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Schiefe Ebene – die wohl einfachste Maschine der Welt

Unterrichtseinheit

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die "goldene Regel der Mechanik" am Beispiel der schiefen Ebene mit einem dynamischen GeoGebra-Applet.?Maschine (griechisch mechane, Werkzeug), in der Technik ein Gerät zur Änderung der Stärke oder Richtung einer angewandten Kraft.? Gemäß diesem Lexikoneintrag ist ein als Rampe dienendes Brett die wohl einfachste Maschine der Welt. Denn um ein Bierfass über eine Rampe auf die Ladefläche eines LKW zu rollen, ist nur ein Bruchteil der Gewichtskraft des Fasses erforderlich. Doch leider ist im Leben nichts umsonst: Die Krafteinsparung muss man auf anderem Weg bezahlen. Wie? Das herauszufinden, ist Aufgabe der Schülerinnen und Schüler in dieser auf ein Computerexperiment gestützten Unterrichtseinheit. Und dabei springt zum Schluss noch ein wichtiges physikalisches (Abfall-)Produkt heraus, nämlich das aus Kraft und Weg: die Arbeit. Gestaltung und Einsatz der Materialien im Unterricht Fachliche Voraussetzungen sowie Hinweise zum Einsatz des virtuellen Experimentes (Eigenständige Bearbeitung ohne vorherige Behandlung im Unterricht, Vertiefung und Festigung, prägnante Wiederholung in höheren Jahrgangsstufen). Vorteile der Computersimulation und fachliche Hinweise Das virtuelle Experiment ermöglicht auch in großen Klassen selbstständiges Experimentieren und eine zeitsparende Konzentration auf die Auswertung und die Ergebnissicherung. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Zerlegung der Gewichtskraft in Normal- und Hangabtriebskraft bei der schiefen Ebene wiederholen. die Aufnahme und das korrekte Eintragen von Messdaten in eine Messtabelle planen und üben. erkennen und mathematisch begründen können, dass der Steigungswinkel und die Hangabtriebskraft nicht proportional sind. erkennen und über die Produktgleichheit mathematisch begründen können, dass Hangabtriebskraft und zurückgelegter Weg zur Überwindung eines bestimmten Höhenunterschieds indirekt proportional sind (bei konstanter Gewichtskraft). die "goldene Regel der Mechanik" verstehen, formulieren und erklären können. die Vorgehensweise zur Einführung einer neuen physikalischen Größe verstehen. Kenntnisse der direkten beziehungsweise indirekten Proportionalität von Größen mit Quotienten- beziehungsweise Produktgleichheit der Wertepaare bilden die mathematischen Voraussetzungen für den Kurs. Kräftezerlegung und -parallelogramm sollten bereits bekannt sein, können aber mit dem Applet am Beispiel der schiefen Ebene noch einmal interaktiv wiederholt werden. Für das computergestützte Experiment bieten sich verschiedene Einsatzmöglichkeiten an: Eigenständige Bearbeitung des Computerexperimentes ohne vorherige Behandlung im Unterricht Vertiefung und Festigung des bereits im Unterricht durchgeführten Experimentes, eventuell in Übungsstunden oder als Hausaufgabe prägnante Wiederholung des Stoffs in höheren Jahrgangsstufen Im Idealfall arbeiten ein bis zwei Schülerinnen und Schüler selbstständig an einem Computer. Das Experiment kann natürlich auch mit einem Beamer in einem fragend-entwickelnden Unterricht oder einem Lehrervortrag präsentiert werden. Zum Einstieg: erst "austoben lassen", dann "anleiten" Erfahrungsgemäß entdecken die Schülerinnen und Schüler bei einer selbständigen Bearbeitung des Computerexperimentes sehr schnell alleine die Bedienungsmöglichkeiten des Applets und erkennen, welche unabhängigen Objekte bewegt werden können, so dass auf ausführliche Bedienungshinweise verzichtet werden kann. Zu Beginn der Stunde hat sich bei computergestützten Unterrichtseinheiten eine "Austobphase" bewährt, in der die Lernenden etwa fünf Minuten lang einfach alle Knöpfe und Regler eines Programms ausprobieren dürfen, bevor sie dann (nach einem "Reset") zielgerecht die einzelnen Arbeitsanweisungen befolgen. Prägnante Texte Der Text der Webseiten wurde bewusst prägnant gehalten, um einen eigenständigen Hefteintrag zu erleichtern. Zur Gewährleistung eines möglichst linearen Lernablaufs wurden keine Hyperlinks eingesetzt. Hilfestellung zur Messtabelle In der Unterrichtspraxis zeigen sich oft Probleme der Schülerinnen und Schüler beim systematischen Anlegen der Messtabellen, insbesondere fehlende Sorgfalt bei der Notation von gerundeter Maßzahl und der Einheit physikalischer Größen. Als Hilfestellung sind deshalb die Tabellenstrukturen auf dem Arbeitsblatt vorgegeben. Die Computersimulation erlaubt auch bei Mangel an Versuchsmaterialien in Klassen mit mehr als 30 Lernenden selbstständiges Experimentieren. Auch lauern selbst bei simpel anmutenden Experimenten, wie dem zur schiefen Ebene, systematische Messfehler, die das Erkennen der gewünschten physikalischen Gesetzmäßigkeiten erschweren. Ein solches "Lernen aus Fehlern" ist didaktisch populär und durchaus sinnvoll, jedoch bei gegebenem Stoffdruck leider zeitlich oft nicht möglich. Das virtuelle Experiment umgeht diese systematischen Messfehler und erlaubt eine zeitsparende Konzentration auf die Auswertung des Experiments und die Sicherung der Ergebnisse für den Unterrichtsfortgang. Die Schülerinnen und Schüler können das Experiment jederzeit (zum Beispiel zur Prüfungsvorbereitung) zu Hause wiederholen. Das Beispielprotokoll einer Messung kann direkt aus dem Browser ausgedruckt und als Kontrolle verwendet werden. Die Goldene Regel der Mechanik Mit der Zuordnung Steigungswinkel - Hangabtriebskraft lernen die Schülerinnen und Schüler einen nichtproportionalen Zusammenhang von Größen kennen. Um spätere Unstimmigkeiten (zum Beispiel beim Begriff der Spannenergie oder des Wirkungsgrades) zu vermeiden, sind die präzisen Voraussetzungen der "Goldenen Regel der Mechanik" zu beachten: die Kraft ist konstant und wirkt längs des Weges, Reibungskräfte bleiben unberücksichtigt. Die Schülerinnen und Schüler sollten deshalb neben der saloppen Form "Was man an Kraft spart, muss man an Weg zulegen." auch den exakten Wortlaut der "Goldene Regel der Mechanik" formulieren können. Anschauliche Beispiele Für die "Goldene Regel" bei der schiefen Ebene bieten sich im Anschluss an die Erarbeitung viele veranschaulichende Beispiele zur Einübung des Gelernten an: Rampe für Rollstuhlfahrer, Zahnradbahn (zur Problematisierung der Reibung), Serpentinen, oder die Schraube als aufgewickelte schiefe Ebene. Zugang zum abstrakten Energiebegriff Aus der Konstanz des Produkts aus Kraft und Weg erwächst für Schülerinnen und Schüler erfahrungsgemäß leicht verständlich die Definition mechanischer Arbeit, welche dann wiederum einen guten Zugang zum abstrakten Energiebegriff bietet. Dieses in der Unterrichtspraxis bewährte Vorgehen erlaubt auch frühzeitig gut operationalisierbare Prüfungsaufgaben, die aufgrund der vielen geforderten Leistungserhebungen bei wachsenden Klassenstärken und nur einer oder zwei Wochenstunden notwendig sind.

  • Physik / Astronomie
  • Sekundarstufe I

Geradlinige Bewegungen unter konstanter Krafteinwirkung

Unterrichtseinheit

Diese Unterrichtseinheit beschäftigt sich mit Bewegungen, die auf einer horizontalen Unterlage, einer schiefen Ebene sowie im freien Fall unter dem Einfluss einer konstanten Kraft stattfinden können.Das Wesentliche dieser Unterrichtseinheit ist die Erkenntnis für die Lernenden, dass jede Bewegung einen Widerstand entgegen der Bewegungsrichtung erfährt. Dieser Widerstand besteht zum einen aus den verschiedenen Formen der Reibung (Haftreibung, Gleitreibung, Rollreibung), zum anderen aus dem geschwindigkeitsabhängigen Luftwiderstand. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, dass Reibung und Widerstand zwar in vielen Bereichen der Technik nur unter Energieaufwand überwunden werden können, aber gleichzeitig für unsere Fortbewegung unverzichtbar sind – schon Gehen, Fahren oder Bremsen auf einer fast reibungsfreien Unterlage wie etwa Glatteis sind nahezu unmöglich! Ausgehend von bereits vorhandenen Grundkenntnissen der Newton'schen Mechanik werden deren Gesetzmäßigkeiten auf horizontale Bewegungen, die schiefe Ebene und den freien Fall angewandt. Dabei wird der Unterschied zwischen theoretisch reibungsfreien Bewegungen und den in der Realität aber immer vorhandenen Widerstandskräften herausarbeitet und hinsichtlich ihrer Wirkung eingehend bewertet. Fragestellungen und detaillierte Übungsaufgaben erweitern das Verständnis für die Notwendigkeit von Reibung und Luftwiderstand. Geradlinige Bewegung unter konstanter Krafteinwirkung Fahren im Auto oder Radfahren – horizontal, bergauf oder bergab – sind den Schülerinnen und Schüler aus ihrem Alltagsleben hinlänglich bekannt. Die Bedeutung der Reibung sowie des Luftwiderstandes sollte die Lernenden sowohl unter dem Aspekt der Sicherheit als auch des Klimaschutzes interessieren. Zum einen hat eine feuchte und rutschige Unterlage ein großes Gefahrenpotential (Aquaplaning beim Autofahren, Sturzgefahr beim Radfahren vor allem auf Schnee), zum anderen führt der mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zunehmende Luftwiderstand bei schnellem Autofahren zu deutlich höheren Schadstoffemissionen als bei niedrigeren Geschwindigkeiten. Die genannten Aspekte sollten die Lernenden im Unterricht – abgesehen von den physikalischen Gesetzmäßigkeiten – auch zum Nachdenken anregen, nicht zuletzt im Hinblick auf die vor allem auch jüngeren Menschen immer wichtiger werdenden Klimaprobleme (unter anderem" fridays for future"). Vorkenntnisse Vorkenntnisse von Lernenden können dahingehend vorausgesetzt werden, dass die Grundlagen der Newton'schen Mechanik bereits besprochen sein müssen, wenn man sich im Unterricht mit den wirkenden Kräften bei horizontalen Bewegungsabläufen sowie auf schiefen Ebenen und im freien Fall beschäftigt. Didaktische Analyse Hohe Geschwindigkeiten beinhalten immer ein großes Gefahrenpotential – dies richtig einzuschätzen in Abhängigkeit von der Unterlage, auf der man sich bewegt, ist sehr wichtig. Zudem sollten die Lernenden erkennen, dass eine schiefe Ebene auch ein Hilfsmittel darstellt, um zum Beispiel einen schweren Gegenstand auf eine bestimmte Höhe anzuheben. Methodische Analyse Durch das Verstehen und Anwenden physikalischer Gesetzmäßigkeiten bei den unterschiedlichen Arten von Bewegungen unter dem Einfluss einer konstanten Kraft werden die Lernenden in die Lage versetzt, Bewegungsabläufe in Abhängigkeit von der jeweiligen Unterlage richtig einzuschätzen. Fachkompetenz Die Schülerinnen und Schüler wissen, welchen Gesetzmäßigkeiten Bewegungen bei konstanter Krafteinwirkung folgen. kennen die Einflüsse von Reibung und Luftwiderstand auf Bewegungsabläufe. können die Wirkungsweise verschiedener Kräfte auf Bewegungsabläufe berechnen und hinsichtlich ihrer Wirkung einschätzen. Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler recherchieren selbständig Fakten, Hintergründe und Kommentare im Internet. können die Inhalte von Videos, Clips und Animationen auf ihre sachliche Richtigkeit hin überprüfen und einordnen. Sozialkompetenz Die Schülerinnen und Schüler lernen durch Partner- und Gruppenarbeit das Zusammenarbeiten als Team. setzen sich mit den Ergebnissen der Mitschülerinnen und Mitschülern auseinandersetzen und lernen so, deren Ergebnisse mit den eigenen Ergebnissen konstruktiv zu vergleichen. erwerben genügend fachliches Wissen, um mit anderen Lernenden, Eltern, Freunden wertfrei diskutieren zu können.

  • Physik / Astronomie
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Experiment mit einer Kettenreaktion

Unterrichtseinheit

Mit alltäglichen Materialien wird eine Versuchsanordnung entwickelt, mit der sich eine Kettenreaktion auslösen lässt, die wie zufällig wirkt. Durch die Aufzeichnung des Ereignisses mit der Videokamera entsteht eine künstlerische Arbeit.Das Künstlervideo Der Lauf der Dinge des schweizer Künstlerduos Fischli & Weiss gibt die Anregung für ein kontrolliertes Happening nach den Gesetzen der Physik und Chemie. Es bildet den Einstieg für eine grundlegende Reflexion und künstlerische Bearbeitung des Alltagsphänomens Zufall mit neuen Medien. Die Unterrichtseinheit zeigt eine Möglichkeit für die Arbeit mit einem erweiterten Kunstbegriff und für fächerübergreifendes Lernen. Sie entstand im Rahmen des kubim-Projekts "KLiP - Kunst und Lernen im Prozess", das Möglichkeiten erprobte, wie prozesshafte Kunst unter den institutionellen Bedingungen von Schule für Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen fruchtbar gemacht werden können. Durch Beobachtung zum eigenen Experiment Den Einstieg in die Thematik bilden Beobachtungsaufgaben. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Naturgesetzlichkeiten der Kettenreaktion im Film von Fischli & Weiss beobachten und erkennen, um diese in einem eigenen Experiment anwenden zu können. Nach der Auswertung des Films bekommen die Schülerinnen und Schüler ein Materialpaket, um einen eigenen Versuchsaufbau zu konstruieren. Sie arbeiten dabei im Team. Der Arbeitsprozess und das fertige Ergebnis werden mit der Videokamera dokumentiert und als Film aufbereitet. Das Thema Zufall kann durch philosophische Texte und Literatur erweitert werden. Beobachten und Analysieren Durch das Beobachten der Vorgänge im Künstlervideo ergeben sich Fragen. Ereignisse hervorrufen Zur Beziehung von Kunst und Naturwissenschaft. Ergebnisse aufzeichnen Die Kettenreaktionen werden filmisch dokumentiert und zu einem Künstlervideo geschnitten. Ergebnisse beurteilen und vertiefen Der fertige Film wird vorgeführt, der Entstehungsprozess reflektiert und vertieft. Inhaltliche Ziele Die Schülerinnen und Schüler sollen die Erscheinungsweise physikalischer Phänomene in ein ästhetisches Produkt umwerten. prozesshaftes künstlerisches Arbeiten kennen lernen und anwenden. sich mit dem Phänomen des Zufalls und der Kettenreaktion praktisch und theoretisch auseinander setzen. Ziele im Bereich der Medienkompetenz Die Schülerinnen und Schüler sollen Einstellungsgrößen und Schwenks als wesentliche Bestandteile der Filmsprache üben. Identität von Dokumentation und Kunstvideos praktisch erfahren. das filmdramaturgische Konzept des Intervalls kennen lernen und anwenden. Thema Den Zufall erfahren - Experiment mit einer Kettenreaktion Autorin und Autor Susanne Thäsler-Wollenberg, Carsten Eggers Fach Kunst, fächerübergreifend mit Physik oder Chemie Zielgruppe Sekundarstufe I und II Zeitraum 4 bis 12 Unterrichtsstunden Medien Digitale Videokamera, digitale Fotokameras mit Videofunktion, Computer Software Bildpräsentationsprogramm, Videoschnittprogramm Voraussetzungen Grundkenntnisse in der Bedienung der digitalen Videokamera Der Film Das Video "Der Lauf der Dinge" von Fischli & Weiss ist die vermeintlich amateurhaft produzierte Dokumentation einer 30-minütigen Kettenreaktion: Labile Arrangements von Alltagsgegenständen werden zum Einsturz gebracht, wodurch fortwährend gerade so viel Energie freigesetzt wird, um das nächste Arrangement umzustoßen. Der Platz, die Zeit und das Material scheinen hierfür unbegrenzt zur Verfügung zu stehen. Die Künstler, die - bei allem Understatement - Effekte wie Feuerwerkskörper und künstlichen Nebel einsetzen, scheinen wie zufällig auf Materialien wie Autoreifen, Müllsäcke und Trittleitern gestoßen zu sein. Dass das Künstlerduo Fischli & Weiss aber hauptsächlich mit dem gearbeitet haben, was sie im Atelier vorfanden, verleiht dem Video seine Glaubwürdigkeit: Die Betrachterinnen und Betrachter erkennen darin eine "Spielregel", die das Projekt für sie nachvollziehbar macht. Die Ästhetik der kinetischen Energie Die Schülerinnen und Schüler sehen im Film zahlreiche Vorgänge, die eine Ursache und einen Ausdruck haben. Im Gegensatz zur rein naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise ist die Beobachtung des Filmes vielschichtiger. Es sollen daher nicht nur physikalische Gesetzmäßigkeiten wie Rückstoß, Hydraulik und schiefe Ebene erkannt werden. Darüber hinaus geht es um die Erscheinungsweise der Bewegung, die mit einer Choreografie verglichen werden kann. Wie sieht ein Vorgang aus, welche Qualität hat die Bewegung? Welche subjektiven Reaktionen folgen? Gefühle wie Erschrecken, Vorahnung und Erleichterung begleiten die Kettenreaktion. Die Faszination macht sich während der Betrachtung in Kommentaren und Gelächter bemerkbar. Der emotionalen Dimension folgt die inhaltliche: "Es geht in diesem Film natürlich auch um das Problem von Schuld und Unschuld. Ein Gegenstand ist schuld, dass es nicht weiter geht, und auch schuld, wenn es weitergeht." (Fischli & Weiss) Filmzeit und Intervall Die Abläufe im Film sind mit nur wenigen Schnitten dargestellt und wirken trotz ihrer Rohheit poetisch. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren eine magische Beziehung zu den Gegenständen, die sich auf das Zeiterlebnis ausdehnt. Die Zeit des Films wird in Intervalle gegliedert, in denen gewartet werden muss, bis die nächste Aktion stattfindet. Den Schülerinnen und Schülern, deren Sehgewohnheiten durch extrem schnelle Bildfolgen geprägt sind, werden diese Intervalle des Wartens eine Eingewöhnung abverlangen. Dies führt zur Fragestellung, worin die besondere Attraktion dieses Filmes besteht. Die Schnitte sind im Film so geschickt eingebracht, dass sie erst mit einem Beobachtungsauftrag bewusst werden: Die gleiche Umgebung täuscht einen langen Weg vor, den rollende Objekte zurücklegen; bei chemischen Prozessen verkürzt ein Schnitt die Zeit. Schnitte und Schwenks lassen Rückschlüsse auf den Aufbau und die Entstehung der Kettenreaktion zu. Diese filmischen Mittel sind wichtig für eine gelungene Filmdokumentation der eigenen Arbeit. Ist der Unterricht fächerübergreifend angelegt, erweitert sich das Spektrum der Möglichkeiten. Es kann in den Fachräumen der Physik und Chemie experimentiert werden. Außerdem können die Kenntnisse der Naturwissenschaftler einbezogen werden. Spannend für Schülerinnen und Schüler ist es, wenn sie wie im Film mit Alltagsgegenständen hantieren können, die jetzt ein Schicksal erfahren sollen und eine Aufgabe zugewiesen bekommen. Es kann sinnvoll sein, zunächst jeder Schülerin und jedem Schüler ein einfaches Materialpaket zu geben, mit dem das Gesetz der schiefen Ebene experimentell erfahrbar wird. In der Schule wird man jedoch aus Sicherheitsgründen auf die Energie aus chemischen Reaktionen und den Einsatz von Flüssigkeiten verzichten müssen. Im Team experimentieren und kreative Lösungen finden Sind die Grundlagen verstanden worden, können die Schülerinnen und Schüler im Team zusammen arbeiten. Es lassen sich jetzt kompliziertere Gegebenheiten konstruieren, die mehr als zwei Hände zur Herstellung brauchen. In einer offenen Phase wird durch spielerisches Experimentieren Erfahrungswissen mit verschiedenen Gegenständen gesammelt. Zufall und Planung, Versuch und Irrtum bilden die pragmatische Komponente, in der sich die gemeinsame Intelligenz und Kreativität widerspiegeln. Die Erfahrung zeigt, dass die Zusammenarbeit in solchen Gruppen intensiv ist, da auf ein gemeinsames Ziel hingearbeitet wird und sich die Brauchbarkeit von Ideen an der Realität messen lässt. Werden Lösungen gefunden, stellt sich die Frage der ästhetischen Bewertung. Hier bildet sich die ästhetische Beziehung zum Experiment. In der Diskussion um die dramaturgische Tauglichkeit eines Ereignisses für das Gesamtergebnis wird ästhetisches Urteilsvermögen entwickelt und der Bezug zur Kunst hergestellt. Zeit und Raum für Experimente Die Abläufe im Künstlervideo "Der Lauf der Dinge" funktionieren: es geht manchmal stockend, jedoch kontinuierlich weiter. Die Schülerinnen und Schüler haben die Aufgabe, einen solchen Ablauf nachzubauen, sind jedoch in ihren Mitteln wesentlich eingeschränkter. Es wird je nach Zeit und Raum, die für die Experimente zur Verfügung stehen, zu entscheiden sein, wie lang eine Sequenz pro Gruppe sein kann. Im beschriebenen Experiment erarbeiteten je vier Schüler eine zehn Sekunden andauernde Kettenreaktion in einer Doppelstunde. Erarbeitung von Bewertungskriterien Die Frage der Bewertung einer Versuchsanordnung ist Kriterien unterworfen, die die Schülerinnen und Schüler auch in anderen kreativen Tätigkeiten zu erfüllen haben. Diese ergeben sich bereits durch die Beobachtungsaufträge. Denn die Vielfältigkeit der gefundenen Aktionen und Antriebsarten, die Problemlösung eines funktionierenden Ablaufs und die Dauer der Versuchsanordnung sind objektivierbar. Es gibt naheliegende Lösungen, die sich stark an das Vorbild des Filmes anlehnen, und es wird neue und originelle Ereignisse geben. Die Schülerinnen und Schüler sollten insbesondere in die Beurteilung der Wirkung einbezogen werden. Mögliche Kriterien werden in der Gruppe diskutiert, verschriftlicht und können zur Selbstbewertung herangezogen werden. Wie in jeder künstlerischen Arbeit muss auch in diesem Experiment die Unsicherheit einer offenen Fragestellung einkalkuliert werden. Da das Ergebnis im Team entwickelt wurde, ist die soziale Form der Zusammenarbeit ein weiteres maßgebliches Kriterium. Vorbereitung der filmischen Arbeit in Expertengruppen Die Arbeit im Team sieht vor, dass die Gruppen selbstständig experimentieren. Bis die ersten Ergebnisse gefunden sind, kann je ein Teammitglied zum Kameraexperten ausgebildet werden. Die Schülerinnen und Schüler lernen die Handhabung der Videokamera, den Gebrauch des Stativs für den Schwenk, die Kameraperspektiven und den Gebrauch des Zooms. Aus den Beobachtungen des Künstlervideos und den Notizen können die Regeln für die praktische Filmarbeit leicht abgeleitet werden. Authentisch wirkt die einfache Aufzeichnung der Verlaufsketten. Es muss sorgfältig überlegt werden, wo die Kamera positioniert werden kann, um die Bewegungen günstig darzustellen. Sind Schwenks nötig, muss der Kameramann oder die Kamerafrau vorher üben, in welche Richtungen sie schwenken muss. Auf ausreichendes Licht und das Vermeiden einer Gegenlichtsituation muss ebenfalls geachtet werden. Aufzeichnung und Schnitt von Videosequenzen Ziel des Kamerabeauftragten ist die Dokumentation von Zwischen- und Endergebnissen. Die Experimente können bereits als Teilsequenzen aufgenommen werden. Diese Methode ist auch sinnvoll, wenn mehrere Unterrichtsstunden an dem Thema gearbeitet wird, sich ein Übergang von einer Sequenz zur nächsten herstellen lässt oder die Versuchsanordnung nicht wiederholt werden kann. Der Filmschnitt kann mit einfacher Schnittsoftware erfolgen. Die Bedienung von Programmen wie dem kostenfreien Windows Movie Maker lernen die Schülerinnen und Schüler in wenigen Minuten. Unterstützung der Wirkung durch den Filmschnitt Gelingt eine gute Vorführung und Dokumentation der Kettenreaktion, kann auf einen Schnitt des Materials verzichtet werden, da der Film seinen Reiz aus der Authentizität bezieht. Sind Ereignisse als Sequenzen aufgenommen worden, kann ein Zusammenschnitt filmdramaturgische Überlegungen einbeziehen. Den Schnitt sollten mindestens zwei Gruppenmitglieder durchführen. Die Schülerinnen und Schüler müssen erkennen, wo die Kettenreaktion zu schnell oder zu langsam abläuft, wo überflüssige Passagen gekürzt oder durch ein Zeitlupentempo verändert werden können. Impulse durch die eigene Arbeit Das Ergebnis der eigenen Arbeit ist der Anlass, weiterführende Fragestellungen zu bearbeiten. Die praktische Erfahrung, die sich nun in einem eigenen Medienkunstwerk spiegelt, kann künstlerische Ebenen aufschließen, deren Verständnis Zugang zu weiteren Werken der zeitgenössischen Kunst eröffnet. Der künstlerische Prozess kann bei den Schülerinnen und Schülern neue Ideen ausgelöst haben, die sie weiter bearbeiten wollen. Reflexion über den Zufall "Man spricht von Zufall, wenn ein Ereignis nicht notwendig oder nicht beabsichtigt auftritt. Umgangssprachlich bezeichnet man ein Ereignis auch als zufällig, wenn es nicht absehbar, vorhersagbar oder berechenbar ist. Zufälligkeit und Unberechenbarkeit oder Unvorhersagbarkeit sind jedoch nicht dasselbe. Als zufällig gelten Ereignisse wie eine Augenzahl beim Würfeln oder das Ergebnis eines Münzwurfs, jedenfalls wenn eine Manipulation ausgeschlossen wurde." ( Artikel "Zufall", Wikipedia ) Zusammenschau des Phänomens Die Unterrichtseinheit greift ein grundlegendes philosophisches und naturwissenschaftliches Problem auf, welches in seiner Vielschichtigkeit historisch in unterschiedlichen Geistes- und Naturwissenschaften bearbeitet worden ist und auf die es keine endgültigen Antworten gibt. Da das Thema an Alltagserfahrungen anknüpft, eignet es sich grundsätzlich für jede Altersstufe und kann in seiner Reflexionstiefe in unterschiedliche Richtungen weitergedacht werden. Die unmittelbaren und vergleichbaren Erlebnisse mit dem Zufall beinhalten die poetische und schicksalhafte Dimension des Lebens und eröffnen den Blick auf grundlegende philosophische Fragestellungen. In Zusammenarbeit mit andern Fächern, in denen ergänzend die Peripherie bearbeitet wird, kann eine Zusammenschau des Phänomens erfolgen.

  • Kunst / Kultur
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II

Balancieren an Stationen: Übungen fürs Gleichgewicht

Kopiervorlage

In diesem Arbeitsmaterial werden acht Übungen vorgestellt, mit denen Schülerinnen und Schüler das Balancieren selbständig üben können. Balancieren ist grundlegend für die Überkreuzsteuerung im Gehirn und diese ist wichtig für den Lese- und Schreiblernprozess im Anfangsunterricht.Das Arbeitsblatt stellt acht Übungen für einen Stationenlauf in der Turnhalle vor. Für die einzelnen Stationen ist Folgendes vorzubereiten: Balancieren im Stand : eine Langbank aufstellen, wenn vorhanden noch eine zweite mit der schmalen Seite nach oben, Stoppuhr oder Timer bereithalten Balancieren auf der schiefen Ebene : eine oder mehrere Langbank/-bänke in die Sprossenwand einhängen oder auf einen Turnkasten legen Balancieren mit Bällen : eine Langbank aufstellen, einen Löffel und Plastikeimer, kleine Bälle sowie Gymnastikbälle bereitlegen Balancieren im Gehen : eine Langbank aufstellen Balancier-Schlange : eine Spur aus Bierdeckeln oder kleine Fliesen oder Zeitungspapierseiten auslegen Balancieren auf einem Seil : mehrere Seile bereitlegen, eventuell Zifferkarten, Abbildungen von Formen oder ähnliches zur Anregung Balancieren auf einer wackligen Bank : eine Bank umdrehen und auf mehrere parallel am Boden liegende Holzstangen legen, alternativ kann die Bank auch auf zwei Sprungbrettern liegen Die Lehrkraft sollte die Stationen zunächst erklären, gegebenenfalls unterstützt durch ein Kind, das die Aufgaben beispielhaft vorführt. Dann erhalten die Schülerinnen und Schüler das Arbeitsblatt, auf dem sie ankreuzen, was sie erledigt haben.Die Aufgaben können in Einzel- oder Partnerarbeit in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden. Nach Möglichkeit sollten sich an einer Station nicht mehr als vier oder fünf Kinder gleichzeitig aufhalten. Alternativ kann die Lehrkraft den Stationenlauf auch als Gruppenarbeit durchführen lassen. Dann kann jede Gruppe eine bestimmte Zeit lang an einer Station verweilen und nach einem Signal (zum Beispiel Pfeifenpfiff oder Schlag auf ein Tamburin) wechseln. Da Gleichgewichtsübungen unter Hirnforschern als "Weckübungen" für das Gehirn gelten, kann die Lehrkraft einzelne Übungen auch für eine Bewegungspause im Unterricht nutzen, wenn sie bemerkt, dass die Konzentration nachlässt oder Unruhe aufkommt. So können die Aufgaben "Balancieren im Stand" oder "Balancieren mit Bällen" auch im Klassenraum auf den Tischen durchgeführt werden. Auch können sie im Heimunterricht aufgegeben werden. Denkbar ist auch, im Rahmen einer Werkstattarbeit die Aufgaben "Balancier-Schlange" oder "Balancieren mit Seil" als bewegte Station anzubieten. Die Schülerinnen und Schüler schulen ihre koordinativen Fertigkeiten des Balancierens. trainieren ihren Körper im Stand und in der Bewegung im Gleichgewicht zu halten. üben die Balance über eine bestimmte Zeitspanne zu halten. üben sich im Umgang mit Niederlagen: wiederholen von Übungen, bis das Ziel erreicht ist. lernen im Messen und Vergleichen mit einer Partnerin oder einem Partner ihre eigenen Schwächen und Stärken realistisch einzuschätzen und anzunehmen.

  • Sport und Bewegung
  • Primarstufe

Erfurt und die Suche nach Ursachen

Unterrichtseinheit

Der Amoklauf des Gymnasialschülers Robert Steinhäuser in Erfurt, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen, ist der tragischste in der Geschichte der Bundesrepublik und hat im ganzen Land Trauer und Entsetzen hervorgerufen.Die Opfer der Bluttat sind nun beerdigt und schnelle Forderungen der Politiker etwa nach einer Verschärfung des Waffengesetzes oder der Heraufsetzung der Volljährigkeit auf 21 Jahre stehen im Raum. Doch die Fragen nach den Ursachen solcher Gewalttaten bleiben. Sie sind weitaus schwieriger zu beantworten als mit einem verschärften Waffengesetz, sind doch die Gründe für eine derartige Tat sehr komplex. Erfurt wurde schnell zum Thema der inneren Sicherheit - was derzeit ohnehin den Nerv der Bevölkerung trifft. Nun stellt sich die Frage: Welchen Nutzen haben höhere Altersgrenzen für Volljährigkeit und Waffenbesitz oder die Zensur von Gewaltdarstellungen in Medien und Videospielen für die Prävention von Gewalt wirklich? Fortsetzung Die Schülerinnen und Schüler sollen aus dem Text herausarbeiten, welche Erklärungen für das Attentat in Erfurt in der Öffentlichkeit diskutiert werden und welche Lösungen die Politik vorschlägt. die Lösungsvorschläge verschiedenen Politikfeldern zuordnen und bewerten, ob es sich bei den diskutierten Maßnahmen eher um Ursachen- oder Folgenbekämpfung handelt. sich mit dem Konzept von jugendschutz.net auseinandersetzen und seinen Sinn diskutieren. einen Maßnahmenkatalog für ihre Schule entwickeln und diesen nach Prüfung, mit der Bitte um Stellungnahme, an das Bundesbildungsministerium mailen. sich den Pressespiegel auf der Homepage von "Counterstrike" anschauen und die Selbstdarstellung der Betreiber kritisch hinterfragen. zum Abschluss der Unterrichtsreihe bei jetzt.de einen Forumsbeitrag zu einem der dort veröffentlichten Artikel schreiben. Die Opfer der Bluttat sind nun beerdigt und schnelle Forderungen der Politiker etwa nach einer Verschärfung des Waffengesetzes oder der Heraufsetzung der Volljährigkeit auf 21 Jahre stehen im Raum. Doch die Fragen nach den Ursachen solcher Gewalttaten bleiben. Sie sind weitaus schwieriger zu beantworten als mit einem verschärften Waffengesetz, sind doch die Gründe für eine derartige Tat sehr komplex. Erfurt wurde schnell zum Thema der inneren Sicherheit - was derzeit ohnehin den Nerv der Bevölkerung trifft. Nun stellt sich die Frage: Welchen Nutzen haben höhere Altersgrenzen für Volljährigkeit und Waffenbesitz oder die Zensur von Gewaltdarstellungen in Medien und Videospielen für die Prävention von Gewalt wirklich? Fortsetzung des Basisartikels Der Amoklauf in Erfurt hat nicht nur die "große" Politik auf den Plan gerufen, über mögliche Lösungsmöglichkeiten für die wachsende Gewaltbereitschaft Jugendlicher nachzudenken, sondern erzeugte auch bei jungen Menschen einen enormen Kommunikationsbedarf. Diese Unterrichtseinheit soll SchülerInnen zum einen dazu anregen, sich mit den verschiedenen Ursachen und Lösungen für solche Gewaltausbrüche zu beschäftigen, zum anderen, sich mit der Durchführbarkeit von Maßnahmen an ihrer zu Schule auseinander zu setzen. Ziel ist, dass die SchülerInnen zum einen in der Politik diskutierte Vorschläge kritisch hinterfragen, zugleich aber auch zu erfahren, wie schwer es ist, Maßnahmen selbst in kleinsten Organisationen (hier: ihre eigene Schule) umzusetzen. Dazu sollten die SchülerInnen zunächst den Basisartikel lesen. Zum weiteren Verlauf der Unterrichtsreihe bieten sich entweder die Artikel von jetzt.de an, oder, je nach Schwerpunktwahl, die Artikel zu Ursachen und Lösungen (siehe Linksammlung). Katrin Schaumann ist Mitarbeiterin von politik-digital Fortsetzung I Nicht nur die Grünen und die Union sprachen sich dagegen aus, auch in der Jugendforschung gilt seit Jahrzehnten der gegenteilige Trend: Jugendliche reifen immer früher heran und sind früher verantwortungsbereit. Hat die Politik überhaupt die Pflicht und Befugnis regulierend einzugreifen? Oder müsste sie nicht an ganz anderen Politikfeldern wie der Arbeitsmarkt-, Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik ansetzen, um wirksam etwas gegen Leistungsdruck, Versagensangst und Perspektivendlosigkeit von Jugendlichen zu unternehmen? Ahnungslosigkeit Ein Schüler wird von der Schule suspendiert und die Eltern wissen nichts davon. Er ist im Besitz gefährlicher Waffen, doch die Behörden merken nichts. Am 26. April geht er, bewaffnet mit einer Pump Gun und einer Pistole, in seine alte Schule und tötet 13 Lehrer, zwei Schüler und einen Polizisten, bevor er sich selbst in einem Klassenraum erschießt. Eine Schule ist traumatisiert und mit ihr ein ganzes Land, das sich entsetzt fragt, was da schief gelaufen sein mag und wie und warum Kinder zu kühl kalkulierenden Mördern werden. In diese Hilflosigkeit hinein stellten die Politiker schnelle Forderungen auf. Der Kanzler berief die Intendanten der Fernsehanstalten ins Kanzleramt und fast keiner wagte in der momentanen Wahlkampfzeit einzugestehen, dass solche Taten auch in Zukunft nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Schnell wurde der Zusammenhang zwischen Medien und Gewalt in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt, also die Frage nach Gewaltdarstellung im Fernsehen und die möglichen Folgen von Gewalt verherrlichenden Computerspielen, die der Schüler Robert Steinhäuser offenbar gespielt hat. Die Union nutzte die Gunst der Stunde und schob der Bundesregierung umgehend die Verantwortung zu, da sie nicht rechtzeitig gehandelt und Gewalt verherrlichende Video- und Computerspiele nicht verboten habe. Distanzierung Die vom Bundeskanzler zum Gespräch geladenen Verantwortlichen von Funk und Fernsehen distanzieren sich von der Tat in Erfurt und lehnen einen Zusammenhang mit der von ihnen verfolgten Programmpolitik und dem Amoklauf ab. Der Intendant der ARD, Fritz Pleitgen, betont, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch seine Präsentation von Gewalt in Nachrichten, Fernsehspielen und Spielfilmen, Gewalt als Konfliktlösung eindeutig ablehne und ächte. Das Fernsehen habe vielmehr die Aufgabe, eine gesellschaftliche Debatte über Gewalt anzustoßen, die es mit dem Zeigen solcher Bilder wahrnehme. Ein Beispiel dafür sei die Kriegsberichterstattung, wenngleich er hierbei eine Art "Gratwanderung" erkennt. Gewaltszenen können und sollen nach Meinung Pleitgens schockieren, müssen aber gleichzeitig so gezeigt werden, dass sie ein Negativbeispiel für Gewaltgebrauch sind und sollen die Entstehung und die Hintergründe von Gewalt verdeutlichen. Demnach wird es auch in Zukunft keine Eindämmung von Gewaltszenen im Fernsehen geben, wenngleich die Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewalt vermieden werden soll. Auswirkungen sind unterschiedlich Ein direkter Zusammenhang zwischen Gewaltbildern im Fernsehen und dem Amoklauf von Erfurt lässt sich ohnehin nicht so einfach herstellen. Denn das Problem ist, dass sich Gewaltbilder auf die jeweiligen Nutzer ganz unterschiedlich auswirken können und man somit schlecht eine pauschale Wirkung festmachen kann. Es gibt Tausende von Jugendlichen, die ähnliche Spiele auf ihrem Computer haben, wie der Amokläufer von Erfurt sie hatte, und doch werden sie nicht zu Mördern oder sind in irgend einer Art verhaltensauffällig. Doch gibt es eben auch Fälle, in denen Kinder aggressiv oder übermäßig ängstlich werden und gegenüber Gewaltszenen abstumpfen. Zu Amokläufern werden auch sie nicht, da sind sich die Wissenschaftler weitgehend einig. Drehbuch und ... Wie und wann jedoch aus dem Spiel tödlicher Ernst wird, ist auch wissenschaftlich kaum zu beantworten. Es gibt zwar zahlreiche Studien zur Wirkung Gewalt verherrlichender Spiele, diese kommen jedoch zu sehr unterschiedlichen und widersprüchlichen Ergebnissen. Unbestritten ist lediglich, dass bei häufigem Spielen Gewöhnungseffekte an (virtuelle) Gewalt eintreten können. Der Schritt zu realer Gewalt bleibt dennoch groß. Unumstritten ist auch, dass Medien und Videospiele wie der sogenannte Ego-Shooter Counter Strike, bei dem man in einem Labyrinth von Raum zu Raum läuft und die Gegner exekutiert, quasi ein Drehbuch für einen Amoklauf abgeben. Aber auch diese drastische Form der Fiktion stellt für die jugendlichen Spieler in der Regel kein Abgrenzungsproblem zur Wirklichkeit dar. Die Frage, ob dies bei dem Amokläufer von Erfurt anders war und in diesem Einzelfall eine von dem Spiel ausgehende Kausalität bestand, wird letztendlich nicht zu beantworten sein. Dennoch: Gewalt in den Medien wird immer wieder als Erklärungsmuster für erschütternde und unerklärlich Gewaltausbrüche in der Gesellschaft herangezogen werden. Durchführung eines Amoklaufs Der Fall Steinhäuser, wie auch vergleichbare Amokläufe Jugendlicher in anderen Ländern, hinterlässt demnach viele unbeantwortete Fragen und ein Gefühl der Hilflosigkeit. Man sucht die Gründe daher auch im sozialen Umfeld der Jugendlichen, doch auch hier ist es im Fall Steinhäuser schwierig, Schlüsse zu ziehen, kam er doch aus einer scheinbar intakten Familie. Bleibt das Versagen in der Schule, dem die Suspendierung kurz vor dem Abitur folgte. Dass man in Thüringen beim Abbruch eines Schulabschlusses nicht wie in anderen Bundesländern den nächst niedrigeren erhält, ist eine mögliches Motiv. Dass die Eltern monatelang keine Ahnung vom Schulabbruch ihres Sohnes hatten und sich auch in der ehemaligen Schule anscheinend niemand mehr für die prekäre Situation des entlassen Schülers interessierte oder engagierte sind weiter Anhaltspunkte für den Verlauf der Tragödie. Doch auch sie können letztendlich nicht erklären, was im Einzelfall zum Überschreiten der Schwelle von Verzweiflung, Rachegefühlen und Gewaltvorstellungen zur Durchführung eines Amoklaufs führt. Fortsetzung II Um Jugendschutz kümmern sich Internet-Provider selten, nur wenige bieten eine "Kindersicherung" an. Zwar können Eltern mit einer speziellen Filtersoftware (z.B. bei www.netnanny.com; www.surfwatch.com) ihre Kinder vor Web-Seiten mit pornografischem oder gewaltverherrlichendem Inhalt schützen, doch gibt es diese Programme nur auf englisch und sie müssen zudem laufend aktualisiert werden. Hinzu kommt, dass die Kinder sich meist besser mit dem Computer auskennen als ihre Eltern, zumal diese oft überhaupt nicht wissen, welche Spiele ihr Nachwuchs spielt und welche Seiten im Internet er sich ansieht. Ein Verbot von gewaltverherrlichenden Computerspielen und Videos, wie es der bayerische Innenminister Günter Beckstein fordert, ist schwer realisierbar. Denn es bestünde weiterhin die Gefahr, dass Jugendliche sich Gewalt-Spiele illegal aus dem Internet ziehen oder sich Kopien von Freunden besorgen. Meist wissen die Jugendlichen genau, wo sie Spiele und Videos bekommen können. Brauchen wir Schützenvereine? Die Diskussion um Gewaltprävention hat neben der Frage um die Mitschuld und die Wirkung der Medien auch den Zugang zu und den Umgang mit Waffen allgemein in den Mittelpunkt gerückt sowie die Frage nach Sinn und Zweck von Schützenvereinen. Robert Steinhäuser war Mitglied in zwei Schützenvereinen. Die Gefahr durch Sportschießen und vor allem die damit verbundene Verbreitung von Waffen in der Bevölkerung stehen daher seit Erfurt in einem ganz anderen Licht. Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, das eben erst novellierte Waffengesetz erneut zu ändern und wieder deutlich zu verschärfen. Ob diese Maßnahmen allein ausreichen, ist allerdings fraglich, immerhin ist die Bundesrepublik ein Land, das ohnehin über eines der restriktivsten Waffengesetze der Welt verfügt; das Problem sind weniger die legalen, als vielmehr die illegalen Waffen. Gleichwohl vermittelt ein verschärftes Waffengesetz den Eindruck, einen Beitrag zur Gewaltprävention geleistet zu haben. Task-Force Gewaltfreie Schule Weiter reichende Forderungen stellen allerdings auch Politiker wie der saarländische Ministerpräsident Peter Müller oder Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, die eine neue Schulkultur anregt, in der die Zusammenarbeit von Lehrern, Eltern und Schülern gestärkt werden soll. Sie schlägt zudem eine "Task-Force Gewaltfreie Schule" vor. Gänzlich schützen kann man sich vor Taten wie in Erfurt nicht. Doch Bulmahn wünscht sich ein Klima an Schulen, in dem SchülerInnen lernen, Konflikte zu erkennen und selbst zu lösen. Die durch Erfurt ausgelöste bildungspolitische Diskussion darüber, wie dies genau zu bewerkstelligen sei, hat wohl gerade erst begonnen. Arbeiten Sie die wichtigsten Aussagen aus dem Text und gliedern Sie diese in Themenbereiche, die Sie vertiefen möchten. Welche Erklärungen für die Tat werden in der Öffentlichkeit diskutiert? Welche Reaktionen und Lösungen schlägt die Politik vor? Diskutieren Sie, inwieweit Sie die Lösungsvorschläge für sinnvoll befinden, um ähnliche Taten in Zukunft auszuschließen. In welchen Politikfeldern müsste noch gehandelt werden, um grundlegende gesellschaftliche Ursachen zu bekämpfen? Welches politische Handeln ist näher an den Symptomen von Gewalt, welches orientiert sich eher an den Ursachen? Erarbeiten Sie einen Maßnahmenkatalog. Prüfen Sie diesen, indem Sie Kosten und Umsetzungsmöglichkeiten in ihrer Schule prüfen. Senden Sie diesen Maßnahmenkatalog (wenn möglich mit den Ergebnissen, der von Ihnen durchgeführten Prüfung) an das Bundesbildungsministerium und bitten dort eine zuständige ReferentIn um Stellungnahme. Die SchülerInnen sollten die Website jugendschutz.net besuchen und diskutieren, ob sie das Konzept der Site für sinnvoll befinden. Links

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