Zeitmanagement im Lehrberuf: 10 Tipps zum zeitsparenden und nervenschonenden Umgang mit E-Mails
Fachartikel
Dieser Fachartikel gibt Lehrkräften Anregungen, wie sie gezielt und zeitsparend mit E-Mails umgehen können. Dafür gibt die Autorin Peggy Kaminski – Strategin für Zeitmanagement im Lehrberuf – 10 konkrete und praktische Tipps zum Lesen, Verfassen und Beantworten von E-Mails, die direkt aus der Lehrerpraxis stammen. Zudem erhalten Lehrkräfte Hinweise, wie sie von sich aus das Kommunikationsmedium E-Mail zeit- und nervenschonend steuern und damit umgehen können. E-Mail an StR'in Peggy Kaminski Datum: 20. Mai, 21.15 Uhr Betreff: BITTE um dringenden Rückruf!! "Sehr geehrte Frau Kaminski, ich finde es eine Frechheit, wie da mit meiner Tochter umgegangen wird. Herr Behlen* unterstellt ihr, in der Biologie-Arbeit von Laura* abgeschrieben zu haben. Wenn sie sagt, dass sie in der Arbeit nicht abgeschrieben hat, warum sollte sie lügen? Und warum wird nicht auch Laura zu dem Sachverhalt befragt? Mir scheint, als ob meine Tochter bei Ihrem Kollegen ins schlechte Licht gerückt wird. Ich bitte Sie, mich dringend zurückzurufen! Viele Grüße, Stephanie von Hofen*" [* Namen geändert] Diese E-Mail erreichte mich als junge Klassenlehrerin, die nach nur wenigen Wochen ihre Arbeit an einer Gesamtschule begonnen hatte. Kennen Sie derartige E-Mails? Wie reagieren Sie in solchen Fällen, um den Sachverhalt zeit- und nervenschonend zu klären? Da ich als neue Kollegin nicht gleich anecken wollte, beschloss ich, mich erst einmal mit der Mutter zu unterhalten. Also rief ich sie direkt am nächsten Tag zurück – mit dem Ergebnis, von ihr viele gut gemeinte Ratschläge zu erhalten, wie ich den Konflikt doch bitte lösen solle. Bereits im Telefonat bemerkte ich, wie in mir immer mehr Unbehagen aufkam, denn ich wusste nicht, wie ich der Mutter gegenüber souverän auftreten kann, ohne bei ihr noch mehr Unmut hervorzurufen, denn ich wollte die Situation ja lösen und nicht noch weiter verschärfen. Ich nickte ab und versprach ihr, mich um die Angelegenheit zu kümmern. Bereits am Abend erhielt ich eine weitere E-Mail von ihr, in der sie sich nach dem Stand der Dinge erkundigte. Denn ich wollte mich ja melden. Da ich eh noch am PC saß und die Arbeitswoche sich dem Ende neigte, wollte ich ihr gleich antworten, um nicht das gesamte Wochenende darüber nachdenken zu müssen. Ich erinnere mich, dass ich lange vor dem Rechner saß und überlegte, wie ich ihr schonend sagen könnte, dass ich heute leider keine Zeit mehr fand, mit dem Kollegen zu sprechen. Am Ende brauchte ich fast eine ganze Stunde, um die Antwort zu formulieren und klickte letztlich um 23 Uhr auf "Absenden". Ich beschloss Feierabend zu machen, obwohl ich noch etwas für den nächsten Schultag vorbereiten wollte. Meinem Partner sendete ich eine Nachricht, dass wir uns morgen hören, heute sei es schon zu spät. Diese Situation, die mich damals sehr verunsicherte, gab mir zugleich den Anstoß, für mich Mittel und Wege zu finden, mit derartigen E-Mails umzugehen. Und so entwickelte ich während meiner neunjährigen Tätigkeit als Lehrerin einen zeitschonenden und zugleich souveränen Umgang mit belehrenden und auffordernden E-Mails. Ich legte mir Grundprinzipien fest, denen ich in meiner E-Mail-Kommunikation folgte. Denn für mich war es wichtig, dass ich nicht das Gefühl vermittelte beziehungsweise hatte, mich durch E-Mails fremdsteuern zu lassen, sondern aktiv die Situation oder die Kommunikation zu gestalten. Mit den Jahren bemerkte ich zudem, dass ich mittlerweile weitaus mehr E-Mails bekam als noch in den Jahren zuvor: Bitte um Zusendung des verlorenen Arbeitsblattes, Bitte um Entschuldigung, Bitte um Rückmeldung über den Leistungsstand, Formulare einreichen, Konferenzeinladungen, Termine bestätigen, Protokolle lesen, und so weiter... Zu Spitzenzeiten erhielt ich somit täglich bis zu 20 E-Mails. Wie dringend sind sie? Muss ich (täglich) alle lesen? Betreffen mich all diese E-Mails überhaupt? Was konkret erwartet der Absender nun von mir? Zudem hatte ich zunehmend das Gefühl, dass es normal war, sein E-Mail-Postfach stets im Blick zu haben. So sprach mich eine Lehrkraft morgens an: "Guten Morgen! Ich habe dir gestern Abend [Anmerkung: nach 20 Uhr] eine E-Mail geschrieben. Hast du die schon gelesen? Ich wollte wissen...!" Wir sehen uns täglich. Warum spricht er oder sie mich nicht direkt an? Wird von mir erwartet, permanent meine E-Mails zu checken? Wie soll ich das tun? und: Will ich das tun? E-Mails sah ich in meinem Beruf als eine On-top-Aufgabe, die für mich nur teilweise zu meinem Kerngeschäft gehörte und mir Arbeit abnahm. Sicherlich: E-Mails sind ein wichtiges Kommunikationsmittel (geworden), jedoch nicht immer das zeit- und nervenschonendste. Bestenfalls sollte ich sie täglich lesen, beantworten und gegebenenfalls reagieren. Doch woher sollte ich bei all den anderen Aufgaben in meinem Job die Zeit nehmen? Daher entwickelte ich für mich einen Umgang mit E-Mails, den ich als angemessen und für mich als gesund und machbar empfand. Denn es widerstrebte mir... viel Zeit darauf zu verwenden, seitenweise E-Mails zu lesen, die man hätte auch in wenigen Sätzen formulieren können, ewig überlegen zu müssen, was ich wie formuliere, damit es zum Beispiel nicht falsch verstanden wird, E-Mails zu lesen, um anschließend festzustellen, dass sie nur bedingt relevant für mich waren, durch das viele Hin- und Hersenden von E-Mails Angelegenheiten nur schleppend zu klären. Mit den nachfolgenden 10 Tipps zum Umgang mit E-Mails zeige ich Ihnen, wie ich als Lehrerin, Prüferin, Steuergruppenmitglied, Projektleiterin für kollegiale Unterrichtsreflexionen, schulinterne Gesundheitsbeauftragte und junge Mutter mit der täglichen Flut an E-Mails umgegangen bin und welche Tipps ich meinen Klientinnen und Klienten mit auf dem Weg gebe, um am Ende Zeit für die wichtigen Dinge in ihrem Lehrerleben zu haben. E-Mails lesen Tipp 1 – Entscheidungskriterium Betreff Treffen Sie anhand des Betreffs eine Entscheidung, ob Sie die E-Mail sofort beziehungsweise überhaupt öffnen (müssen). Tipp 2 – Scanen Ist es unklar, ob Sie die E-Mail lesen sollten oder nicht, öffnen Sie sie und überfliegen Sie die E-Mail. Entscheiden Sie, ob Sie für diese E-Mail weiter Zeit aufbringen (müssen) oder nicht, indem Sie sie erneut lesen, Daten notieren oder antworten sollten. E-Mails beantworten Tipp 3 – Müssen oder können Sie antworten? Stellen Sie anhand des Adressaten fest, ob Sie direkt angeschrieben wurden und reagieren (müssen) oder ob Sie den Inhalt lediglich zur Kenntnis nehmen brauchen (weil Sie zum Beispiel in CC gesetzt wurden). Hören Sie hier auf Ihr Bauchgefühl. Tipp 4 – Copy & paste Erstellen Sie ein Dokument auf Ihrem PC oder einen E-Mail-Entwurf in Ihrem Postfach, in dem Sie längere Standard-Antworten beziehungsweise -rückmeldungen abspeichern, die Sie oft gebrauchen und die Sie via copy and paste einfach und schnell einfügen und gegebenenfalls Namen/Daten/Fakten ergänzen. * * * Vorlage für einen Standard-Text bezüglich der Zusammenfassung der Ergebnisse eines Elterngesprächs über den Leistungsstand des Kindes (zur Weiterleitung an die betreffenden Erziehungsberechtigten): Werte Familie ...! Vielen Dank, dass Sie dem Gespräch am ... beiwohnten. Anbei fassen ich die besprochenen Punkte – wie abgesprochen – noch einmal zusammen. Gespräch vom ... Anwesende: ... Besprochene Aspekte: Leistungsstand Ihres Kindes: schriftliche Rückmeldung von Herrn/Frau...(Fachlehrer/in für ... ): Gemeinsamer Lösungsansatz: erneuter Gesprächstermin: Ich habe bereits mit Herrn/Frau ... über unsere Lösung gesprochen. Sie/Er zeigte sich einverstanden/trägt unsere Lösungsidee mit/wendet ein... Daraus ergibt sich, dass... Diese E-Mail geht zur Kenntnisnahme auch ... zu (vgl. CC-Adressaten). Es wäre sinnvoll, wenn wir in ... Tagen/Wochen noch einmal telefonieren. Hierzu bitte ich Sie, mir mögliche Terminvorschläge bis ... zukommen zu lassen. Viele Grüße ... * * * E-Mails schreiben Tipp 5 – Freundlich prägnant Formulieren Sie kurz und knackig! Das heißt, kommen Sie unverzüglich auf den Punkt: Worum geht es? Warum schreiben Sie diese E-Mail an die Person? Was ist Ihre Bitte? Was folgt als nächstes? Das spart nicht nur Ihnen, sondern dankenswerterweise auch Ihrem Adressaten Zeit. Sich kurz zu fassen, kann mitunter sehr bestimmend und unfreundlich wirken. Achten Sie daher darauf, stets zugewandt und auf Augenhöhe zu bleiben, indem Sie zum Beispiel Verständnis beziehungsweise Zuversicht zeigen, Ihren Dank für die Unterstützung zeigen. Durch Ich-Botschaften zeigen Sie klar Ihre Sicht der Dinge auf und lösen beim Adressaten keine Abwehr aus, indem sie oder er beispielsweise das Gefühl bekommt, sich erklären zu müssen. Mitunter ist es sehr zeitsparend, Deadlines zu setzen, zu der man bitte eine Rückmeldung schickt (oder ähnliches). * * * "Sehr geehrte Frau M.! Leider konnte ich Sie telefonisch nicht erreichen. Daher schreibe ich Ihnen diese E-Mail. Es geht um den Zwischenfall zwischen Ihrem Sohn und einem Schüler aus der 9a in der heutigen Pause. Meine Kollegin Frau Z. musste unter Zuhilfenahme von Mitschülern die Jungs trennen, da sie sich prügelten. Bereits im Vorfeld hatte die Kollegin die beiden ermahnt, die Beschimpfungen zu unterlassen. Ihren Sohn habe ich zu der Auseinandersetzung bereits befragt. Die Klassenleitung des anderen Schülers habe ich unverzüglich über den Sachverhalt informiert. Da es bereits das zweite Mal ist, dass die Jungs auf dem Pausenhof körperlich Streitereien austragen, möchten wir als Klassenlehrer/innen gemeinsam mit Ihnen und Ihren Kindern ein Gespräch hier in der Schule führen. Darüber wollte ich gern einmal mit Ihnen direkt sprechen und einen Termin absprechen. Bitte geben Sie mir bis Freitag, ...... 2020, eine Rückmeldung, unter welcher Telefonnummer und zu welcher Uhrzeit ich Sie am besten telefonisch erreichen kann. Vielen Dank für Ihre Unterstützung! Mit freundlichen Grüßen, Peggy Kaminski" * * * Tipp 6 – Struktur Haben Sie eine grundlegende Struktur in Ihren E-Mails. Dadurch fällt es Ihnen leichter, vor allem inhaltlich umfängliche E-Mails schneller zu verfassen: 1. Anrede 2. prägnante und sachliche (eventuell chronologische) Schilderung des Geschehens /Problems/Sachverhalts (möglicherweise mit Aufzählungszeichen) 3. Aufforderung (zum Beispiel für Terminmitteilung) 4. Dank (zum Beispiel für Rückmeldung) 5. Grußformel Wenn es sich um längere E-Mails handelt, formatiere ich gern die Texte, indem ich zum Beispiel wichtige Informationen fett erscheinen lasse. Somit habe auch ich immer schnell einen Überblick, ob alles Wichtige enthalten ist. Tipp 7 – Wiederkehrende E-Mails Erstellen Sie sich Vorlagen für E-Mails (einschließlich ihrer Formatierungen), die Sie immer wieder einmal benötigen, etwa Einladungen zum Elternabend, vierteljährliche Rückmeldungen über das Verhalten des Kindes, Mitteilungen über Ihre Sprechzeiten, Rückmeldungen über Schülerverhalten, Bitte um Eintragung in eine Termin-Liste und weitere. Eigenes E-Mail Verhalten Tipp 8 – Emotionaler Abstand Beantworten Sie Konflikt-E-Mails nicht sofort, sondern bestenfalls erst einen Tag später. So sind Sie weniger emotional, konnten über Ihre Antwort nachdenken, reagieren somit sachlicher und verfallen nicht in ellenlanges Rechtfertigen und schlimmstenfalls missverständliche Formulierungen. Sachliche Formulierungen bieten weniger Angriffsfläche und rufen weniger Missverständnisse hervor, was wiederum Ihre Professionalität unterstreicht, den Wind aus den Segeln nimmt und die E-Mail-Kommunikation qualitativ verbessert und somit quantitativ begrenzt. Tipp 9 – Zeit im Blick Überlegen Sie, ob es nicht vielleicht schneller geht, die Person anzurufen beziehungsweise einen Telefontermin zu vereinbaren, um ein langes Hin- und Hersenden von E-Mails zu vermeiden. Mitunter kann es sinnvoll sein, die E-Mail als Grundlage zur Findung eines Gesprächstermins zu nutzen. Ich empfehle Ihnen, sofort konkrete Terminvorschläge zu machen. Tipp 10 – Zeitfenster Legen Sie für sich in Ihrer Arbeitswoche bestenfalls feste Zeitfenster fest, in denen Sie (ausschließlich) Ihre E-Mails abarbeiten, zum Beispiel dienstags von 16 bis 17 Uhr. Wie viele Zeitfenster Sie für sich einrichten beziehungsweise wie lang diese sind, können Sie an Ihren Erfahrungen ableiten. Eventuell reicht es, einmal in der Woche für eine Stunde E-Mails zu bearbeiten oder Sie planen täglich 30 Minuten dafür ein. Mehr Tipps und Informationen zum Thema Zeitmanagement Wenn Sie weitere praktische Tipps wollen, wie Sie Ihren Arbeitsalltag zeitlich entlasten, um mehr Zeit für die Dinge zu haben, die Ihnen wichtig sind, dann melden Sie sich gern für eines der kostenlosen Webinare von Peggy Kaminski an, lernen Sie weitere Tipps in ihrem Blog kennen und entdecken Sie weitere Strategien, die Ihnen in Ihrem Lehreralltag Zeit einsparen und die Sie problemlos in Ihrem Lehreralltag umsetzen können. Dabei geht es unter anderem um Tricks, wie Sie Ihre Unterrichtsmaterialien gezielt und zeitsparend archivieren oder wie Sie Ihren Lehrerkalender zu Ihrer persönlichen Assistenz machen können. Zudem verrate ich Ihnen, was die 3 häufigsten Zeit-Fehler im Lehrberuf sind. Erhalten Sie praktische Tipps, die Sie sofort umsetzen können.