüler untereinander, trotz aller Heterogenität, in ihrer Freude am Fach verbindet. Eine Brücke zwischen den Sprachen und Kulturen, zwischen Damals und Heute. Im Interview beleuchtet sie, dass Lateinunterricht nicht in der Antike stehen bleiben muss.

Warum sollten Jugendliche heute Latein lernen?

Melanie Schölzel: „Wie sind die Römer verreist und wohin? An welche Götter haben sie geglaubt? Gab es wirklich ein unbesiegbares Dorf in Gallien? Das sind Fragen, die mir meine Schüler aus der 6. Klasse regelmäßig stellen und die zeigen, dass es von Anfang an nicht nur um das Erlernen von Vokabeln und Grammatik geht. Latein ist ein Fach, das sehr viele interessante Inhalte bietet und Einblicke in eine fremde Kultur gewährt. Generell schult das Lateinische das systematische und logische Denken – eine wichtige Qualifikation im Hinblick auf das spätere Berufsleben. Jeder lateinische Satz besteht aus einzelnen Bausteinen, die man erkennen und wieder richtig im Deutschen zusammensetzen muss. Dabei kann der Spaß am Entschlüsseln so groß sein wie die Freude darüber, dass man den Satz am Ende 'geknackt' hat. Latein kann man damit quasi als 'Türöffner für die Geschichte Europas' betrachten."

Die Latein-Fachdidaktik ist in Bewegung. Wie hat sich der Unterricht gewandelt?

Melanie Schölzel: "Generell würde ich von einer größeren Öffnung des Lateinunterrichts hin zur aktuellen Lebenswelt und zu den Schülern sprechen. Dies äußerst sich darin, dass der Unterricht stärker vom Deutschen ausgeht und zunehmend eine Zielsprachenorientierung zu beobachten ist. Der Fokus verlagert sich vom aktiven Bilden hin zum Erkennen typischer Signale für die einzelnen grammatikalischen Kategorien. Nach meinem Empfinden spielt der existenzielle Transfer eine immer wichtigere Rolle, insbesondere während der Lektürephase. So kann man beispielsweise Catulls carmen 85 mit Rihannas Song 'Hate that I love you' vergleichen und damit die Überzeitlichkeit bestimmter Gefühlslagen vermitteln. Das komparatistische Arbeiten mit modernen Erzeugnissen, seien es Gedichte oder Romanausschnitte, aber auch das Aufgreifen tagespolitischer Ereignisse helfen bei der Annäherung an antikes Gedankengut und führen zu einer vertieften Auseinandersetzung mit Antikem und Aktuellem."

Catull - ein Beispiel aus der Lektürephase: Gilt diese Öffnung auch für das Adeamus!-Lehrwerkskonzept?

Melanie Schölzel: "Uns als Team war es wichtig, im Sinne eines kumulativen Kompetenzaufbaus zunächst an Bekanntes anzuknüpfen, um davon ausgehend eine Erweiterung des Horizontes zu schaffen. So lernen die Schüler mit Adeamus! eine neue fremde Welt kennen, erkennen aber auch immer wieder Parallelen zu ihrem eigenen Leben: Nicht nur die römischen Politiker wussten um die Bedeutung guter Reden, das gilt auch für die heutigen Motivationstrainer. Die Römer kannten Erlebnisbäder und Fußbodenheizung, aber statt ins Kino gingen sie ins Theater, statt Formel 1 gab es Wagenrennen. Adeamus! schafft den Spagat, die eigene und fremde Lebenswelt in Verbindung zu bringen. Dabei bietet das Lehrwerk im Rahmen einer Romanhandlung Identifikationsfiguren an, um das Eintauchen in die Antike auch auf einer emotionalen Ebene zu ermöglichen."

Quo vadis Lateinunterricht?

Interview mit Adeamus!-Herausgeber Volker Berchtold

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