Kleben mit van der Waals
Unterrichtseinheit
Animierte GIF-Bilder, die Untersuchung der Frage „Warum fällt der Gecko nicht von der Decke?“ und der Bezug zu den spannenden Forschungsgebieten Nanotechnologie und Bionik wecken das Interesse an dem zwar wichtigen, aber eher „unscheinbaren“ Phänomen und fördern das Verständnis der Lernenden.Die Besprechung zwischenmolekularer Kräfte ist essenzieller Bestandteil des Chemieunterrichts. Siedepunkte und Löslichkeiten unpolarer Verbindungen werden auf van-der-Waals-Kräfte und deren Abhängigkeit von den Teilchenoberflächen zurückgeführt. Die zugrundeliegenden Vorgänge in den Elektronenhüllen bleiben jedoch zunächst unanschaulich und abstrakt. Mithilfe des Computers kann durch den Einsatz animierter Bilder (GIF-Dateien) die Anschaulichkeit erhöht werden. Insbesondere eröffnen aktuelle Forschungsergebnisse aus den Bereichen Bionik und Nanotechnologie die Chance eines völlig neuen und sehr motivierenden Einstiegs in das ?dröge? Thema: der Gecko und die van-der-Waals-Kraft! Aufwand und technische Voraussetzungen Die hier vorgestellten Bilder zeigen zwei Eigenversuche, mit animierten Dateien die Existenz temporärer Dipole beziehungsweise das Entstehen von van-der-Waals-Kräften einsichtiger zu machen. Darstellungen dieser Art sind - mit entsprechendem Zeitaufwand - natürlich noch erheblich ausbau- und verbesserungsfähig. Das vorgestellte Ergebnis (Zeitaufwand etwa 30 Minuten) erscheint aber für den "Normalunterricht" bereits als guter Kompromiss zwischen Aufwand und Ertrag. Zur Erstellung der Animationen werden ein Grafikprogramm (Erzeugung der Einzelbilder im GIF-Format) und ein sogenannter "GIF-Animator" (Zusammenfügen der Einzelbilder zum "Film") benötigt. Entsprechende Programme stehen im Internet auch zum kostenlosen Download zur Verfügung (siehe Internetadressen). Praktische Tipps Erzeugen Sie zunächst eine Bilddatei mit den unveränderlichen Teilen der Animation (zum Beispiel der Strukturformel oder der äußeren Form des Teilchens) und kopieren Sie diese Datei - entsprechend der Anzahl der notwendigen Einzelbilder - jeweils mit einem Zahlenindex im Dateinamen (zum Beispiel "vanderw1.gif", "vanderw2.gif", "vanderw3.gif" ... ). Ergänzen Sie dann jede Datei mit den "variablen" Bildteilen (Abb. 1). Die linke Animation besteht aus zehn Einzelbildern, die im Film jeweils zwischen 0,2 Sekunden und einer Sekunde erscheinen. Die beiden roten Punkte stellen das Elektronenpaar der Bindung zwischen den Kohlenstoff-Atomen dar. Unterhalb des Ausschnitts werden die Größen der jeweiligen Teilladungen der beiden Kohlenstoff-Atome des Moleküls visualisiert. Schwarz dargestellte Teilladungen sind stark, grau dargestellte Teilladungen schwach (entsprechend den Aufenthaltsorten der beiden Elektronen). Zwischendurch sind keine Teilladungen vorhanden. Die zweite Animation besteht aus acht Einzelbildern und zeigt die Oberflächen zweier Teilchen. Die Ladungsverteilungen werden durch die Intensität der Farbe dargestellt. Die Schülerinnen und Schüler können hier selbstständig erkennen und erklären, wie die van-der-Waals-Kraft zwischen zwei Teilchen durch temporäre Dipole entsteht. Motivierender Einstieg Geckos - kleine bis mittelgroße Echsen, zwischen vier und vierzig Zentimeter lang - können mühelos "kopfüber" an Zimmerdecken laufen. Einige Schülerinnen und Schüler werden dieses Phänomen aus dem Urlaub in südlichen Ländern aus eigener Beobachtung kennen. Die Tiere scheinen regelrecht selbst an glatten Oberflächen zu "kleben". Ihre Haftkraft ist so stark, dass sie sogar nur mit einem Fuß sicher an der Decke hängen können. Forschungen auf dem Gebiet der Bionik und der Nanotechnologie haben gezeigt, dass das Anhaften des Geckos auf van-der-Waals-Kräften beruht. Die Füße der Tiere sind dicht mit sogenannten Spatulae - feinen, rund 200 Nanometer dünnen Härchen - bedeckt, die trotz der "eigentlich" schwachen van-der-Waals-Kraft in ihrer Summe diese starke Wechselwirkung mit dem "Untergrund" bewirken. (Nach den Aussagen der Forscher müsste ein Mensch allerdings mit nur etwa zehn Nanometer dicken Härchen ausgerüstet sein, um es dem Gecko gleichtun zu können ... ). Dieses Phänomen ermöglicht einen weitaus motivierenderen Einstieg in das Thema als etwa die (zunächst nur für die Lehrkraft interessante) Problematik ansteigender Siedepunkte innerhalb homologer Reihen. Derartige Siedepunktsunterschiede, zum Beispiel auch diejenigen zwischen unterschiedlich verzweigten Isomeren, erscheinen Schülerinnen und Schülern nach dem Einstieg in die Thematik über den Gecko geradezu als Selbstverständlichkeit. Mögliche technische Anwendungen Wenn es gelänge, nach dem Vorbild der Natur solche feinen Hafthärchen nachzubauen, eröffneten sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten: Bauteile könnten ohne Klebstoff aneinander haften, wiederverwendbare Klebebänder könnten befestigt und ohne Spuren wieder entfernt werden oder kleine Roboter wie die Geckos Wände hochklettern, entlegene Winkel erforschen oder Reparaturen durchführen.