Politik und Social Media: Junge Nutzerinnen und Nutzer möchten Fakten und Menschlichkeit

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veröffentlicht am 24.08.2017

Studierende der Uni Hohenheim zeigen, dass das Internet vor der Bundestagswahl Informations-Medium Nr. 1 für junge Wählerinnen und Wähler ist und analysieren, welche Beiträge sich die Zielgruppe wünscht.

Internet und Social Media spielen eine wichtige Rolle bei der politischen Meinungsbildung für junge Nutzerinnen und Nutzer. Von Politikerinnen, Politikern und Parteien erwarten sie in den sozialen Medien vor allem sachliche Beiträge wie Fakten, Erklärungen und Stellungnahmen zu politischen Themen. Wichtiger als Humor oder Einblicke ins Privatleben ist den jungen Nutzerinnen und Nutzern zwar Professionalität, dennoch sollen Politikerinnen und Politiker im Netz menschlich und nahbar wirken und mit den Nutzern interagieren. Das sind die Ergebnisse eines Studierenden-Projektes der Universität Hohenheim in Stuttgart. Die Studierenden hatten 286 Social Media-Nutzer überwiegend im Alter zwischen 18 und 40 Jahren befragt.

Fakten und Erklärvideos als Schnappschüsse

Schnappschuss mit Rapstars, witzige Meme-Bildchen – oder doch lieber Fakten und Statements zum Wahlprogramm? Junge Internetnutzerinnen und -nutzer bevorzugen Letzteres, wenn es um den Bundestagswahlkampf 2017 in den sozialen Medien geht. Auch Erklärvideos und aktive Stellungnahmen zu politischen Themen kommen gut an. "Die jungen Nutzer möchten von Politikern nicht bespaßt werden, sondern handfeste Informationen und ein professionelles Auftreten", fasst Studienbetreuerin Iris Pöschl vom Lehrstuhl für Marketing und Business Development an der Universität Hohenheim zusammen.

Menschlichkeit und Nahbarkeit sind der jungen Zielgruppe wichtig

Private Familienfotos preiszugeben oder mit angesagten Bands zu posieren ist deshalb nicht unbedingt nötig. Aber: Steif und unnahbar dürfen die Politikerinnen und Politiker dabei auch nicht rüberkommen, betont der Leiter des Lehrstuhls für Marketing und Business Development Professor Dr. Markus Voeth. "Menschlichkeit und Nahbarkeit sind der jungen Zielgruppe wichtig. Dabei gilt es aber dennoch, authentisch zu wirken. Diesen Spagat müssen Politiker auch in den sozialen Medien schaffen."

Das, glaubt Pöschl, hat auch mit Glaubwürdigkeit zu tun: "Viele der Befragten gaben an, dass sie Informationen aus den sozialen Medien wenig Vertrauen entgegenbringen. Wer hier als Politiker mit einem allzu verspielten Auftritt daherkommt, verstärkt dieses Misstrauen noch: Die Wähler sind dann erst recht unsicher, was stimmt und was nicht.“

Internet ist Informationsmedium Nummer 1 für politische Themen

TV-Debatte hin, Tageszeitung her: Wählerinnen und Wähler unter 40 Jahren informieren sich vor allem im Internet, wenn es um politische Themen geht. Für über 80 Prozent der Befragten stehen Webseiten, Blogs und Soziale Medien in punkto Information an erster Stelle. Zentrale Themen sind für sie dabei Bildungs- und Außenpolitik sowie die Situation am Arbeitsmarkt.

An zweiter Stelle folgt das Fernsehen mit Angeboten wie Polit-Talks, TV-Debatten und Nachrichten, auf Platz drei der Austausch mit Freunden, Bekannten und der Familie. Printmedien und Hörfunk schaffen es auf die Plätze vier und fünf. Politische Veranstaltungen wie Parteitage oder Podiumsdiskussionen besuchen nur 12,6 Prozent der jungen Befragten.

Die Parteien antworten auf das Informationsverhalten der jungen Wählerzielgruppe mit Wahlkampf-Aktivitäten in sozialen Medien. Besonders wahrgenommen werden diese auf Facebook, Twitter und Youtube. Unter den Parteien traten im Internet besonders CDU, AfD und SPD in Erscheinung, die am häufigsten wahrgenommenen Politiker waren Angela Merkel, Martin Schulz und Cem Özdemir.

Junge Nutzerinnen und Nutzer wünschen sich mehr Interaktion

Die zweite zentrale Erkenntnis der Studie: Junge Nutzerinnen und Nutzer halten Interaktion zwar für wichtig, 75 Prozent von ihnen sind selbst jedoch noch nie direkt über soziale Medien mit Politikern in Kontakt getreten. Nur knapp 23 Prozent haben schon einmal einen Beitrag mit "Gefällt mir" markiert, 10,5 Prozent haben einen Beitrag geteilt, 9,8 Prozent darunter kommentiert, und die Teilnahme an Chats oder Videochats mit Politikern liegt bei insgesamt unter 2 Prozent.

"Junge Nutzer wünschen sich zwar Interaktion, trauen sich aber selbst nicht so richtig, diese anzustoßen oder wissen nicht, wie das gehen soll", resümiert Pöschl. "Viele Politiker bieten aber auch kaum Angebote, um in Interaktion zu treten." Auf beiden Seiten gibt es also ungenutztes Potential.

Weniger als 30 Prozent der Befragten sind selbst Fan oder Follower eines Politikers oder einer Partei in einem sozialen Medium. Bei den meisten von ihnen liegt dies daran, dass sie sich nicht für einen bestimmten Politiker oder eine bestimmte Partei interessieren. Über 20 Prozent dieser Gruppe gaben zudem an, es sei ihnen vor Freunden und Bekannten unangenehm offen zu legen, dass sie einem Politiker oder einer Partei folgen.

Hintergrund zur Studie

Die Studie "Bundestagswahl 2017 – Einsatz von Social Media im Parteien- und Kandidaten-Marketing" entstand im Rahmen eines Seminars der Reihe Humboldt reloaded, bei der Studierende bereits im Bachelorstudium eigene Forschungsprojekte realisieren. Zehn Studierende befragten dafür 286 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem aus Baden-Württemberg. Mit 42,3 Prozent macht die Altersgruppe der 21- bis 24-Jährigen dabei den größten Anteil aus. Circa 70 Prozent der Befragten hat Abitur oder einen höheren Abschluss. 55 Prozent bezeichnen sich als Wechselwähler.

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